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26. November 2025

Bildungstag: Religionen als Schulen des Friedens begreifen

Religionen sollten wieder als kraftvolle Quellen des Friedens verstanden werden – nicht nur spirituell, sondern auch gesellschaftlich und politisch. Das war eine zentrale Botschaft des Bildungstags der Ordenstagungen, der am Mittwoch unter dem Motto „Friedens(t)räume gestalten“ in der Konzilsgedächtniskirche Wien-Lainz stattfand.

Ahmad Milad Karimi

Ahmad Milad Karimi, Professor für islamische Philosphie und Mystik an der Universtität Münster, referierte zum Thema „Im Namen des Friedens - Warum der Islam zum Frieden verpflichtet“. (c) ÖOK/emw

 

Salesianer-Provinzial Siegfried Kettner und Bildungsbereichs-Leiterin Marie-Theres Igrec begrüßten dazu mehr als 200 Vertreterinnen und Vertreter von Ordensschulen aus ganz Österreich sowie Ehrengäste wie Schulbischof Wilhelm Krautwaschl oder das neu gewählte Vorsitz-Team der Ordenskonferenz, Sr. Franziska Madl und Propst Anton Höslinger.

 

Igrec erinnerte daran, dass Österreich zwar eine lange Friedenszeit erlebt habe, dies gelte aber keineswegs für alle - weder für die Anwesenden noch für ihre Schülerinnen und Schüler. UNICEF zufolge war 2024 eines der schlimmsten Jahre für Kinder weltweit: Jedes fünfte lebt in Konfliktregionen, 47 Millionen sind auf der Flucht; allein aus der Ukraine besuchen 24.000 Kinder österreichische Schulen. Konfessionelle Schulen wollten daher, so Igrec, Orte sein, „wo Friedensträume geboren werden dürfen“ und der allgemeinen Resignation eine Haltung von Menschlichkeit und Hoffnung entgegensetzen. Die Sicht, Religionen seien vor allem Ursache von Konflikten, sei politisch instrumentalisiert; Bibel und Koran riefen vielmehr dazu auf, Friedensstifter zu sein, worauf die Orden beim heurigen Bildungstag den Fokus legten. 

 

Jeder Krieg ein Weltkrieg

Der islamische Theologe Ahmad Milad Karimi, Professor für islamische Philosophie und Mystik an der Universität Münster, plädierte für ein menschenfreundliches Religionsverständnis: „Alle sollen gleich respektiert werden, egal woher sie kommen, wie sie aussehen oder woran sie glauben.“ Frieden sei kein Zustand, sondern eine Haltung, die in der Begegnung beginne. Ausgehend von der Friedensforschung unterschied er zwischen negativem, positivem und kulturellem Frieden, betonte jedoch, dass ohne die existenzielle und spirituelle Dimension das Wesentliche fehle. Religiöse Traditionen enthielten jene tiefen Visionen des Friedens, die jenseits von Machtlogiken ansetzten.

 

Eindrücklich schilderte Karimi seine Erfahrungen als Kriegskind in Afghanistan: „Jeder Krieg ist ein Weltkrieg, weil er er meine Welt betrifft“ und somit die ganze Menschheit, so sein Eindruck. Die trügerische Stille zwischen Bomben und Sirenen, die Fortsetzung des Krieges in Körper und Seele oder auch der Verlust von Hoffnung: Dies alles lasse es zynisch erscheinen, Geflüchtete als Gefahr „von außen“ darzustellen. Viele seien selbst durch Krieg traumatisiert, auch in ihrer Religiosität.

 

Stefan Gugerel

Militärdekan und Religionslehrer Stefan Gugerel hielt einen Impuls zum Thema „Katholische Impulse zum Frieden in einer multipolaren Welt“. (c) ÖOK/emw

 

Gemeinsame Fragen stärken

Aus islamischer Perspektive zeigte Karimi, dass der Koran selbst sehr deutlich Stellung für den Frieden beziehe und den Menschen beauftrage, Frieden zu stiften, Leben zu schützen und Gerechtigkeit zu fördern. „Frieden fällt nicht vom Himmel, er ist Auftrag“, so der Theologe. Gewalt im Namen des Islam verurteilte er scharf, dies sei eine verzerrende Instrumentalisierung. Religion müsse kompromisslos für die Würde des Menschen eintreten. Frieden beginne im Blick auf die unverwechselbare Geschichte jedes Menschen, wofür Anne Franks Satz „Einmal werden wir nicht nur Juden, sondern Menschen sein“ exemplarisch stehe.

 

Karimi rief dazu auf, Religionen wieder als „Schulen des Friedens“ zu begreifen. In einer technologisch optimierten, innerlich aber oft „leeren“ Welt sehnten sich viele nach Tiefe. Diese könnten Religionen bieten, wenn sie menschenfreundlich gelebt würden. Gemeinsame Grundfragen wie etwa das Streben nach Liebe, Anerkennung und einer für alle lebenswerten Zukunft für alle würden Menschen über ihre religiösen Grenzen hinweg verbinden. Wichtig sei es daher für das friedliche Zusammenleben, gemeinsame Fragen und Herausforderungen zu identifizieren, denn: „Wenn es um das eigentliche, Wesentliche geht, sind wir unendlich gleich“.

 

Marie-Theres Igrec

Marie-Theres Igrec, Bereichsleiterin Bildung und Ordensschulen der ÖOK, führte durch den Bildungstag im Rahmen der Ordenstagungen 2025. (c) ÖOK/emw

 

Zusammenspiel vieler Bezugssysteme

Die katholische Perspektive brachte Militärdekan Stefan Gugerel ein. Er betonte, dass katholische Bildungseinrichtungen in einer multipolaren Welt zum Frieden beitragen, indem sie Vielfalt nicht als Problem, sondern als Ressource verstehen. Katholizismus und Multipolarität gehörten laut dem Ethikexperten zusammen: Menschen seien immer in unterschiedliche Bezugssysteme eingebunden, deren Zusammenspiel Frieden ermögliche. Die Friedensfahne und ihr Farbspektrum stünden sinnbildlich dafür, dass Buntheit Frieden finden könne.

Bereits die Bibel spiegle solche Vielstimmigkeit: Sie sei kein einheitlicher Text, sondern ein vielschichtiger Kanon, der unterschiedliche Lebenslagen ernst nehme und gleichzeitig realistisch bleibe. Visionen wie „Schwerter zu Pflugscharen“ stünden neben Passagen über Spaltung, denn der Friede werde nicht romantisiert. Wichtige Orientierungen böten dazu das Zweite Vatikanische Konzil, päpstliche Friedensbotschaften sowie internationale Rahmenwerke wie die UN-Charta und die Nachhaltigkeitsziele. Auch die Vereinten Nationen gehörten dazu, die Gugerel als „säkulares Abbild einer katholischen Bischofskonferenz“ sah: Sie seien eine Gemeinschaft, ohne leitungsbefugten Vorsitz versammelt, um gleiche Anliegen jeweils lokal und regional zum Wohl der den Teilnehmenden Anvertrauten umzusetzen.

 

Für die praktische Bildungsarbeit empfahl Gugerel, junge Menschen über zeitgemäße Zugänge wie historische Bezüge, Medien oder Computerspiele zu erreichen. Kirche denke vom Menschen her, und diese Haltung könne auch in Schulen spürbar werden. Ordensgemeinschaften und ihre Spiritualitäten seien Teil einer „katholischen Multipolarität“, die konstruktiv genutzt werden könne. Statt ständig neue Konzepte zu schaffen, solle man Bewährtes sichtbarer machen. Schulen sollten verschiedene Traditionen und Perspektiven bewusst zusammenführen. „Wenn wir das richtig machen, ist es ein Impuls für den Frieden“, schloss Gugerel.

 

Quelle: kathpress

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