Ordenstag 2025: Pilgern und Hoffnung als Kraftquellen des Glaubens

Ordenstag 2025: Unter dem Motto „Immer noch unterwegs“ erhielten rund 400 Ordensleute und Interessierte im Wiener Kardinal-König-Haus wertvolle Impulse zum Heiligen Jahr. (c) ÖOK/emw
Mit einer eindringlichen Erinnerung an das enorme Potenzial christlicher Hoffnung und einem Aufruf zu deren Einübung ist am Dienstag im Wiener Kardinal-König-Haus der Österreichische Ordenstag 2025 angelaufen. Der Theologe Martin Dürnberger, Professor für theologische Grund- und Gegenwartsfragen und Leiter der Salzburger Hochschulwochen, sprach vor rund 400 versammelten Ordensleuten und Interessierten über die Frage, wie Glaubensgemeinschaften in einer Zeit weltweiter Unruhe Orientierung geben können.
Dürnberger beschrieb drei große „Bewegungsmuster“ der Gegenwart. Erstens seien Gesellschaften infolge von Flucht und Vertreibung global in Bewegung. Zunehmend verschiebe sich dabei die Frage darauf, wer sich „Bleibefreiheit“ leisten könne, also das Privileg, nicht reisen oder migrieren zu müssen. Weiters löse der Hype um Künstliche Intelligenz zugleich Hoffnungen und Ängste aus, charakterisiert durch technische Beschleunigung, transhumanistische Zukunftsbilder, jedoch auch Furcht vor Kontrollverlust. Außerdem beobachtete Dürnberger ein gewandeltes gesellschaftliches Grundgefühl: Der frühere „Fahrstuhl nach oben“, der sukzessive für mehr Wachstum und Wohlstand sorgte, sei einer „Rolltreppe nach unten“ gewichen, auf der Menschen ständig etwas leisten müssten, um nicht abzusteigen. Die Folgen seien Erschöpfung, Selbstoptimierung und wachsende Zukunftsangst.

Martin Dürnberger, Professor für theologische Grund- und Gegenwartsfragen und Leiter der Salzburger Hochschulwochen, sprach darüber, wie Glaubensgemeinschaften in einer Zeit weltweiter Unruhe Orientierung geben können. (c) ÖOK/emw
Diese Dynamiken prägten auch Kirche und Orden, betonte Dürnberger. Sie stünden mitten in denselben Unsicherheiten und seien gefragt, Orte der Verlässlichkeit zu bleiben. Zugleich zeigten empirische Studien, dass gelebter Glaube ein „Angstpuffer“ sein könne, weil er dabei helfe, Bedrohungen weniger tribalistisch und feindselig zu verarbeiten. Christliche Hoffnung gehe jedoch tiefer als Optimismus. Sie gründe im „unbedingten Ja Gottes in Christus“ – laut Dürnberger ein Vertrauen, das stärker sei als Angst, Erschöpfung oder gesellschaftliche Abwärtsspiralen. Hoffnung bedeute, „das Mögliche zu tun und das Unmögliche Gott zuzutrauen“, so der Vortragende, der mit C. S. Lewis daran erinnerte, in der Gegenwart zu bleiben und das jetzt schon mögliche Gute zu tun.
Hoffnung durch existenzielles Vertrauen
Vertiefendes über die Wesensart christlicher Hoffnung hörten die versammelten Ordensleute im Vortrag von Pastoraltheologin Prüller-Jagenteufel. Es handle sich bei ihr nicht um vage Zuversicht, zumal die im Glauben begründete Hoffnung vielmehr eine „Beziehung“ und „existenzielles Vertrauen“ sei. Zweifel und Unsicherheit hätten dabei einen Raum, durch sie könne sich Glaube überhaupt erst entfalten und Hoffnung entstehen, befand die frühere Wiener Pastoralamtsleiterin.
Als Übungsfeld dafür – für „Glaube, Hoffnung und Liebe“ – bezeichnete sie das Pilgern. Dessen Grundelemente des Aufbruchs, der Reduktion und der Erfahrung eigener Bedürftigkeit schüfen Freiräume für Achtsamkeit und Solidarität. Wer unterwegs sei, lerne, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Begegnungen mit anderen bewusst wahrzunehmen. So entfalte sich Hoffnung nicht nur innerlich, sondern wirke konkret in der Lebenspraxis.

Die Pastoraltheologin Veronika Prüller-Jagenteufel betonte, dass die im Glauben begründete Hoffnung auf einer „Beziehung“ und auf „existenziellem Vertrauen“ basiere. (c) ÖOK/emw
Die Pastoraltheologin betonte, dass christliche Hoffnung immer in der Gegenwart verankert sei. „Hoffnungen im Plural neigen dazu, das zu veruntreuen und zu versäumen, was hier und jetzt zu tun wäre. Die Hoffnung im Singular ist dagegen eine Kraft der Gegenwart und für die Gegenwart. Sie befähigt uns zum Einsatz hier und heute; zum Dableiben; zum Aushalten dessen, was ist, und zugleich dazu, das, was ist, zu verändern und zu gestalten. Und diese große Hoffnung vergeht auch nicht, wenn sich die konkreten Hoffnungen nicht erfüllen.“ Christliche Hoffnung sei ausgerichtet auf die Vollendung der Welt und auf Versöhnung, auf Gerechtigkeit und Liebe für alle. Praktisches Engagement für die Schwachen und Bedrängten stärke Glaube, Hoffnung und Liebe gleichermaßen und mache diese Tugenden für alle sichtbar. „Liebe zu den Armen ist die schönste Form geteilter Hoffnung“, bekräftigte Prüller-Jagenteufel.
Wertschätzung und Ermutigung
Erstmals wurden die Anwesenden am Ordenstag – darunter auch Benediktiner-Abtprimas Jeremias Schröder, der in der Bischofskonferenz für den Ordensbereich zuständige Innsbrucker Bischof Hermann Glettler und der frühere Ordenskonferenz-Vorsitzende em. Erzabt Korbinian Birnbacher – von der am 24. November gewählten neuen Vorsitzenden, Sr. Franziska Madl, begrüßt. Die Priorin der Wiener Dominikanerinnen deutete ihre Wahl als „Ausdruck großer Wertschätzung und des sehr guten Miteinanders“ von Männer- und Frauenorden in Österreich. Sie habe schon seit ihrer Zeit als junge Postulantin jedesmal am Ordenstag teilgenommen, bemerkte die 45-jährige erste Frau an der Spitze der heimischen Orden.
In ebenfalls neuer Funktion als stellvertretender Vorsitzender wies der Klosterneuburger Propst Anton Höslinger darauf, dass das Motto des Heiligen Jahres „Pilger der Hoffnung“ ein „augustinisches“ sei, habe der spätantike Kirchenlehrer und Ordensgründer Augustinus doch sehr das von den Orden vorgelebte Unterwegssein auf Gott hin im gemeinsamen Leben betont. Maria Lukas als Vorsitzende der Säkularinstitute ging auf den Untertitel der diesjährigen Herbsttagungen „Immer noch unterwegs“ ein. Die Mitglieder des geweihten Lebens seien in vielfältiger Weise um „wahrnehmbare Präsenz unter den Menschen“ bemüht und erhofften aus der gemeinsamen Versammlung in Wien „Bestärkung und Ermutigung“ dafür, sagte die Vorsitzende.
In eingespielten kurzen Videostatements sprachen Ordensleute über Hoffnung und Pilgern. Br. Emanuel Huemer betonte, Hoffnung entstehe im Handeln, wenn Menschen sich organisieren und gegen Unrecht engagieren. Sr. Karin Weiler sagte, sie finde Hoffnung in der alltäglichen Arbeit von Menschen in Hospiz- und Trauerbegleitung. Sr. Melanie Wolfers und P. Ferdinand Karer beschrieben Pilgern als gemeinschaftliches, innerlich suchendes Erlebnis, während die Ordenskonferenz-Generalsekretärin Sr. Christine Rod die Kraft der Verlangsamung hervorhob: Beim Pilgern zu Fuß mache man die Erfahrung, trotz der langsamsten denkbaren Fortbewegungsform weite Strecken aus eigener Kraft mit erhöhter Aufmerksamkeit zurückzulegen.
Vier Tage im Zeichen der Orden
Der Österreichische Ordenstag im Wiener Kardinal-König-Haus bildet den Höhepunkt der diesjährigen Ordenstagungen, die am Montag mit einem Treffen junger Ordensleute sowie der Neuwahl des Vorstands der Ordenskonferenz gestartet ist und am Mittwoch mit Fachtagen der Missions-, Bildungs- und Kulturbeauftragten der Ordensgemeinschaften und aller Interessierter weitergeht. Für Donnerstag ist mit dem „Gesundheitstag“ das Treffen der Verantwortlichen der Ordensspitäler anberaumt.
Quelle: kathpress