„Welttag der Armen“: Ordensgemeinschaften rücken Hilfsbedürftige in den Fokus

Ein Herz für die Armen: Seit der Gründung des Klosters im Jahr 1745 gehört die Essensausgabe an Bedürftige fest zum Wirken der Elisabethinen in Linz. © Elisabethinen Linz / Download
In seiner Botschaft zum 9. Welttag der Armen macht Papst Leo XIV. deutlich, dass das Engagement gegen Armut nicht als Randaufgabe gesehen werden darf: „Die Armen sind keine Zusatzbeschäftigung für die Kirche, sondern vielmehr die am meisten geliebten Brüder und Schwestern. Deshalb will der Welttag der Armen unsere Gemeinschaften daran erinnern, dass die Armen im Mittelpunkt der gesamten Pastoral stehen.“
Seite an Seite mit den Armen
Diesen Gedanken unterstreicht auch Sr. Anneliese Herzig, Bereichsleiterin Mission und Soziales der Österreichischen Ordenskonferenz: „Papst Leo erinnert uns daran, was das Evangelium im Kern bedeutet: dass Jesus Christus uns in den Armen begegnet und an der Seite der Armen steht. Er ruft uns auf, uns neu an den Verwundeten, Ausgegrenzten und Übersehenen auszurichten. Das ist kein Randthema, sondern der Prüfstein unseres Glaubens.“
Gleichzeitig betont sie, dass „der Glaube für Ordensfrauen und -männer untrennbar mit dem Einsatz für ein gutes Leben aller verbunden ist. Denn aus der Gottesbeziehung erwächst das konkrete Handeln.“ Das beherzte Engagement der Ordensgemeinschaften im Dienst an den Armen lässt christliche Nächstenliebe konkret erfahrbar werden – in Schulen, Spitälern, Pflegeeinrichtungen und Klöstern, bei der Wohnungslosen- und Flüchtlingshilfe sowie bei der seelsorglichen Begleitung.
Wie sehr sich Ordensleute „mit Haut und Haar“ gegen Armut engagieren, lässt sich gut an zwei Lebensbiografien ablesen, die stellvertretend für viele Ordensfrauen und -männer stehen: Sr. Karina Beneder und P. Georg Sporschill haben ihr Leben vollkommen in den Dienst der Armen gestellt und dabei enorm viel bewegt.
Sr. Karina Beneder: Mit Herzblut gegen die Armut in Peru
Die Ordensfrau der Franziskanerinnen von Amstetten stammt ursprünglich aus Kollmitzberg in Niederösterreich und lebt seit einigen Jahren in Peru – einem von Krisen gebeutelten Land mit Hochwasser, Dürrekatastrophen und viel Armut. Die erste Zeit verbrachte sie in San Pedro de Cajas, einem kleinen Ort in den Anden. Die Sommer waren dort kurz und kühl, die Winter stürmisch, sehr kalt und regnerisch. Sr. Karina schlief oft mit einer Haube und vielen Kleidungsstücken. Es gab kein Trinkwasser, kein Warmwasser; keine sauberen Toilettenanlagen und auch nur sehr selten eine Internetverbindung.
Mit Beharrlichkeit, Engagement und Unterstützung aus der Heimat gelang es der beherzten Ordensfrau, den Menschen mitten in ihrem Elend Hoffnung zu schenken – zum Beispiel durch den Bau der Santa-Bernardita-Schule für ca. 700 Kinder am Areal einer ehemaligen Mülldeponie oder die Errichtung einer Wasserfilteranlage, die die Schule mit Trinkwasser versorgt.

Hoffnungsspenderin: Sr. Karina Beneder mit Schüler:innen in der Schule Santa Bernardita, die sie initiiert und gegründet hat. © privat / Download
Inzwischen lebt Sr. Karina in Pachacutec, einem Armenviertel in Lima und Callao, in dem auch Papst Leo XIV vor seiner Wahl zum Papst wirkte. In einem neu errichteten „Laudato-Si-Zentrum“ widmet sie sich leidenschaftlich den vielen Kindern in der Umgebung, die „sich wie auf einem anderen Planeten fühlen, wenn sie zu uns kommen, obwohl sie nur 10 Minuten entfernt leben“, berichtet Sr. Karina.
Warum sie das alles auf sich nimmt? „Mir geht es darum, dass ich als Franziskanerin noch tiefer in die Armut eintauchen kann. Ich bin dabei Franziskus sehr nahe“, erzählt die 59-jahrige Ordensfrau und fügt hinzu: „Ich bin sehr dankbar, dass mich meine Mitschwestern diese Berufung auch leben lassen.“
P. Georg Sporschill: Ein Leben für die Straßenkinder und Roma
Schon als junger Kaplan in Wien-Lainz widmete sich der Jesuit Jugendlichen, die Probleme mit Drogensucht, Obdachlosigkeit und Straffälligkeit hatten. Er gründete ein Jugendhaus der Caritas und drei weitere Obdachlosenhäuser, schickte den „Canisibus“ mit Suppe zu Betroffenen und eröffnete das Wiener Innenstadtlokal „Inigo“, das Langzeitarbeitslosen bis heute erfolgreich Arbeit und Selbstbewusstsein gibt.
1991 ging P. Sporschill im Auftrag seines Ordens zu den Straßenkindern von Bukarest. Was als Einsatz für sechs Monate gedacht war, wurde ihm zur Lebensaufgabe: Zusammen mit der deutschen Theologin und Sozialarbeiterin Ruth Zenkert gründete er die „Concordia“-Sozialprojekte und bot Tausenden Kindern, die auf den Straßen und in der Kanalisation der rumänischen Hauptstadt leben, eine neue Perspektive. Für sie entstanden ein Sozialzentrum, Kinder- und Jugendhäuser sowie Lehrwerkstätten und Berufsschulen. Die Concordia-Aktivitäten wurden später auf die Republik Moldau und Bulgarien ausgeweitet.
Zu seinem 65. Geburtstag zog sich Sporschill aus dem Concordia-Vorstand zurück, um gemeinsam mit Ruth Zenkert im Rahmen des Hilfswerks „Elijah“ die Lebensbedingungen der Roma in Siebenbürgen, die von Armut und Verwahrlosung gekennzeichnet sind, zu verbessern. Heute sagt er: „Mein Platz ist hier. Meine Familie ist hier“.

Ein Lichtblick für viele: Mit seinem Hilfswerk „elijah“ ermöglicht P. Sporschill den Roma im Harbachtal eine neue Lebensperspektive. © ELIJAH Soziale Werke / Download
Beispielhaft: Wie Orden gegen die Armut kämpfen
- Ordensgemeinschaften, die Wohnraum und Unterstützung für Frauen in Not oder Menschen mit Suchtproblemen bereitstellen – zum Beispiel die Salvatorianer in Wien oder der von Ordensfrauen gegründete Verein Solwodi Österreich.
- Ordenseinrichtungen, die sich um Geflüchtete kümmern und sie mit Wohnangeboten, Sprachkursen und seelsorglicher Begleitung unterstützen – zum Beispiel der Jesuiten-Flüchtlingsdienst oder das Don Bosco Sozialwerk.
- Schulen und Jugendeinrichtungen in Armutsregionen rund um den Globus, getragen von Ordensfrauen oder Ordensmännern, die Bildung als Basis für eine gute Zukunft ermöglichen – zum Beispiel den Missionaren von Mariannhill oder den Missionarinnen Christi.
- Pflege- und Hospizeinrichtungen, in denen Menschen am Lebensende versorgt und begleitet werden – zum Beispiel bei den Franziskanerinnen von Vöcklabruck oder den Kreuzschwestern.
- Klöster und Konvente mit Essensausgaben für Bedürftige – zum Beispiel die Caritas Socialis, die Franziskaner oder die Elisabethinen.
- Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung – zum Beispiel in den 23 Ordensspitälern, im Pflegehospiz „Himmelshafen“ der Elisabethinen Graz oder in der Sozial- und Gesundheitspraxis „dock“ im Neunerhaus.
Weltweit setzen sich Ordensleute für ein gutes Leben aller und einen Weg aus der Armut ein. Viele Ordensgemeinschaften wirken auch im Verborgenen – aber mit großer Tiefe und Nachhaltigkeit.