Generaloberin Flad: Klosterleben als zeitgemäße Antwort auf Sinnsuche

Ordensfrau, Managerin und Naturliebhaberin: Nach intensiven Arbeitstagen ist Sr. Barbara Flad in ihrer Freizeit gerne in den Bergen unterwegs oder unternimmt Skitouren. © Marcel Hagen - studio22.at
Die 48-jährige Theologin spricht in dem Interview über ihren Weg in die Ordensgemeinschaft, die Herausforderungen und Chancen eines gemeinschaftlichen Lebens sowie die gesellschaftliche Bedeutung spiritueller Angebote.
Prägendes Jahr in Peru als Entscheidungshilfe
Flad beschreibt ihre Entscheidung für den Orden als Prozess, der sich über mehrere Jahre erstreckte. Bereits während ihres Studiums habe sie sich intensiver mit Fragen des Glaubens, der Berufung und des gesellschaftlichen Engagements auseinandergesetzt. Ein prägendes Jahr in Peru bei der heutigen Gemeinschaft habe letztlich zur Klärung geführt. „Ich habe gemerkt, dass hier ganz normale Frauen leben, mit einem starken sozialen Fokus und gemeinsamen Werten“, erinnert sich Barbara Flad. Der Eintritt in den Orden sei kein Bruch mit der Welt gewesen, sondern eine bewusste Entscheidung für ein Leben in Gemeinschaft, in der man miteinander teile, aufeinander schaue und einander mittrage.
Das Kloster als „Riesen-WG“: Sr. Barbara Flad lebt mit rund 50 Mitschwestern zusammen. © Marcel Hagen - studio22.at
Das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern in Zams unterscheidet sich laut Flad deutlich von klassischen Klosterbildern. Gebetszeiten, Meditation und spirituelle Rituale strukturieren den Tag, stehen jedoch in engem Zusammenhang mit einem arbeitsintensiven Alltag: „Wir führen soziale Einrichtungen, betreiben Schulen, Pflegeeinrichtungen und ein Krankenhaus.“ Der Tagesablauf für die rund 50 Frauen in ihrer „Riesen-WG“ beginnt um 6.30 Uhr mit stiller Meditation, gefolgt von Gebet, Frühstück und einem regulären Arbeitstag. Auch moderne Technik spielt eine Rolle: Viele Schwestern nutzen Smartphones, Musik läuft über Streamingdienste, und der Orden betreibt einen aktiven Instagram-Kanal mit etwa tausend Abonnent:innen.
Achtsamkeitsübungen mit spirituellem Hintergrund
Spirituelle Angebote wie Exerzitien, persönliche Auszeiten oder stille Tage richten sich sowohl an gläubige als auch an suchende Menschen. Das Kloster biete einen geschützten Raum, um zur Ruhe zu kommen – eine Alternative zu trendigen Achtsamkeitsangeboten, wie Flad betont: „Viele fliegen zum teuren Yoga-Retreat nach Bali statt ins Kloster zu gehen – obwohl es bei uns ganz ähnliche Impulse gibt.“ Die Meditationsformen im Orden würden sich von klassischen Achtsamkeitsübungen kaum unterscheiden, „nur heißt es bei uns eben anders und hat einen spirituellen Hintergrund“.
Kontrastreiche Mischung aus Gebet und Arbeit: Der Arbeitsalltag der Ordensfrauen ist immer wieder von gemeinsamen Momenten der Stille geprägt. © Marcel Hagen - studio22.at
Zur Frage gesellschaftlicher Vielfalt betont Flad die Offenheit ihres Ordens für Menschen aller Hintergründe und Identitäten. Respekt vor der Würde jedes Menschen sei Grundhaltung in der Gemeinschaft und werde intern wie auch in den Einrichtungen „selbstverständlich“ praktiziert, „unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung“. Hinsichtlich der Rolle der Frau hätten die Barmherzigen Schwestern als Frauengemeinschaft „naturgemäß einen anderen Zugang“ als die katholische Amtskirche allgemein: Schon seit der Gründung im 17. Jahrhundert gebe es im Orden Frauen in Leitungspositionen.
Offenheit für Spiritualität und Gemeinschaft
„Wer sich für den Orden interessiert, muss keine fertige Glaubensbiografie mitbringen, aber eine Offenheit für Spiritualität und Gemeinschaft“, betont Barbara Flad. Auch wenn die Zahl der Ordensfrauen zurückgehe, lebe der „Geist“ der Gemeinschaft weiter, wenn auch auf womöglich andere Weise. Besonders die 1.900 Mitarbeitenden der Barmherzigen Schwestern in Tirol führte sie hier an. „Das sind mehr als wir je waren.“ Für die Zukunft wünscht sich Flad, dass die Gemeinschaft weiterhin nah bei den Menschen bleibt und sich flexibel auf neue Herausforderungen einstellt: „Wir fragen uns ständig, was Menschen heute brauchen – und wie wir darauf antworten können“, unterstreicht die Generaloberin.
Quelle: kathpress