Sr. Anna Dengel – Spuren einer Tirolerin auf der ganzen Welt
Sr. Dr. Anna Dengel mit einer Patientin. Eine Tirolerin, die auszog, um den Armen der Welt zu helfen. (c) Freunde Anna Dengel
Sr. Anna Dengel, 1892 im Tiroler Lechtal geboren, war eine der ersten Ärztinnen Österreichs und eine Sozialpionierin. Mit ihren Spitälern, Geburtsstationen und Hebammenschule setzte sie in vielen Ländern neue Maßstäbe. 1925 gründete sie die Ordensgemeinschaft der Missionsärztlichen Schwestern. Eine Tirolerin, deren Werk bis heute blüht. Aber obwohl Anna Dengel selbst aus Österreich stammte, wurde nie eine Niederlassung der Missionsärztlichen Schwestern in Österreich errichtet.
Sie zog als junge Frau vom kleinen Tiroler Ort Steeg in die weite Welt, um Menschen in ärmeren Regionen der Welt zu helfen – mit Ärztinnen, Hebammen, Pharmazeutinnen, Krankenschwestern. Zahlreichen Hindernissen, die ihr in den Weg gelegt wurden, trat sie vehement entgegen. So zum Beispiel, dass es seit dem Jahr 1215 allen Ordensfrauen verboten war, ärztlich tätig zu sein. Das akzeptierte Anna Dengel so nicht. 1936 wurde dieses Verbot unter Papst Pius XI. aufgehoben und der Orden endlich anerkannt.
Fundraiserin der ersten Stunde
Ihr beeindruckendes Lebenswerk brachte Hunderttausenden Kindern und Frauen eine Verbesserung ihrer Lebenssituation. „Sr. Anna Dengel war Öffentlichkeitsarbeiterin und Fundraiserin der ersten Stunde“, so Reinhard Heiserer, Obmann des Vereins „Freunde Anna Dengel“. Sie habe es verstanden, für ihre Projekte und ihre Ideen Unterstützer zu finden.
Sr. Rita Schiffer stammt aus Essen und leitet seit 25 Jahren das Attat-Krankenhaus in Äthiopien. (c) Jugend eine Welt
Begegnung mit den Missionsärztlichen Schwestern in Österreich
Die beiden Missionsärztliche Schwestern Sr. Dr. Rita Schiffer (tätig in Attat, Äthiopien) und Sr. Rita Amponsaa-Owusu (tätig in Kulmasa, Ghana) sind derzeit auf Einladung des Vereins "Freunde Anna Dengel" und der Hilfsorganisation "Jugend Eine Welt" in Österreich. Sie haben bei einem Begegnungsevent in Wien von ihrem Einsatz in Äthiopien und Ghana berichtet.
„Wir kommen!“
Sr. Rita Schiffer stammt ursprünglich aus Essen und ist ausgebildete Gynäkologin. Seit 25 Jahren leitet sie das Attat-Krankenhaus, 200 Kilometer südwestlich von der Hauptstadt Addis Abeba, im Gurageland, eine der ärmsten Regionen Äthiopiens. Sr. Anna Dengel selbst hat das Attat-Krankenhaus 1969 gegründet. Es ist das Einzige in der Region und bietet medizinische Versorgung für mehr als eine Million Menschen an. Sr. Rita erzählt, dass Sr. Anna Dengel damals die Not der Zeit erkannt hatte, „obwohl da einfach nichts war - kein Strom, kein Wasser, keine Straße. Aber Sr. Anna Dengel hat gesagt: ‚Wir kommen!‘“ Heute behandelt das Krankenhaus rund 400 Patient:innen pro Tag ambulant, 8.000 Patient:innen pro Jahr stationär und verzeichnet ca. 3.000 Geburten pro Jahr. Die Hauptgründe, das Krankenhaus aufzusuchen, sind Probleme bei Schwangerschaften und Geburten, Infektionserkrankungen, Malaria sowie akute Erkrankungen, die operative Eingriffe benötigen.
Der Einsatz der Missionsärztlichen Schwestern ist sehr vielseitig. Die Hilfe im Krankenhaus setze an zwei Säulen an: Heilen und Vorsorgen, das betreffe vor allem Impfungen und Gesundheitserziehung. Sr. Rita erinnert sich an die Anfänge: „Die erste Operation mit einer Kerosinlampe war ein Kaiserschnitt.“ Seit 53 Jahren wächst und entwickelt sich das Projekt, das Sr. Anna Dengel gegründet hat, stetig weiter.
Gesundheit und Ausbildung
Das Krankenhaus versteht sich nicht nur als Gesundheitseinrichtung, sondern auch als Arbeitgeber und Ausbildungszentrum. 200 Mitarbeiter:innen arbeiten im Attat-Krankenhaus, 100 davon im medizinischen Bereich, 100 als „support staff“, wie sie Sr. Rita bezeichnet. Seit 15 Jahren ist das Krankenhaus auch ein „Ausbildungs-Krankenhaus“ und fördert somit die Ausbildung der jungen Menschen und damit auch die Gesundheitsversorgung im Land. Die angebotene Praktika sind für die Praktikant:innen kostenlos.
Sr. Rita Schiffer erhält den Else-Kröner-Fresenius-Preis für Medizinische Entwicklungszusammenarbeit. Sie leitet seit 25 Jahren das Attat-Krankenhaus in Äthiopien. (c) ÖOK/Magerl
Hoffnung als Motor
Persönlich berichtet Sr. Rita, dass sie gelernt habe, „dass Menschen ganz viel aushalten können, solange sie Hoffnung haben.“ Es sei eine Mischung aus Resilienz der Menschen, Hoffnung als Motor und das Vertrauen in Gott, die den Menschen in Attat und auch Sr. Rita selbst Kraft geben.
Der humanitäre Preis für besondere Leistungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird einmal jährlich verliehen. Gewürdigt werden Projekte weltweit, die auf herausragende Art und Weise der Verbesserung der Gesundheitsversorgung dienen. Das Preisträgergeld wird unmittelbar für die Projekte verwendet. Der humanitäre Preis wird jedes Jahr zu einem anderen Themenschwerpunkt ausgeschrieben.
Auszeichnung mit Else-Kröner-Fresenius-Preis
Im Anschluss an den Österreich-Besuch reist Schiffer weiter nach Berlin, wo sie den Else-Kröner-Fresenius-Preis für Medizinische Entwicklungszusammenarbeit verliehen bekommt. Der mit 100.000 Euro dotierte Preis würdigt Projekte weltweit, die auf herausragende Art und Weise der Verbesserung der Gesundheitsversorgung dienen.
Sr. Rita Amponsaa-Owusu leitet ein Gesundheitsprojekt in Kulmasa. Sie möchte Frauen ermutigen, für sich und ihre Gesundheit Verantwortung zu übernehmen. (c) ÖOK/Magerl
Sr. Rita Amponsaa-Owusu: „Wir wollen Frauen ermutigen!“
Mit Sr. Rita Schiffer ist eine zweite Sr. Rita nach Österreich gekommen: Sr. Rita Amponsaa-Owusu. Sie leitet ein wichtiges Gesundheitsprojekt der Missionsärztlichen Schwestern in Kulmasa – einer der ärmsten Regionen in Ghana. Gemeinsam mit „Jugend eine Welt“ wird dort seit 2021 auch ein Programm zur ländlichen Entwicklung unterstützt. Sr. Rita Amponsaa-Owusu berichtet bei ihrem Besuch in Österreich von herausfordernden Situationen und, dass Hilfe dringend notwendig ist. Die neue Klinik, die entstehen soll, kann es schaffen eine wichtige Kluft in der Gesundheitsversorgung der Menschen vor Ort zu schließen. Es gebe viele Kinder mit Krankheiten, die man, wenn sie Zugang zu medizinischen Versorgungsleistungen hätten, im Vorfeld vermeiden könnte. „Wir wollen Frauen ermutigen, aufzustehen und für sich und ihre Gesundheit Verantwortung zu übernehmen", schließt Sr. Rita Amponsaa-Owusu.
Ganzheitliche Heilung ist Auftrag und Mission
Zur katholischen Ordensgemeinschaft der Missionsärztlichen Schwestern gehören heute weltweit 490 Schwestern aus verschiedenen Kulturen Afrikas, Asiens, Europas, Nord- und Südamerikas. Die „Medical Mission Sisters“ (MMS) sind in 19 Ländern weltweit tätig. Sie arbeiten als Ärztinnen, Therapeutinnen, Sozialarbeiterinnen, Theologinnen. In Europa auch in der Großstadt-Seelsorge mit Obdachlosen Migranten, Geflüchteten, Armen und Kranken.
Gesucht!
Der Verein „Freunde Anna Dengel“ ist für das im Aufbau befindliche Archiv auf der Suche nach Briefen, die Sr. Dr. Anna Dengel geschrieben und verschickt hat. Kontakt: verein@freundeannadengel.at
„Freunde Anna Dengel“
Der „Verein Freunde Anna Dengel” hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Andenken an die große Sozialpionierin Anna Dengel aufrecht zu halten und dazu die Projekte der Missionsärztlichen Schwestern (MMS) weltweit zu unterstützen. Eine vielfältige Öffentlichkeitsarbeit sowie Vorträge und Veranstaltungen informieren Interessierte.
In der Projektumsetzung kooperiert der „Verein Freunde Anna Dengel“ mit der österreichischen Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt, die mit ihren Partnern vor Ort langjährige Erfahrung einbringt.
Für die Projekte weltweit werden Spenden benötigt:
Spendenkonto
Freunde Anna Dengel - Jugend Eine Welt
Raiffeisen Landesbank Tirol
IBAN: AT57 3600 0002 0002 4000
BIC: RZTIAT220
https://www.freundeannadengel.at/spenden/
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[renate magerl]