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24. Juni 2015

Mönchtum weltweit im Wandel

Von 17. bis 19. Juni 2015 fand an der Universität Graz die internationale Konferenz "Mönchtum von Ost nach West" statt. Das Resümee: Der weltweite Kultur- und Gesellschaftswandel macht auch vor dem Ordensleben nicht Halt. Immer unterschiedlicher entwickeln sich die Visionen von Gemeinschaften, etwa jene des christlichen Mönchtums im "Westen" und ihres "östlichen" Konterparts in der Orthodoxie.

Ordensleute in Westeuropa haben längst nicht mehr eine bloß religiöse Bedeutung, sondern gelten auch als "Vorbilder für alternatives oder gesundes Leben sowie auch für Ökologie", sagte Tagungsleiterin Isabelle Jonveaux, Soziologin an der Universität Graz, in einem Interview mit "Kathpress". Im ehemals kommunistischen Osteuropa würden hingegen politische Fragestellungen vorherrschen, darunter etwa jene der staatlichen Anerkennung von Klöstern oder Orden oder der gesellschaftlichen Rolle von Ordensleuten. Durchaus hätten etwa manche Jesuiten in Tschechien heute "eine fast elitäre Position" inne, wobei Jonveaux Vergleiche zur "Machtposition" mancher Ordenspriester im Europa früherer Jahrhunderte zog.

Selbst in Westeuropa ist das Gesicht der Orden jedoch mannigfaltig, bedingt meist durch die jeweilige Geschichte des Landes: "Einzigartig" sei die in Österreich vorherrschende, aus dem Josephinismus stammende enge Verbindung mit der Pfarrseelsorge zumindest bei den Männerorden, deren Priester zum Großteil auch Pfarrer sind.
In Frankreich hingegen sind seit dem 19. Jahrhundert kontemplative Orden deutlich stärker vertreten. Von einem "europäischen Mönchtum" könne man aufgrund dieser Vielfalt somit aus Sicht der Wissenschaft gar nicht sprechen, so Jonveaux.

Akkulturation im Süden

In anderen Weltregionen seien Prozesse der Akkulturation vordergründig, "man versucht, sich in Distanz zu den europäischen Modellen eigenständig zu entwickeln, zumal man diese nur bedingt exportieren kann: Sie passen - oder auch nicht", erklärte die Soziologin. Sie verwies auf ein Beispiel aus Togo: Ein dort errichtetes Benediktinerkonvent mit französischer Prägung "passte einfach nicht in die Gesellschaft". Einer der togesischen Mönche gründete daraufhin eine andere, "afrikanischere" Gemeinschaft: Lebensform, Architektur und Liturgie waren nun örtlichen Gegebenheiten angepasst.

Gerade in den "neuen" Ländern der weltweiten Gemeinschaften, wo die Klöster mitunter große Zuwachsraten verzeichneten, würden sich die Orden bereist heute auf Dynamiken einstellen, die erst vor wenigen Jahren eingesetzt hätten, betonte die Religionswissenschaftlerin. "Im Bewusstsein vieler der jüngeren und auch meist dynamischeren Orden in Asien oder Afrika ist, dass man eines Tages den Gemeinschaften in Europa helfen will, nachdem diese einst bei der eigenen Gründung geholfen haben und nun immer älter werden."

Den Jungen auf der Spur

Welches Mönchtum die heutige junge Generation will, beschäftigt laut Jonveaux alle Orden. "Diskutiert wird etwa, inwiefern man heute als Ordensmann oder -frau wieder ein eigenes 'Handwerk' haben muss", so Jonveaux. Mache Klöster versuchten auch, die eigene Rolle für die jeweilige Umgebung neu zu definieren, wobei Jonveaux auf die Jugendvigil im Stift Heiligenkreuz oder den "Treffpunkt Benedikt" im Stift Kremsmünster verwies: "Man versucht, für die Jungen wieder attraktiv zu sein."

Selbst Wissenschaftler tun sich schwer mit der Beschreibung, warum manche Ordensgemeinschaften aufhören zu existieren, andere nicht. "Tendenziell stark sind die Rückgänge besonders bei den geschlossenen Frauengemeinschaften mit wenig Kontakt nach außen oder bei jenen, die nicht mehr zu den Erwartungen junger Frauen passen", so die Forscherin.

Hingegen habe das Kärntner Stift St. Paul im Lavanttal, dessen Schließung wegen Überalterung der Mitglieder vor zehn Jahren bereits geplant war, seither einen überraschenden Frühling erlebt: Die Hälfte der Gemeinschaft ist heute jünger als 40 Jahre. "Bei den Benediktinern gab es im Vorjahr einen Novizen. Heuer sind es neun", verdeutlichte Jonveaux die Unvorhersagbarkeit der Entwicklung zumindest einzelner Gemeinschaften oder Orden.

Gemeinschaftsaspekt immer wichtiger

Was heute viele Menschen besonders am Ordensleben fasziniert, ist laut der Soziologin die Gemeinschaft, und auch unter Priestern steigt der Wunsch nach gemeinsamem Leben. In Europa - besonders in Frankreich und Italien - sowie auch in den USA seien viele neue klösterliche oder Kloster-ähnliche Gemeinschaften aus diesem Impuls entstanden. Jonveaux: "Gesucht werden dabei neue Formen von Gemeinschaftsleben, die oft ökumenisch, ohne Habit, teils sogar geschlechtergemischt und offen für Verheiratete und Familien sind." Ein wichtiges Vorbild habe hier die ökumenische Gemeinschaft Taize geliefert.

Quelle Foto: Karl-Franzens-Universität Graz

[rs]

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