Ohne Profitorientierung wirtschaften
„Es liegt an jeden von uns, den Willen zu entwickeln, diese nicht mehr tragbaren Zustände in der aus dem Lot geratenen Welt zu beenden. Wachstum muss als Leit-Paradigma fallen und jedem Menschen soll Land zustehen, dass er dem monitären Zirkel entkommen kann. Es geht nicht um kaufen, sondern um produzieren und selbstversorgen. Die schonenste Form ist die gemeinsame Bewirtschaftung von Land.“ Frank Wesemann, der einen Ökohof nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft betreibt, stellt das schon zu Beginn des Kongresses in die Mitte. Es wird sehr bald klar: Eine neue Ökonomie ist schon im Gange und viele praktische Alternitiven entwickeln sich. In besonderer Weise wird es ein neues Wir zwischen Produzenten und Konsumenten brauchen, „neue Formen der Vernetzung, ohne selbstausbeuterisch zu arbeiten und den ökologischen Aspekt im Mittelpunkt.“ Es wird neue „gemeinsame Kooperativen“ geben, die nicht Gewinn oder Eigennutz im Sinne haben, sondern das Gemeinwohl aller, besonders auch derer, „die hinausgefallen sind oder hinausgedrängt werden“, in den Mittelpunkt stellen. Die brasilianische Ökonomin Rosangela Alves de Oliveira, die auch bei der Caritas arbeitet, bringt es auf den Punkt: „Solidarische Ökonomie holt die herein, die hinausgefallen sind.“ Man scheut sich nicht, am Podium davon zu sprechen, „die Liebe wieder in den Mittelpunkt zu stellen.“

Ferdinand Kaineder, Leiter des Medienbüros, vertritt die Ordensgemeinschaften Österreich auf der SOLIKON in Berlin. (c) Ordensgemeinschaften Österreich
Orden haben eine große Aufgabe
Im Workshop „Gemeinschaftlich leben – solidarisch wirtschaften“, den Ferdinand Kaineder im Rahmen des Kongresses gestaltet hat, stellte er einige Eckpfeiler „für das offene Gespräch“ vor. 1. Ordensleute sind Gottsucher und suchen damit die Balance im Weltdienst und Gottesdienst. 2. Persönlicher Besitz wird zugunsten der gemeinsamen Anliegen der Gemeinschaft zurückgestellt. 3. Gerade die Ränder der Gesellschaft sehen Orden als ihre Aufgabe und ihre Ökonomie bleibt offen für diese Ränder: „Die Ränder werden Mitte und es besteht die Möglichkeit, Ökonomie vom Rand her zu entwickeln.“ 4. Das Gemeinschaftsleben sieht vor, dass nicht jede und jeder dasgleiche bekommt, sondern das, was er oder sie braucht. Das zeigt, dass ein gut gestaltetes Gemeinschaftsleben auf die individuellen Fähigkeit und Bedürfnisse eingeht. 5. Orden werden viel mehr Anschlussfähigkeit und Verknüpfungswunsch in Richtung neuer solidarischer Strömungen entwickeln müssen, wollen sie die Zukunft bestehen. Kaineder: „Regionale Vernetzung mit solidarisch gesinnten Menschen ist wahrscheinlich der plausibelste Pfad in die Zukunft. Das gemeinschaftliche Lebensprinzip der Orden kann, wenn es tief und authentisch gelebt wird, ein wesentlicher Impuls gegen das heute weit verbreitete technische Wirtschaftsverständnis sein.“ Kaineder verweist diesbezüglich auch auf die erfolgreiche Serie „viel mehr wesentlich weniger“. Ebenso kam die neue Enzyklika Laudato si zur Sprache. Wie geht Reduktion? – ist wahrscheinlich die provkanteste Frage, die Ordensleute aufgrund ihres Gelübdes der Armut und Einfachheit an die Welt stellen können. Der Zauberstab Wachstum funktioniert nicht mehr oder er richtet sich gegen den Menschen und die Welt selber. In der Workshop-Diskussion wurde vor allem nach den verschiedenen spirituellen Formen nachgefragt und der Verwendung von Immobilien, die nicht mehr für den Eigenbedarf genutzt werden.

Auf der SOLIKON geht es um neue Formen und Initiativen des solidarischen Wirtschaftens; Orden haben Erfahrung darin. (c) Ordensgemeinschaften Österreich
Kongress mit hoher internationaler Beteiligung
Die Strategie der Solidarischen Ökonomie zielt ab auf Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung, Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und Naturzerstörung. Sie versucht, alternative Arbeitsstrukturen, die kollektiv, solidarisch, hierarchiefrei und umweltbewusst organisiert sind. Enkeltauglichkeit des Handelns in ein zentrales Anliegen. Kooperation statt Konkurrenz und Selbstverwaltung mit Partizipation ermöglichen nachhaltige Entwicklungen. Das braucht Räume des freien Denkens, ein Auge für Geschichten des Gelingens und Vernetzung auf Augenhöhe. Am Kongress nehmen etwa 1.000 Leute mit hoher internationeler Beteiligung aus fast allen Ländern Europas und vor allem Südamerika wie Brasilien, wo die Solidarische Ökonmie weit verbreitet ist. Von Österreich ist die Katholische Sozialakademie (ksoe) Kooperationspartnerin.

Am Kongress nehmen etwa 1.000 Leute aus fast allen Ländern Europas und vor allem Südamerikas teil. (c) Ordensgemeinschaften Österreich
Mehr Info: www.solikon2015.org/de
[fk]
Die Ordensgemeinschaften Österreich sind durch Ferdinand Kaineder mit dem Workshop „Gemeinschaftlich leben – solidarisch wirtschaften“ beim Kongress der Solidarischen Ökonomie (SOLIKON) von 10. – 13. September 2015 in Berlin vertreten. Es geht um neue Formen und Initiativen des solidarischen Wirtschaftens, bei dem Gemeinwesen und Gemeinwohl vor Gewinn und Eigennutz im den Vordergrund stehen. Orden haben Erfahrung darin.