Zwei starke Ordensfrauen
Wer denkt, er habe in Megan Rice bloß eine freundliche, betagte Dame vor sich, der irrt. Die 85-jährige Ordensschwester ist vieles, aber bestimmt nicht angepasst: Die Ordensfrau des katholischen Ordens „Society oft he Holy Child Jesus“ hat ein stattliches Vorstrafenregister. Seit den 1980er Jahren ist Megan Rice in der US-amerikanischen Friedensbewegung aktiv. Ihr Ziel: das Ende aller Massenvernichtungswaffen auf herbeizuführen. Ihr Einsatz: das eigene Leben. Wer Megan Rice' Lebensweg genauer betrachtet, ahnt schnell: ihre Mission ist radikal und für sie eine Verpflichtung vor Gott.
Sr. Megan Rice: Dutzende Festnahmen wegen zivilen Ungehorsams
Dutzende Male wurde Megan Rice bereits wegen zivilen Ungehorsams festgenommen. Es ist also nichts Neues, als die Ordensschwester im Februar 2014 wieder einmal vor dem Richter steht. Doch diesmal wird sie wegen Beschädigung von Staatseigentum und Sabotage zu zwei Jahren und 11 Monaten Haft verurteilt – die bisher längste Gefängnisstrafe, die sie für ihren Einsatz als Friedensaktivistin kassiert.
Gemeinsam mit zwei Mitstreitern organisierte die heute 85-jährige Ordensschwester eine Protestaktion gegen die kerntechnische Anlage des Y-12 National Security Complex, in dem im Auftrag der US-Regierung unter anderem an der Erforschung und Herstellung nuklearer Waffen gearbeitet wird. Davon ausgehend, dabei schnell entdeckt und gefasst zu werden, waren sie völlig konsterniert, als sie tatsächlich bis ins Innerste der Anlage vordringen konnten und so, ganz unerwartet, auch noch eklatante Sicherheitsmängel aufdeckten. Die Aktion blamierte die US-Sicherheitsbehörden, entsprechend drakonisch die Maßnahmen der Justiz.
Doch Ängstlichkeit ist nicht die hervorstechendste Eigenschaft der Ordensfrau. Bereits in jungen Jahren ist Megan Rice eine Frau der Extreme: Anfang der 1960er Jahre geht sie nach Nigeria, um dort als Lehrerin zu unterrichten - in einem fremden Land, das damals in einer Zerreißprobe aus Unabhängigkeitskampf, Militärdiktatur und Biafra-Krieg steckt. Konsequenzen scheut sie dabei bis heute nicht – solange sie ihr Tun durch den Glauben gedeckt sieht. Und der fordert ihrer Meinung nach nicht nur das Gebet, sondern auch aktiven Einsatz: „Ich lebe meinen Glauben und er inspiriert mich immer wieder aufs Neue, mich für ein besseres Leben auf dieser Welt einzusetzen.“
Sr. Maria Ida Vorel: Aussteigerin vom System
Einen völlig anderen Weg wenn auchg nicht weniger konsequent geht Sr. Maria Ida Vorel. Die 22jährige Gärtnereifachfrau trat bereits mit 18 Jahren bei den Franziskanerinnen von Vöcklabruck ein. "Ich hab sofort gespürt, dass das mein Leben ist. Es war irgendwie Liebe auf den ersten Blick", sagt die Ordensfrau, deren Kennzeichen ihr giftgrüner Schal (O-Ton) ist, im Interview mit der Kronen-Zeitung. Wie hätten ihre Freunde auf ihren Entschluss reagiert? "Einige habwn gemeint, das passt zu mir. Viele sehen mich auch als eine Art Aussteigerin vom System."

Sie fühle sich freier, denn hinter ihr stehe eine Gemeinschaft. "Ich bin für viele wohl eine Exotin, aber sehr glücklich und sicher nicht eingesperrt." Sie habe Zu ihrer Motivation sagt die Ordensfrau, die jetzt in der Schwesterngemeinschaft in Ried im Innkreis lebt und gerade eine Ausbildung zur pharmazeutischen Assistentin absolviert: "Wir Franziskanerinnen sind berufen, das Mitleid Gottes sichtbar zu machen und helfen mit allem, wessen der andere bedarf und womit wir können!" Ihren Lebensweg beschreibt sie auch in ihrem Blog.
Die Fernsehsendung zu Sr. Megan Rice: ORF2, FeierAbend, 26. Dezember 2015, 19.52 Uhr
Der Blog von Sr. Maria Ida Vorel: https://taufrischunterwegs.wordpress.com/
[rs]
Eine 85jährige Ordensfrau aus Amerika mit Vorstrafenregister (ORF2, FeierAbend, 26. Dezember, 19.52 Uhr, ORF 2) und eine 22jährige Novizin aus Österreich (Kronenzeitung vom 25. Dezember) - zu den Weihnachtsfeiertagen stellen die Medien zwei Ordensfrauen vor, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten und die ihre Berufung auf völlig unterschiedliche Wege geführt hat. Dennoch eint sie etwas: ihre Verpflichtung vor Gott und der Wille, an die Ränder zu gehen und die Welt aufzuwecken.