„VinziWerke“-Gründer Pfarrer Wolfgang Pucher verstorben
Pfarrer Wolfgang Pucher verstarb am 19. Juli 2023. Der Lazarist ist Gründer der VinziWerke in Österreich. (c) VinziWerke
Mit großer Trauer müssen wir vom Ableben des Gründers der Vinziwerke, Pfarrer Wolfgang Pucher, berichten. Pfarrer Pucher war ein unglaublicher Mensch und ein wahrer Visionär. Er hat die Vinziwerke gegründet, um den Menschen zu helfen, die – aus welchen Gründen auch immer – am äußersten Rand der Gesellschaft angekommen waren. Sein Wahlspruch lautete: „Es ist nicht maßgeblich, woher jemand kommt, welche Vergangenheit er hat, und welche Schuld er selbst an seinem Leid trägt. Wichtig ist in erster Linie, wie dem Menschen geholfen werden kann.“
Wolfgang Pucher wurde am 31. März 1939 in Hausmannstätten bei Graz geboren. Sein Vater war 1943 im Krieg gefallen, weshalb seine Mutter ihre drei Kinder in tiefster Armut aufziehen musste. „Es gab weder ein Bad, noch eine Toilette, noch Wasser im Haus“, erinnerte sich Pucher in einem sehr persönlichen Lebensrückblick auf der Website der VinziWerke. „Das aus zwei Räumen bestehende Heimathaus konnte im Winter nicht genügend beheizt werden, sodass wir Kinder des Öfteren den Tag gemeinsam in einem Bett verbrachten.“
1963 Priesterweihe
Den Wunsch, Priester zu werden, verspürte Pucher schon als Jugendlicher. 1958 maturierte er und trat in das Klerikat der „Kongregation der Mission“ (Lazaristen) in Graz ein. 1963 erfolgte die Priesterweihe; Pucher feierte also dieser Tage sein 60-jähriges Priesterjubiläum. In den nachfolgenden Jahren arbeitete er als Erzieher und Religionslehrer und bis 1973 als Internatsleiter am österreichischen St. Georgskolleg in Istanbul.
1973 Pfarrer in Graz-St. Vinzenz
Im selben Jahr wurde er zum Pfarrer in Graz-St. Vinzenz berufen; er feierte dieser Tage auch sein 50-jähriges Pfarrjubiläum. Sein Hauptengagement galt vorerst der Delogiertensiedlung, in der damals in vier Häusern 800 Menschen (davon 200 Kinder) lebten. Arbeitslosigkeit und Alkohol gehörten zu ihrem Leben dazu.
1990 Gründung der VinziWerke in Österreich
1990 gründete er die Jugend-Vinzenzgemeinschaft Eggenberg. Von Beginn an hatte sie das Ziel, Menschen schnell und manchmal auf unkonventionelle Weise unbürokratisch zu helfen. Nachdem sie in Graz-Eggenberg gestartet waren, wurden im Laufe der Jahre 40 Häuser etabliert - täglich finden 450 Menschen hier ein Dach über dem Kopf, während 1400 Menschen Lebensmittel und Mahlzeiten pro Tag erhalten. Die Einrichtungen in der Steiermark, Wien und Salzburg stehen den Betroffenen kurzzeitig in Krisensituationen, aber auch langfristig zur Verfügung. Insbesondere im VinziDorf, das 1993 als Containerdorf startete und schnell zur Anlaufstelle, mehr noch, zur Heimat von Obdachlosen wurde. Dem Ordensmann gelang es dabei, sämtliche Einrichtungen zu 75 Prozent durch private Spenden zu finanzieren, während 25 Prozent durch Zuschüsse der Regierung finanziert werden. Aber Wolfgang Pucher sah es auch immer als Erfolg an, dass es ihm gelungen war, rund 900 Ehrenamtliche zu motivieren, seine Vision mitzutragen und Realität werden zu lassen.
Unkonventionelle Wege
Im Fokus der Betreuung stehen vor allem Personen, die von Drogen und Alkohol abhängig sind, obdachlose Männer, Frauen und Familien, entlassene Strafgefangene sowie Menschen, die sich kurzfristig in Notlagen befinden. Die VinziWerke bieten den Betroffenen auch Beratung an, mit dem Ziel, dass sie in ein geordnetes Leben zurückkehren können. Dabei verfolgte Pucher auch unkonventionelle Ansätze: Im VinziDorf ist es den Bewohner:innen gestattet, Alkohol zu konsumieren. Gerade unter Obdachlosen gibt es viele, die alkoholabhängig sind; einige ziehen es sogar im Winter vor, ohne Unterkunft zu sein, als auf den Alkoholkonsum zu verzichten. Und als im Jahr 2011 das Bettelverbot in Graz offiziell in Kraft trat, protestierte der Ordensmann demonstrativ bettelnd vor dem Landhaus.
Zahlreiche Auszeichnungen
Die Auszeichnungen, die der Ordensmann aus der Kongregation der Lazaristen für sein Lebenswerk erhalten hat, können gar nicht alle aufgezählt werden. Stellvertretend sei genannt, dass Pucher 2012 für sein Lebenswerk mit dem Essl Sozial Prize ausgezeichnet. Das Preisgeld von einer Million Euro reichte er selbstverständlich an die Vinzenzgemeinschaft Eggenberg weiter.
Vinzenz-Einrichtungen bleiben offen
„Wir sind in tiefer Trauer. Dennoch möchten wir betonen, dass alle Einrichtungen und Projekte trotz dieser Ausnahmesituation ihre Arbeit weiter fortführen und Menschen am Rande der Gesellschaft in ihrer Not auffangen. Wir bitten alle Menschen, die uns bisher verbunden waren, uns auch weiterhin zu unterstützen“, sagten Peter Pratl, Obmann der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg, und Amrita Böker, Koordinatorin der VinziWerke, in einer ersten Stellungnahme.
Pfarrer Wolfgang Pucher ist im Urlaub am 19. Juli 2023 nach einem medizinischen Notfall verstorben. Er wird uns allen fehlen.
[robert sonnleitner]
Anmerkung der Redaktion:
Medienbüro-Redakteur Robert Sonnleitner konnte noch vor zwei Wochen einen Podcast mir Pfarrer Wolfgang Pucher aufnehmen. Dieser wird in den nächsten Tagen erscheinen.
Nachrufe im ORF
Der ORF ändert sein Programm und bringt am Sonntag, 23. Juli 2023 um 9.05 Uhr in ORF2 ein Porträt des VinziWerk-Gründers.
Außerdem bringt die "Lebenskunst" am Sonntag, 23. Juli 2023 in Ö1 einen Nachruf bzw. in "Religion Aktuell" um 18.55 Uhr in Ö1.