Führungskompetenz lernen?
„Leitung kann man schwer lernen“, so die provokante These des Bildungsreferatsleiters der Ordensgemeinschaften, Rudolf Luftensteiner, zu Beginn des viertägigen Arbeitstreffens in Neusiedl (7.-10.11.2016). „Ich kann aber mithilfe von Tools meine Fähigkeiten verbessern“, ergänzt er die hoffnungsvolle Seite der Medaille. In seinem Anfangsstatement vor 50 Direktorinnen und Direktoren von kirchlichen Volks- und Sonderschulen aus ganz Österreich betont er die Bedeutung der Persönlichkeit in der Leitung - insbesondere einer kirchlichen Schule. „Unser Gott wird in erster Linie nicht gelehrt und gelernt, sondern bezeugt.“ In Ordensschulen hätten die Gründerinnen und Ordensfrauen lange diese Bezeugung gelebt. Die Wegbegleitung durch Ordensleute ginge nun aber zu Ende, konstatiert Luftensteiner. „Dadurch sind die Direktorinnen und Direktoren die ersten Zeuginnen und Zeugen.“ Wie sie mit den Eltern und Kindern, mit den Lehrerinnen und Lehrern und mit allen anderen, die in einer Schule mitarbeiten, umgehen, das sei das erste Zeugnis einer christlichen Schule. „Wirklich merken tun wir uns, wie Menschen mit uns umgehen. Weniger, was sie gesagt haben.“

Wir können uns nicht mehr hinter Ordensleuten verstecken
Die Verantwortung der Schulleitung für das Schulklima strich Rudolf Luftensteiner heraus. „Ihr seid die Schlüsselkraft eurer Schule, ob Liebe und Wertschätzung dominieren. Wir können uns nicht mehr hinter Ordensleuten verstecken.“ Verantwortliche an kirchlichen Schulen sollten in ihre „seelischen und religiösen Sixpacks“ investieren, so Luftensteiner in Neusiedl. „Wieviel Zeit und Geld stecken wir in unsere körperliche Gesundheit?!“ Als Trainingsmodule für den religiösen Sixpack zählt Luftensteiner auf: Das Bewusstsein, nicht für sich selbst zu leben, sondern für andere. Zweitens das Gebet. „Wir können die uns anvertrauten Menschen ins Gebet nehmen, sie segnen. Besonders, wenn wir an Grenzen stoßen.“ Und drittens, voneinander zu lernen.

Was wir vom Telefonieren für persönliche Gespräche lernen können
Das Voneinander-Lernen hat in vier gemeinsamen Tagen seinen rechten Platz. Als externer Trainer wurde bereits zum zweiten Mal Gerhard Egger eingeladen, ehemaliger Mister Tirol, ORF-Dancing-Stars-Tänzer und Coach sowie Trainer für Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Die Bedeutung des Trainings, sowohl körperlich als auch in der Kommunikation, unterstrich neben Luftensteiner auch Egger. „Wertschätzung kann trainiert werden“, ist die Überzeugung des GfK-Trainers. Die Grundlage jeder Kommunikation sei die Verbindung - wie beim Telefonieren. „Wenn Sie die Verbindung verlieren, würden Sie dann einfach weiterreden? Beim Telefonieren scheint es den meisten klar zu sein, aber wenn wir miteinander reden, passiert es häufig, dass wir immer noch reden, auch wenn die Verbindung schon längst verloren ist.“ Egger erklärte die drei Schritte „Türe öffnen“, „Spüren, worum es eigentlich geht“ und „Bitten“. Bewertung sei nicht grundsätzlich schlecht, allerdings müsse sie unbedingt am Anfang eines Gesprächs von der möglichst wertfreien Beobachtung getrennt werden, damit eine Verbindung zustande komme. „Zuerst muss man die Telefonnummer wählen!“ Offenheit für verschiedene Lösungen sei ein weiterer Schlüssel. „Wer nur eine Lösung für ein Problem hat, hat das Problem nicht verstanden.“

Theorie und Praxis
Was Führungkräfte von Jesuiten lernen können, wird P. Christian Marte, Direktor des Wiener Kardinal König-Hauses, im weiteren Verlauf der Tagung einbringen. Außerdem werden die Kolleginnen und Kollegen die teils neugebaute Neusiedler Klosterschule besichtigen, den Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel besuchen und einen Input des Geschäftsführers des Instituts für Führungskompetenz und Motivation, Werner Rauchenwald, bekommen. Das Treffen mit dem vollen Namen „Gesamtösterreichische Tagung der Schulerhalterinnen und Schulerhalter sowie Direktorinnen und Direktoren katholischer Volks- und Sonderschulen“ wird jährlich an einem anderen Veranstaltungsort in Österreich gemeinsam vom Bildungsreferat der Ordensgemeinschaften Österreich, vom Privatschulreferat des Interdiözesanen Amts für Unterricht und Erziehung und vom Institut für Fort- und Weiterbildung Religion an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems ausgerichtet.

[ms]
Die Direktorinnen und Direktoren kirchlicher Volks- und Sonderschulen tagen in Neusiedl am See. Inputs zum Thema Führungskompetenz bekommen sie aus der Gewaltfreien Kommunikation, von einem Tanzpädagogen, von einem Jesuiten, durch den gegenseitigen Erfahrungsaustausch - und von Wildgänsen. „Das Wichtigste ist die Persönlichkeit“, betont Rudolf Luftensteiner, Leiter des Bildungsreferats der Ordensgemeinschaften, die Grundlage jeder Führungskompetenz.