Mutbotschaft: Aus dem Rahmen fallen
Tanzen, oder das tun, was einem gerade gut tut! (c) unsplash
Eigentlich wollte ich gerade mit dem Altglas rausgehen, bin dabei in der Küche noch gestolpert und hab im Hinfallen noch gleich eine Flasche Preiselbeersirup mitgerissen. Glauben Sie mir, das gibt mehr als tausend Scherben und ein farbliches Szenario, das jeden Tatortkommissar erschaudern ließe. Mir ist Gott sei Dank außer ein paar kleinen Splittern in den Händen nichts passiert.
Aber was hat mein Missgeschick mit der derzeitigen Situation zu tun?
Als ich da so zwischen den Scherben saß, dachte ich mir, eigentlich möcht ich gerade echt gern aus dem Rahmen fallen. Ich hab meine Sehnsucht nach Weite und Freiheit gespürt und das Klirren und Zerbersten der Glasflaschen hat mir meine eigene Zerbrechlichkeit vor Augen geführt.
Viele Gedanken und Fragen
Ja, diese herausfordernde Zeit engt mich ein, viele Gedanken und Fragen kreisen in meinem Kopf, Sorgen, um meine Familie, um meine Freunde und dazu viele berufliche Fragen. Wie geht es den Kindern, wie den Kollegen, welche Entscheidungen gilt es zu treffen, werden wir den Anforderungen und Ansprüchen gerecht, wie geht es weiter, was kommt noch? Wenn ich Antworten auf all diese Fragen suche, dann spüre ich, dass ich mich verliere, weil ich immer weitergrabe und suche, weil es auf Vieles im Moment einfach keine klaren Antworten gibt.
Aus dem Rahmen fallen
Und in solchen Momenten merk ich dann, wie gut es tun kann, einfach einmal aus dem Rahmen zu fallen und das zu tun, was im Moment gerade guttut und nicht, was man denkt gerade tun zu müssen.
Die unendliche Stille der Schule fordert mich in diesen Tagen extrem, aber es wird leichter, wenn ich mir gestatte, die Musik auf volle Lautstärke zu stellen und vielleicht auch mal über den Gang zu tanzen. Ich vermisse die Nähe von mir lieben Menschen, so manch liebgewonnenes Ritual, so manch liebevolle Umarmung, aber es wird leichter, wenn ich mir gestatte, eine Pause zu machen und mich in die Sonne zu setzen.
Dort kann ich in Ruhe die Augen schließen, mich an den vorbeiziehenden Bildern meiner Erinnerungen sattsehen und mich in der Vorfreude bergen , einander hoffentlich bald wieder zu begegnen, um dann die liebevolle Umarmung ganz bewusst wieder neu zu erspüren und zu erwidern.
Manchmal braucht es Krisenzeiten, um zu erkennen, dass es gut ist, aus dem Rahmen zu fallen, dass es nicht nur in schwierigen Zeiten nicht darum geht, die Erwartungen anderer zu erfüllen, oder das zu tun, was man denkt, dass andere denken, dass man tun soll.
Im Moment leben
Sich ganz bewusst entscheiden, für das, was einem im Moment gerade wichtig ist, auf sich selber gut schauen, mit einem ähnlich liebevollen und barmherzigen Blick, wie wir ihn vielleicht auf die Menschen um uns haben, aber eben zu selten für uns selbst. Im Moment leben, das Gegenwärtige wahrnehmen und Schönheit und Dankbarkeit in kleinen Dingen erkennen.
Und dann halte ich es gut aus zu wissen, dass meine Fenster trotz Coronazeit ungeputzt bleiben und meine Regale unsortiert und ich stelle fest, ja, auch Glasscherben können schön sein, z.B wenn die Abendsonne sich in ihnen verfängt.
Zur Autorin: Doris Neuhofer , BeD MA Schulleiterin NMS Franziskanerinnen, Wels Der Text ist ursprünglich auf der Homepage der Diözese Linz erschienen. |
[elisabeth mayr]