Von der Wüste ins Stift I
Ob ein Bischof hilfreich oder kontraproduktiv für die Gründung einer Gemeinschaft war, lag auch immer daran, wie er seine Autorität genutzt hat (c) Österreichische Ordenskonferenz
Mit dem heutigen Tag, dem 10. November, tritt die neue Änderung im kirchlichen Gesetzbuch, Canon 579 CIC/83 in Kraft. Damit sind es dann nicht mehr Diözesanbischöfe, die ein Ordensinstitut gründen können, sondern es muss jeweils der Heilige Stuhl vorausgehend konsultiert werden und seine Zustimmung schriftlich bekunden.
Vor Gründung liegt langer Findungs- und Selbstfindungsprozess
Joachim Schmiedl, Professor für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Hochschule Vallendar beschreibt, dass Gründungen oft schwierige Unterfangen sind und waren.
Ihnen gehe oft ein längerer Prozess der Selbstfindung und der Findung von Gemeinschaft, Spiritualität und ganz konkreten Aufgabenstellungen voran:
„Man kann das besonders gut an den vielen, im 19. Jahrhundert entstandenen, caritativen Frauengemeinschaften und Kongregationen sehen. Das waren fast immer Freundinnenkreise, die eine konkrete Not vor Ort gesehen haben und auf diese reagierten, indem sie sich zu Vereinen zusammengeschlossen haben.“
Nach einiger Zeit hätten diese Zusammenschlüsse aber dann gemerkt, dass sie eventuell doch einer festeren Form bedürfen und begaben sich auf die Suche nach einer Satzung oder schlossen sich einer konkreten Spiritualität an, meist war diese franziskanisch oder vizentinisch.
Kirchenrechtsänderung wider natürliche Entwicklung
„Irgendwann wurde dann auch der Kontakt zum jeweiligen Bischof gesucht. Von daher ist das, was jetzt beschlossen wurde, dass nur mehr Rom die Entscheidungen zu Ordensgründungen trifft, nicht ganz einfach. De facto läuft dieser Beschluss der natürlichen Entwicklung beinahe zuwider.
Die Anfänge sind oft experimentell und lokal begrenzt. Bis sich eine Gemeinschaft über den regionalen Bereich hin ausdehnt vergehen oft Jahrzehnte, manche schaffen es erst nach hundert Jahren.“, umreißt Schmiedl, der 2018 Redner bei den Herbsttagungen der Ordensgemeinschaften Österreich war.
Bis sich eine Gemeinschaft über den regionalen Bereich hin ausdehnt vergehen oft Jahrzehnte, manche schaffen es erst nach hundert Jahren (c) Österreichische Ordenskonferenz
Wer hat mehr Einblick, Rom oder der Bischof
Die Frage sei, ob Rom wirklich immer den besseren Überblick habe. In deutschsprachigen Diözesen erlebe man heute oft sehr deutlich, dass Rom sich in viele Dinge einmische und die Belange und die Meinung der Ortskirchen nicht respektiere.
Ob ein Bischof hilfreich oder kontraproduktiv für die Gründung einer Gemeinschaft aufgetreten sei, habe auch immer an der Frage gelegen, wie ein Bischof seine Autorität ausgeübt habe: „Es gibt viele Beispiele von Gemeinschaften, die ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Bischof haben und damit gut gefahren sind.“, betont Schmiedl, aber natürlich würden sich auch andere aufzählen lassen, für die es besser gewesen wäre, zu anderer Zeit oder unter anderem Bischof gegründet worden zu sein.
Ordensgründungen immer unabhängig
Grundsätzlich sind Orden nicht durch Planung der Kirche, ihrer Oberhäupter, ihrer Päpste oder Bischöfe entstanden. Doch trotz dieser Unabhängigkeit von der Amtskirche sei die offizielle Bestätigung durch diese irgendwann doch immer ein zentrales Anliegen, um sich als Teil der Kirche anerkannt zu wissen, gewesen.
Oder sich, wie Franziskus von Assisi sagt „den Füßen des Herren Papstes zu unterwerfen“.
Schmiedl betont aber auch, dass das nicht immer sehr glatt lief: „Das sich das auch über sehr lange Zeit ziehen kann, sieht man beispielsweise an der Congregatio Jesu, bei der es fast vierhundert Jahre dauerte.“
Ein Film über Mary Ward, die Gründerin der Congregatio Jesu. Eine Gemeinschaft bei der die Anerkennung fast 400 Jahre brauchte. (c) magdalena schauer-burkart
Unterschiedliche Ausgangssituation zwischen apostolischen und Frauengemeinschaften
Schmiedl weist daraufhin, dass Männergemeinschaften sich immer viel stärker nach Rom orientiert hätten als Frauen, da sie Priestergemeinschaften waren und ihre Flexibilität auch behalten wollten: „Für einen Franziskaner ist es von seiner Spiritualität oder Aufgabe her egal, in welcher Diözese er wirkt. Diese Gemeinschaften legten schon immer Wert darauf, ihre Mitglieder flexibel einsetzen zu können.“
Bei Frauengemeinschaften habe sich eine ganz andere Situation gezeigt. Dadurch, dass diese immer in bestimmten Werken beschäftigt gewesen seien, waren sie viel stärker ortsgebunden. Schaue man auf benediktinische Gemeinschaften, ergäbe sich nochmals eine andere Struktur, da dort jedes Kloster quasi ein Bistum für sich darstelle.
„Die Sache ist sehr differenziert“ bewertet Schmiedl.
Weiterlesen:
Von der Wüste ins Stift II
Filmtipp: Die Entstehungsgeschichte der Ordensgemeinschaften Österreich:
[magdalena schauer-burkart]