Ordensschulen ganz im Zeichen von Diversität
Die beiden Moderatoren Clemens Paulovics und Michael Haderer "sendeten" live aus dem Kardinal-König Haus, die mehr als 70 Teilnehmer*innen verfolgten die Beiträge über Zoom. (c) Mayr
Schulen brauchen Vielfalt
Die Reihe der Vorträge eröffnete der Professor für Religionspädagogik i. R. Dr. Martin Jäggle mit dem Thema „Leben und Lernen in Gegenwart des/der Anderen.“
„Anders zu sein macht immer verletzlich, man ist außerhalb der Norm“, konstatiert er eingangs. Hier seien Schulen gefragt, einen „safe space" zu kreieren, der Anders-Sein zulässt und Diskriminierungen verhindert. „Strukturell diskriminierend“ ist seiner Meinung nach vor allem die Art, wie in Österreich das Deutsch Lernen verordnet wird. Mit der Ablehnung der Muttersprache wird zugleich auch die Herkunft abgewertet als etwas, wofür Schüler*innen sich schämen müssen.
Er plädiert dafür, in der Schule eine Form der Anerkennung zu etablieren, die nicht an Leistungen gebunden ist, „ansonsten hat das Mensch-Sein wenig Platz“. Keinen Platz haben Demütigungsrituale, wie Schüler*innen an der Tafel vorzuführen, wenn sie sich nicht dafür gemeldet haben. „Katholische Schule muss ein Ort sein, an dem man ohne Angst verschieden sein kann.“
Martin Jäggle und Melissa Erkurt standen nach ihren Vorträgen für Fragen der Teilnehmer*innen zur Verfügung. (c) Mayr
Schule muss allen eine Stimme geben
Die nächste Referentin, die Journalistin und Autorin Melisa Erkurt, sprach zum Thema „Warum Schule allen eine Stimme geben muss“.
Ein großes Anliegen ist es ihr zu zeigen, „dass Schüler*innen mit Migrationshintergrund anders behandelt und beurteilt werden als autochthone Kinder. Sie bekommen mit Schuleintritt einen Stempel, den sie zeitlebens nicht mehr wegbekommen. Woher auch, wenn niemand an sie glaubt.“ Hier wäre es in den Schulen wichtig, mit Vorbildern aus den jeweiligen Kulturkreisen zu zeigen, dass Migrant*innen mehr erreichen können als „beim AMS zu landen oder putzen zu gehen“.
Problematisch sieht sie gut gemeinte Alltagsrassismen, wie die beliebte Frage nach der Herkunft. „Kinder mit Migrationshintergrund kennen als Heimat Österreich und verstehen diese Frage nicht.“
Erkurt hält fest, dass Österreich ein Problem mit anti-muslimischem Rassismus habe, auch wenn weder Politik noch Medien diesen explizit benennen wollen. Denn: „Wenn man Dingen keinen Namen gibt, gibt es kein Problem.“
Zur Langversion von Tag 1.
„We work for tomorrow“
Nachdem am Montag die Grundlagen von Diversität und Diskriminierung abgehandelt wurden, stand der Dienstag ganz im Zeichen der Praxis des Zusammenlebens: Beispiele aus dem schulischen Kontext zeigten, wie religiöse Diversität in Schulen gelebt werden kann. Zur Langversion Tag 2.
Den Beginn machte der Liturgiewissenschaftler Peter Ebenbauer von der Katholisch-Theologischen Universität Graz, der in seinem Vortrag über gemeinsame Feiern in der Schule sprach. „Zusammenleben gelingt dann, wenn in der Unterschiedlichkeit ein Weg gefunden wird, um zusammenwachsen können. Dazu können gemeinsame Schulfeiern viel beitragen“, ist der Experte überzeugt.
Für gelingende Schulfeiern gelte es, im Vorfeld Rahmenbedingungen abzustecken, sei es, dass rechtlich alles abgeklärt wird oder die Organisation und Ablauf mit Schulleiter, Organisatoren und Lehrpersonal besprochen wird.
Er rät davon ab, auf Biegen und Brechen gemeinsame Feiern durchführen zu wollen, es gelte immer auf aktuelle Ressourcen zu schauen, „es kann und darf auch ein Entwicklungsprozess sein.“
Die Leiterin des Schulzentrums Friesgasse sprach über die "diversen" Angebote in den Schulen vor Ort. (c) Mayr
Willkommen in der Vielfalt
Die nächsten Gastrednerinnen waren aus dem Schulzentrum Friesgasse angereist, das sich in den letzten 25 Jahren als Vorbild hinsichtlich des Umgangs mit Diversität positioniert hat. Schulzentrumsleiterin Maria Schelkshorn dazu: „Die Vielfalt der Religionen, Kulturen und Sprachen wird bei uns stets als Reichtum, nicht als Nachteil gesehen.“
Es gibt viel Raum zum gemeinsamen Leben, Lernen als auch Feiern. Eine Besonderheit ist der Gebetsraum für Muslime, aber auch die Schulkapelle ist so gestaltet, dass sich auch andere Konfessionen zuhause fühlen und nützen können. Eine besondere Anerkennung ist der „Fries-Peace-Award“, der einmal im Jahr an Schüler*innen verliehen wird, die sich besonders für die Gemeinschaft in der Klasse eingesetzt haben.
Die Schüler*innenzahlen sprechen dafür, dass das Konzept der Schule aufgeht: „Zurzeit gibt es dort 40 Sprachen und über 20 Religionen und Konfessionen. Bei mehr als 60 Prozent der 1400 Schüler*innen ist Deutsch erst die Zweit- oder Drittsprache“, erzählt Schelkshorn nicht ohne Stolz.
„Wir sehen unseren Auftrag heute darin, die Schule zum Übungsfeld eines gelingenden Zusammenlebens mit verschiedenen Religionen zu machen, damit die Schüler zu dialogfähigen Menschen werden“, schließt Maria Schelkshorn ihren Vortrag.
Den Redner*innen aus dem Schulzentrum Friesgasse wurden im Anschluss als Dank Blumen überreicht. (c) Mayr
Trialog-Projekt „Café Abraham“
Im Anschluss daran stellten Elisabeth Wanek, eine AHS-Absolventin der Friesgasse, Amina Hasambasic und Hadassah Katharina Wendl das 2017 von Studierenden verschiedener Religionen gegründete Projekt Café Abraham vor, das bereits zweimal mit dem Kardinal-König-Förderpreis ausgezeichnet wurde.
Das Café fördert den interreligiösen Austausch oder den „Trialog zwischen Juden_Jüdinnen, Muslimen_Musliminnen, Christen_Christinnen abseits der Universität“.
Eine beliebte Methode dabei ist das „Scriptural Reasoning“: Einmal im Monat trifft man sich, um aus Tanach, Qur’an und Neuem Testament kurze Ausschnitte in Originalsprache zu einem bestimmten Thema zu lesen.
Weitere Veranstaltungen des Café Abraham sind unter anderem interreligiöse Filmabende, Exkursionen oder Workshops.
Zur Langversion Tag 2
[Elisabeth Mayr]