
Sr. Brigitta Raith und ihr mutiges Herz im Kongo
„Ich habe das Mehr im Weniger gefunden“, sagt die 65-Jährige. 1992, mit 32 Jahren, reiste sie erstmals aus – eigentlich nur für drei Jahre. Inzwischen hat sie ihr halbes Leben dort verbracht. Eigentlich hatte Brigitta Raith ganz andere Pläne: Lehrerin werden, heiraten, eine Familie gründen. Mit 25 spürte sie, dass Gott sie auf einen anderen Weg ruft. 1987 begann sie ihr Noviziat bei den Missionarinnen Christi in München. Dann zog es sie in den Kongo, mitten in den Urwald, in ein Dorf ohne Straßenanbindung und in vollkommener Abgeschiedenheit: kein Café, kein Kino, kein Theater – nicht einmal Fernsehen. Dort arbeitete sie in der Pastoral, mit Kindern, Jugendlichen, Frauen und Katechisten. „Viele hatten mich vor dem Schock des Urwaldes gewarnt. Doch ich kam an und hatte das Gefühl, heimzukommen“, erzählt sie. „Die Gemeinschaft der Menschen, die Natur und das einfache Leben – das hat mich sofort getragen.“

Sr. Brigitta Raith mit jungen Erwachsenen in Kinshasa, wo sie Seminare zur Persönlichkeitsbildung gibt. © Sr. Brigitta Raith Download
Heute leitet sie Seminare für Ordensleute, Lehrer:innen und junge Erwachsene in Kinshasa und im Landesinneren. Ihr Schwerpunkt: Persönlichkeitsbildung und innere Freiheit. „Viele Menschen haben nie gelernt, das Positive in sich zu sehen. Es berührt mich, wenn jemand nach einem Seminar sagt: Ich wusste gar nicht, dass etwas Gutes in mir ist.“

Berufsbildende Mädchenschule der Missionarinnen Christi im Urwald. Die Mädchen können zwischen den Zweigen Schneiderei oder Informatik wählen. © Sr. Brigitta Raith Download
Bildung und Gesundheit als Schlüssel für die Zukunft
Gemeinsam mit ihren Mitschwestern gründete Sr. Brigitta Raith eine berufsbildende Mädchenschule mitten im Urwald – „Motema Mpiko“, auf Lingala „mutiges Herz“. Dort können junge Frauen eine Ausbildung in Schneiderei oder Informatik absolvieren und so selbstständig für ihren Lebensunterhalt sorgen. In Kinshasa betreiben die Ordensfrauen zudem ein Gesundheitszentrum mit Entbindungsstation – „Kristu Mobikisi – Christus der Heiland“. „Bildung und Gesundheit sind Schlüssel für eine bessere Zukunft“, betont Sr. Brigitta.

Die Missionarinnen Christi führen eine Schule für Mädchen im kongolesischen Urwald. © Sr. Brigitta Raith Download
Leben zwischen zwei Welten
Ob im dichten Regenwald oder in der Millionenmetropole Kinshasa: Sr. Brigitta kennt die Herausforderungen. Unzuverlässige Strom- und Wasserversorgung sowie politische Instabilität prägen den Alltag. Seit 30 Jahren herrscht Krieg im Osten des Landes, und Korruption belastet das ganze Land. „Der Kongo ist wie ein Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann.“ Dennoch beeindruckt sie die Lebensfreude, die Hoffnungskraft und die Dankbarkeit der Menschen für jeden neuen Tag.

Sr. Brigitta Raith bei einem Spaziergang im Urwald - ihrem Sehnsuchtsort. © Sr. Brigitta Raith Download
Für sie selbst sind Gebet, Stille und die lebendige Liturgie vor Ort Quellen der Kraft. „Ich habe einen Platz dort. Meine Arbeit ist sinnstiftend und erfüllend.“ Für Sr. Brigitta ist der Kongo längst Heimat geworden. „Mein Herz schlägt dort, auch wenn ich in Österreich geboren bin.“
Kirche als verlässliche Stütze
Trotz gesellschaftlicher Spannungen erlebt Sr. Brigitta die Kirche als „moralische Kraft“ im Land: „Viele Schulen, Krankenhäuser und Sozialprojekte bestehen nur dank kirchlicher Träger.“ Sie selbst versteht sich als Brücke zwischen Generationen und Kulturen. „Manchmal habe ich das Gefühl, Europa und Afrika sind wie zwei verschiedene Planeten.“
In einem armen Stadtviertel von Kinshasa eröffneten die Missionarinnen Christi das Gesundheitszentrum „Kristu Mobikisi“ („Christus der Heiland“) mit Entbindungsstation. © Sr. Brigitta Raith Download
Ihr größter Wunsch für die Menschen im Kongo: Frieden. „All unsere Projekte können nur gelingen, wenn es endlich eine Regierung gibt, die das Wohl der Bevölkerung im Blick hat – und nicht nur die eigenen Interessen.“
Anmerkung der Redaktion: Seit der Aufzeichnung des Podcasts im Juni 2025 hat sich eine grundlegende Veränderung im Leben von Sr. Brigitta ergeben. Nach 33 Jahren in der Dem. Rep. Kongo wird sie nun nach Deutschland/Österreich zurückkehren und hier die Erwachsenenbildungsarbeit fortführen. In der Region Afrika (Kongo, Südafrika und Tansania) sind inzwischen über 40 afrikanische Schwestern. Damit diese ganz in die Verantwortung hineinwachsen, hat die Generalleitung der Missionarinnen Christi entschieden, dass die vier noch verbleibenden europäischen Schwestern sich zurückziehen und in ihre Heimatregion Deutschland/Österreich zurückkehren.

Sr. Brigitta Raith bei einer Fahrt auf dem Einbaum im Urwald der Demokratischen Republik Kongo. © Sr. Brigitta Raith Download
„Orden on air“ – der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich
Das Medienbüro der Ordensgemeinschaften Österreich hat im März 2022 den Podcast Orden on air ins Leben gerufen. Der Titel ist Programm: Ordensfrauen und -männer kommen vor den Vorhang – und vor das Mikrofon. Ziel ist es, Persönlichkeiten vorzustellen, Einblicke in das Leben von Ordensgemeinschaften zu geben und das Engagement von Ordensleuten in vielfältigen Bereichen sichtbar zu machen. Der Podcast ist überall zu hören, wo es Podcasts gibt.
Weiterlesen:
Missioniarinnen Christi im Kongo
Website der Missionarinnen Christi
Missionarinnen Christi (Ordens-Wiki)
[renate magerl]