Im Grazer Franziskanerkloster werden aktuell 54 Graduale und Choralbücher aus dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit digitalisiert und mittels Künstlicher Intelligenz (KI) übersetzt. Das Ziel des Projekts ist es, die Choralbücher Forscher:innen weltweit zugänglich zu machen.
Im Grazer Franziskanerkloster werden aktuell Graduale und Choralbücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert mittels KI übersetzt. (c) Pixabay/Friedrich Neumann
"Kaum jemand liest und übersetzt höchstpersönlich noch die alten, lateinischen Texte", wird Projektleiter Robert Klugseder von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in der "Kleine Zeitung" zitiert. Zuerst müssten die Bücher fotografiert, digitalisiert und schließlich mittels einer KI namens "Transkribus" übersetzt werden, so der Musikwissenschaftler.
Aus dem Foto filtert die KI die lateinischen handgeschriebenen Texte, erzeugt daraus einen digitalen Text und übersetzt diesen in die gewünschte Zielsprache. Ziel sei es, die Choralbücher Forscher:innen weltweit zugänglich zu machen: "Sie können sofort auf die digitalisierten Werke zurückgreifen und müssen nicht extra anreisen und die heiklen Werke händisch durchsuchen", so Klugseder.
KI wird von Studierenden trainiert
Zwar ist der Einsatz von KI in der Geisteswissenschaft bereits üblich, nicht etabliert sei jedoch das Erkennen und Digitalisieren von Gradualien: "Wir sind dabei, dies der KI beizubringen." Die Schwierigkeit seien nicht so sehr die Noten selbst, sondern die Übereinstimmung von Noten und Text automatisiert herzustellen. Dazu werde die KI aktuell von Studierenden trainiert, erklärte Klugseder.
Digitalisiert werden 54 Werke aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Es handelt sich dabei um Handschriften, sogenannte Graduale, die zum gemeinsamen Singen der gregorianischen Choräle verwendet wurden. Die Texte und Noten wurden auf Pergament gezeichnet und mit aufwendigen Initialen verziert. Somit sind die Bücher auch für die Liturgiewissenschaft von Interesse, da man mit ihrer Hilfe verfolgen kann, wie sich die Texte und Notationen im Laufe der Jahrhunderte verändert haben.
Durch EU-Förderung finanziert
Finanziert wird das einjährige Digitalisierungsprojekt durch eine EU-Förderung: Von den 120.000 Euro Projektkosten trägt die EU 90.000 Euro, den Rest teilen sich der Orden der Franziskaner und die Akademie der Wissenschaften. Als weiteres Vorhaben möchte Klugseder alle derartigen Werke in Österreich - auch der anderen Orden und Diözesen - digitalisieren. "Insgesamt gibt es etwa 300", so der Wissenschaftler. Aktuell sei Österreich im Blick auf die Digitalisierung des Kulturerbes noch säumig.
Quelle: kathpress
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[teresa bruckner]