Anlässlich seines Wien-Besuchs gewährte Pater Mykhaylo Chaban SDB, Provinzial der Salesianer Don Boscos in der Ukraine, Einblicke in die dramatischen Auswirkungen des Kriegs auf die Kinder und Jugendlichen, die sein Orden im Don Bosco Kinderheim in Lemberg betreut. Das Leben im Krieg hat bei den Menschen tiefe Spuren hinterlassen.
Ein Ordensmann als Hoffnungsträger: Pater Mykhaylo Chaban SDB spendet den traumatisierten Kindern Hoffnung und Trost. (c) kathpress/Pernsteiner
Der 46-jährige Ordensmann leitet nicht nur die ukrainische Ordensprovinz, sondern auch das Kinderheim in Lemberg, in dem sich die Salesianer Don Boscos voller Mitgefühl um die ihnen anvertrauten jungen Menschen kümmern. Vor kurzem war Pater Chaban zu Besuch bei Don Bosco Mission Austria in Wien, um mit Bruder Günter Mayer SDB die Nothilfe für die Ukraine zu koordinieren. In einem Interview schildert er die erschütternden Schicksale, mit denen seine Schützlinge konfrontiert sind, und wirft ein Licht auf die Hoffnungsimpulse, die sein Orden zu setzen versucht.
Pater Mykhaylo, worunter leiden die Kinder und Jugendlichen in der Ukraine am meisten?
Es gibt kein normales alltägliches Leben mehr. Fast jede Familie hat einen Verwandten oder Elternteil verloren. Väter sind im Krieg gestorben, Mütter wurden verletzt oder flüchteten. Viele Kinder haben nur noch einen Elternteil, bei dem sie aufwachsen. Unter diesen Lebensbedingungen müssen ganz viele Buben und Mädchen in der Ukraine jetzt leben. Und das ist eine große Belastung.
Was sind die größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung ist die instabile Lage. Man weiß nicht, was einen morgen erwartet. Werden wir wieder bombardiert? Muss die Schule wieder geschlossen werden? Haben wir Licht? Gibt es fließendes Wasser? Wir können nichts planen, auch nicht in ein paar Monaten. Russland setzt seinen Angriffskrieg fort und ein Ende ist nicht in Sicht. Und je länger der Krieg dauert, umso größer werden auch die psychologischen Probleme.
Ein Stück Normalität mitten im Krieg: Die Kinder werden von den Ordensleuten durch Gemeinschaftserlebnisse in der Schule, beim Sport und auf Ausflügen gestärkt. (c) Don Bosco Mission Austria
Wie helfen die Salesianer Don Boscos den Menschen in der Ukraine?
Wir versorgen die Menschen mit Lebensmitteln, warmer Kleidung, Decken und Öfen, Gaskochern und Generatoren, die Strom erzeugen. Kinder leiden besonders unter dem Krieg. Bei Don Bosco bekommen sie ein Stück Normalität zurück. Wir versuchen, sie mit Sport, Ausflügen, dem Schulbesuch oder auch einer Berufsausbildung zu stärken. Wir wollen ihnen Mut machen und Hoffnung geben. Das Leben von früher gibt es nicht mehr, aber es wird zurückkommen. Diese Zuversicht wollen wir ihnen vermitteln.
Was gibt Ihnen Kraft?
Kraft gibt mir der Mut der jungen Ukrainer. Sie geben nicht auf, sondern verteidigen ihre Heimat. Denn sie wollen in einem freien, demokratischen Land mit christlichen Werten leben. Die Menschen in der Ukraine sind sehr stark. Auch die Ukrainer, die jetzt in Europa sind, wollen zurückkehren, sobald der Krieg beendet ist. Die jungen Menschen machen uns Salesianern Hoffnung, dass nicht alles verloren ist.
Lichtblicke im Kriegsalltag: Die Salesianer Don Boscos versorgen die Menschen mit Lebensmitteln, warmer Kleidung, Decken, Öfen, Gaskochern und Generatoren. (c) Don Bosco Mission Austria
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Mein Wunsch für die Zukunft ist identisch mit dem aller Menschen in der Ukraine: Dass wir wieder ein normales Leben führen können. Die Kinder wieder zur Schule gehen. Und die Zukunft planen können ohne Angst zu haben. Wir sind alle müde, so zu leben und sehnen uns nach einem Leben in Sicherheit und Frieden.
[Das Interview mit Pater Mykhailo Chaban führte Kerstin Prestin.]
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[markus lahner]