Auch vor den katholischen Ordensgemeinschaften in Südtirol machen die Themen Überalterung und Nachwuchsmangel nicht Halt. Die diözesane Referentin für Orden und Kongregationen, Tertiarschwester Mirjam Volgger, ist dennoch um einen positiven Blick bemüht.
Sr. Mirjam Volgger, hier im Gespräch mit Abt em. Otto Strohmaier, ist trotz Nachwuchsmangels um eine positiven Blick bemüht. (c) ÖOK/emw
Konkret haben 201 der 286 Ordensfrauen sowie 65 der 180 Ordensmänner in der Diözese Bozen-Brixen bereits das 80. Lebensjahr erreicht, wie Sr. Mirjam Volgger, am Mittwoch im "Katholischen Sonntagsblatt" darlegte. Anlass dazu gab der kommende "Tag des geweihten Lebens" am 2. Februar 2023.
Der Überhang der älteren Generation verändere auch die Aktivitäten im Klosteralltag, betonte Sr. Volgger. Weiterhin seien die Senior:innen der Gemeinschaften noch imstande, "großartige Leistungen für unser Gemeinwohl zu erbringen". Dennoch müsse man, wenn es die Situation erfordere, auch Hilfe von außen annehmen. Als bemerkenswert bezeichnete die Provinzoberin der Tertiarschwestern des heiligen Franziskus, dass die jungen und jüngeren Mitschwestern und Mitbrüder damit kein wirkliches Problem hätten. Dies komme wohl daher, dass ihnen die Personalsituation schon frühzeitig bekannt gewesen sei.
Nachwuchsproblem als Spiegelbild unserer Zeit
Das Nachwuchsproblem in den Orden bezeichnete Sr. Volgger als ein "Spiegelbild unserer Zeit, in der nahezu alles infrage gestellt wird, wo fast jede Autorität angezweifelt wird, wo viele nur mehr ihre eigene Wahrheit kennen und anerkennen wollen". Dies gelte es jedoch nicht gleich abzulehnen, schließlich können Zweifel auch "der Beginn von etwas Neuem sein, von einem neuen Erkennen und Beleben auch traditioneller Werte in einem frischen Gewand".
Auch angesichts der Auflassung von Klöstern oder etwa kürzlich der Kapuziner-Ordensprovinz Österreich-Südtirol - der Südtiroler Teil gehört nun zur venezianischen Provinz - war die Ordensfrau um einen positiven Blick bemüht: Zwar schmerze es, wenn sich Gewohnheiten der Umgebung und des zwischenmenschlichen Umgangs änderten. Vielleicht seien mit dem Neuanfang jedoch auch neue Chancen verbunden. Jedenfalls habe keine der Ordensgemeinschaften ihre Türen geschlossen und man übe sich im "Loslassen", was ein "kontinuierlicher Vorgang" sei und "nicht unbedingt etwas ausschließlich Negatives" sein müsse, wie Sr. Volgger befand. Ein bloßes Nachtrauern der guten alten Zeiten wäre der falsche Weg.
Sinngebende Werte sind spürbar
Als unverändert bezeichnete die Ordensreferentin und Provinzialin die beiden "Säulen" des geweihten Lebens, welche das "auf Gott zentrierte Leben" sowie die "Empathie für unsere Mitmenschen" darstellten. Ordensgemeinschaften zeigten durch ihre Präsenz und ihr Wirken die "praktische, dem Heil des Menschen dienende Umsetzung des Evangeliums". Wenn heute die Aufgaben der Orden zunehmend auch in weltliche Hände gelegt würden, bedeute dies nicht zwangsläufig einen Verlust an Spiritualität. "Ganz im Gegenteil - man spürt den Hunger der Menschen nach sinngebenden Werten, die in unserem Evangelium zu finden sind", so Sr. Volgger.
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Neuordnung der Kapuzinerprovinz Österreich-Südtirol
[teresa bruckner]