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01. September 2022

Klosterbibliothek in Lambach wird mit Vatikan-Expertise geordnet

Etwa 25.000 Bände der Klosterbibliothek der Benediktinerabtei Lambach werden in den Bibliothekssälen von sieben angehenden Historikerinnen und Historikern der Universität Augsburg erfasst - unter Federführung der früheren Vatikan-Bibliothekarin Christine Grafinger.

 

Gemeinsam wird eifrig gearbeitet, die Bibliothek des Stiftes Lambach wieder benutzbar zu machen. (c) Gudrun Sailer/Vatican News

Studentinnen und Studenten des Fachs Geschichte an der Universität Augsburg ordnen zurzeit unter der Regie von Christine Grafinger, eine ehemalige Bibliothekarin im Vatikan, die Klosterbibliothek des Stifts Lambach neu: Seit dem Zweiten Weltkrieg ist diese unsortiert und unkatalogisiert. Das soll sich nun ändern.

Nach drei Jahren befindet sich das Projekt derzeit in Halbzeit, erklärte Grafinger, die in Augsburg lehrt und ihre Studierenden in Lambach unterweist. Viele Bücher sind bereits katalogisiert, andere warten noch darauf. Erst kürzlich hat sie Papst Franziskus zum Mitglied des päpstlichen Historikerkomitees ernannt.

Nachschub gibt es bei den rund 25.000 Beständen immer zu holen. (c) Gudrun Sailer/Vatican News

Schäden durch den Krieg

Die Bücher wurden im Krieg ausgelagert und nach ihrer Rückkehr nicht mehr ordnungsgemäß in die Regale eingeordnet, erklärte Grafinger. Um die Bibliothek wieder zugänglich zu machen, wird derzeit in Excel-Dateien eingetragen, was für die künftige Benutzung der Bücher nötig ist: Standort, Erscheinungsjahr und -Ort, Verlag, Autor, Titel, ein thematisches Schlagwort, ein Verweis auf den Bibliotheksverbund, wo ein anderes Exemplar des Buches bereits nachgewiesen ist. Einige der Lambacher Bücher sind Einzelstücke, wie etwa die Predigtsammlung eines Kapuziners aus Linz, sagte die Expertin. "Dieses Buch ist weder in der Landesbibliothek noch in der Nationalbibliothek. Das ist bislang nur in Lambach nachweisbar. Dann muss man das halt händisch aufnehmen."

Schon zum dritten Mal dabei: Praktikant Stefan Neumann. (c) Gudrun Sailer/Vatican News

Im Podcast berichteten die Studierenden über ihre Erfahrungen. Michael Rössle, fand etwas "Schönes": "Einen Kupferstich von Assisi, sehr schön gemacht, ausklappbar". Das Buch von 1721 mit dem Titel "Die Liebligkeit des Paradeis-Hügels" über Orden sei durch eine Spalte in der Mitte des Buches aufgefallen. Lara Bolz zeigte sich erfreut über das Geheimnis, das ein Buch hütet. Stefan Neumann findet dieses Praktikum so spannend, dass er schon zum dritten Mal dabei ist. "Ich habe mich oft dabei erwischt, dass ich mich ein bisschen auch in dem Buch verliere, gerade bei älteren Sachen, die seltener sind, Frühdrucke zum Beispiel mit Stichen und Holzschnitten, das ist auch handwerklich schön. Und man lernt dann auch vieles dabei."

Erfasst werden Bücher vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Im vergangenen Jahr entdeckten die Kloster-Praktikanten in den ungeordneten Beständen auch Inkunabeln, also Wiegendrucke aus der Frühzeit des Buchdrucks vor 1500. "Es sind sehr viele Bücher aus dem 16. Jahrhundert da, vor allem juristische Bücher, theologische Schriften, auch Predigtsammlungen", sagte Grafinger. "Überraschenderweise auch viele jesuitische Predigten gegen Luther und die lutherische Lehre und auch philosophische Schriften aus dem 18. Jahrhundert."

Vatikan-Bibliothekarin Christine Grafinger leitet das Projekt. (c) Gudrun Sailer/Vatican News

Wichtige Schreibstube im Mittelalter

Das oberösterreichische Stift, gegründet 1056, ist berühmt für seine Handschriften. Lambach gilt als wichtige Schreibstube, in der über Jahrhunderte kundige Mönche Texte nach alten Vorlagen kopierten und manchmal auch ergänzten. Bekannt ist das Rituale von Lambach, das Grafinger für seine "wunderbaren, ganz feinen Federzeichnungen aus dem 13. Jahrhundert" besonders hervorhob.

Fund in einem Buch von 1721: Der Stich zeigt Assisi. (c) Gudrun Sailer/Vatican News

Zum Studium solcher Kostbarkeiten hatte die Gmundnerin einst mit ihren Augsburger Studierenden die Stiftsbibliothek angesteuert - und dabei erst von der ungeordneten Sammlung der gedruckten Bücher erfahren. Bei Abt Maximilian Neulinger habe sie angefragt, ob sie da nicht helfen könnte, worauf dieser erfreut zugestimmt habe. "Wir Benediktiner gehen ja gerne mit der Flagge durch das Land, mit dem Wahlspruch ora et labora et lege (bete, arbeite und lese). Da sind eben auch Buchstaben gemeint und Bücher", erklärte der Abt. Ein Benediktinerkloster ohne Bücher, sei eigentlich nicht vorstellbar. Insofern sei es auch gut, wenn hier wieder Ordnung einkehrt.

Ein Gewinn ist die Erfassung der Bücher für alle: Vier Wochen beherbergt und verköstigt das Kloster die Studierenden in der Klausur bei den Mönchen statt im Gästetrakt, weil dort derzeit 19 Flüchtlinge aus der Ukraine wohnen. Die Augsburger katalogisieren die Bücher und sammeln unschätzbare praktische Erfahrungen. "Es ist eine tolle Gelegenheit, hier leben zu können, diesen Mönchs-Alltag auch mitzuerleben", sagte etwa Noah Barthelmes, "und gleichzeitig dann noch auf der Arbeit eben auch noch mal so einen Einblick in wirklich historische Objekte zu bekommen".

Der Abt des Stifts Lambach, Maximilian Neulinger, freut sich, dass die Bibliothek bald wieder benutzbar sein wird. (c) Gudrun Sailer/Vatican News

Der Projektabschluss ist mit 2024 geplant. "Wir sind sehr dankbar für dieses Projekt, und wir schätzen immer auch die Begegnung mit den Studierenden", resümierte Abt Maximilian. "Es ist auch gut zu erleben, dass noch andere Menschen, andere Generationen fasziniert sind von diesem Medium Buch, aber auch von der klösterlichen Welt. Es ist auch eine sehr sanfte Vermittlung und Kommunikation unserer Lebensweise."

Quelle: Kathpress, Vatican News


Weiterlesen:

Website des Stifts Lambach

[elisabeth mayr]

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