„Die Zukunft beginnt heute“
Sr. Sophia und Sr. Herlinde beenden ihren langjährigen Dienst am Schulstandort Steyr. Sr. Cordula, Generaloberin der Barmherzigen Schwestern,
dankte den Leiterinnen und deren Teams und übergab ihnen Geschenke an „jene, für die wir hier in St. Anna arbeiten: für die Kinder.“ (c) VOSÖ
Nach 170 Jahren des Einsatzes für die Bildungseinrichtungen in St. Anna haben sich die letzten beiden Schwestern, Sr. Sophia Mathae und Sr. Herlinde Graser, vom Schulstandort zurückgezogen. Im Rahmen eines Festgottesdienstes wurde ihr langjähriger persönlicher Einsatz für den Bildungsstandort sowie die historische Leistung der Barmherzigen Schwestern für St. Anna im Allgemeinen gewürdigt und bedankt.
„Mut machen für die Zukunft“
Als Zelebrant des Festgottesdienstes fungierte Altbischof Maximilian Aichern OSB, der anhand einiger persönlicher Erinnerungen an gemeinsame Feste und Feiern auf seine langjährige Verbundenheit mit der Schwesterngemeinschaft und den beiden Schulen zurückblickte. Aichern dankte auch der Vereinigung von Ordensschulen Österreichs, seit 2014 Schulerhalter von St. Anna, und der Ordenskonferenz für die Weiterführung des Bildungsstandortes und das „Mut machen“ für die Zukunft. „St. Anna war und ist ein Ort, wo wir Gott als den sorgenden Hirten erleben können. Auch bei einem Wohnortwechsel bleiben wir alle im Hause Gottes daheim. Unser Herz kann frei von Angst sein. Der Herr ist das Leben.“
In ihrer Begrüßung betonte die Geschäftsführerin der VOSÖ, Maria Habersack, dass Glaube und wahrhaftige Liebe aus dem Gründungscharisma für die Schwesterngemeinschaft in der gesamten Zeit ihres Wirkens Anspruch und Auftrag waren und bekräftigte, dass „St Anna auch weiterhin ein lebendiges Zeugnis ihres Wirkens sein werde“.
Die Not sehen, sich von ihr berühren lassen und handeln.
Dieser Leitspruch des Ordensgründers, hl. Vinzenz von Paul, sei über 170 Jahre programmatisch für den Einsatz der Schwestern am Bildungsstandort St. Anna gewesen, hielt VOSÖ Vorstandsvorsitzender Rudolf Luftensteiner in seinen Dankesworten fest.
Die Barmherzigen Schwestern waren seit 1849 in Steyr – St. Anna war damals ein Armenspital. Die Schwestern übten dort die Krankenpflege aus. Steyr war damals eine Industriestadt geworden. Damit war viel Elend von Kindern und Jugendlichen verbunden, was dazu führte, dass die Schwestern – mit Unterstützung der Industriellenfamilie Werndl – 1860 ein Waisenhaus gründeten. Dies war ein klares Zeugnis für das Wesen der Nächstenliebe, wie sie der heilige Vinzenz sah und die dadurch Wirklichkeit wurde: Die Not sehen, sich von ihr berühren lassen – und handeln.
1879 kam die Volksschule und wenige Jahre später die Bürgerschule dazu. 2003 wurde das Internat geschlossen und in der unmittelbaren Folge ein Hort aufgebaut. 2012 – 2014 erfolgte eine sehr großzügige Sanierung der Bildungseinrichtungen. 2014 wurden die Einrichtungen des Standortes Steyr an die VOSÖ übergeben.
Heute führt der Standort 9 Volkschulklassen, 14 Mittelschulklassen und 5 Hortgruppen. Mit der Übergabe von St. Anna haben die Barmherzigen Schwestern den Grundstein gelegt, dass auch bei weniger werdendem Ordensnachwuchs die Zukunft der Bildungseinrichtungen im Geiste des heiligen Vinzenz von Paul und der heiligen Luise von Marillac weiter bestehen können.
Sowohl der Schritt der Generalsanierung als auch der Schritt der Übergabe der Bildungseinrichtungen von St. Anna 2014 und der Übertragung der Liegenschaften in das Institut österreichischer Orden im Jahre 2020 waren für den Orden große Schritte der Weitergabe eines historischen Erbes.
Das Wirken der Schwestern spürbar fortsetzen
„Doch aus ihrer Geschichte wissen die Schwestern bestens“, hält Luftensteiner fest, „wie schwer es immer wieder ist, Gelder für die Verwirklichung von Ordenswerken aufzutreiben. Heute stehe ich hier und kann für diese Schritte und Gaben sowie für das Vertrauen, das sie in die VOSÖ setzen, nur DANKE, Vergelt`s Gott sagen.“
St. Anna nehme heute auf Basis des vinzentinischen Charismas in der Bildungslandschaft von Steyr einen Spitzenplatz ein. Dafür hätten die Schwestern die Basis gelegt. Sein besonderer Dank gelte der bereits verstorbenen Sr. Maria-Theresia für ihr Eintreten für den Fortbestand der Schulen von St. Anna. Die Pädagog*innenteams heute setzen das Wirken der Schwestern spürbar fort. Ein großes Danke gebühre hierbei den drei Leiterinnen, Volksschuldirektorin Ulrike Silber, Mittelschuldirektorin Elisabeth Postlmayr und Hortleiterin Lisa Lemberger für das Leben der vinzentinischen Werte im pädagogischen Alltag.
An die anwesenden Schwestern richtete Luftensteiner eine Bitte: „Beten Sie auch weiterhin für Ihr St. Anna und für alle, die hier lehren und lernen. Wir versprechen Ihnen, dass das vinzentinische Ordenscharisma unsere Arbeit prägen und tragen wird. Wir alle, die wir jetzt in und für St. Anna arbeiten, werden uns bemühen, ebenfalls Zeugen, Lebenszeugen der Liebe Gottes zu sein, und uns engagieren, um die Segensbasis durch unser Gebet auch weiterhin aufrecht zu erhalten.“
2014 wurden die Einrichtungen des Standortes Steyr an die VOSÖ übergeben. Geschäftsführerin Maria Habersack und
Vorstandsvorsitzender Rudolf Luftensteiner sagen in ihren Dankesreden den Schwestern ein herzliches "Vergelts Gott". (c) VOSÖ
Für die Vergangenheit danken
Die Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz, Sr. Christine Rod MC, zitierte in ihren Grußworten Papst Franziskus: Es gelte „für die Vergangenheit zu danken, die Gegenwart leidenschaftlich zu leben und die Zukunft voll Hoffnung zu ergreifen.“ In diesem Sinne ermutigte alle Pädagog*innen der Bildungsgemeinschaft St. Anna zu einem vertrauensvollen Handeln und Arbeiten in der Nachfolge der Schwestern.
Schule als zweite Heimat
Berührende und persönliche Worte fanden die beiden Direktorinnen, Ulrike Silber und Elisabeth Postlmayr. Ihr großer persönlicher Dank war an Sr Sophia gerichtet für die vielen Gespräche, für ihr Dasein, für ihre große Umsicht und ihre Sorge für die Kinder, die Menschen und das Haus.
Die Barmherzigen Schwestern hätten gemäß des vinzentinischen Leitsatzes – „Wir sind niemals am Ziel, sondern immer am Weg“ – immer in die Zukunft geschaut, waren immer der Realität zugewandt und haben für die Zukunftssicherung durch Übergabe an die VOSÖ 2014 gesorgt. „Der Geist von St. Anna lebt weiter – darum bemühen wir uns! Wir werden den Geist, den wir hier erfahren durften, weitertragen.“
Barmherzigkeit ist nie eine Einbahnstraße
Diese bildhafte Formulierung setzte die Generaloberin der Barmherzigen Schwestern, Sr. Cordula Kreinecker, an den Beginn ihrer Dankesworte. Barmherzigkeit wie immer ein Geben und Empfangen, verbunden mit Vertrauen und Dank. „Jeder Bauer ist traurig ohne Erben. Wir sind sehr glücklich, dass wir Erben haben und geben gerne weiter an die VOSÖ!“
Sr. Cordula dankte auch den Leiterinnen und deren Teams und übergab ihnen Geschenke an „jene, für die wir hier in St. Anna arbeiten: für die Kinder.“ Gerne folgte Bischof Aichern der spontanen Bitte der Generaloberin, ihre Geschenke zu segnen.
Mit einer gemütlichen Agape und guten Gesprächen fand die Dankfeier für die Barmherzigen Schwestern in St. Anna einen stimmungsvollen Ausklang.
Autorin: Regina Ahlgrimm-Siess
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„Der Boden wurde bereitet, die Pflanze kann wachsen.“
[kerstin stelzmann]