Sr. Hildegard Enzenhofer SDS leitet das Pflegehaus Beit Emmaus in Palästina, das massiv von den Corona-Einschränkungen betroffen ist. Sie selbst ist zurzeit in Quarantäne und wartet darauf, wieder nach Palästina reisen zu dürfen. Die Ordensgemeinschaften konnten Beit Emmaus im Jänner mit einer Spende unterstützen, auch jetzt ist Hilfe dringend nötig!
Sr. Hildegard Enzenhofer SDS mit Anna Steiner, die als Volontärin im "Beit Emmaus" mithalf. (c) Privat
„Durch einen unglücklichen Zufall“ war Sr. Hildegard Enzenhofer SDS gerade in Österreich, als Israel aufgrund der Corona-Maßnahmen die Grenzen dicht machte. Als Leiterin der Pflegeeinrichtung „Beit Emmaus“ stand sie nun vor der Herausforderung, den Betrieb aus der Ferne zu organisieren. „Corona verlangte viel von uns und hielt so manche Herausforderung für uns bereit“, fasst Sr. Hildegard den Alltag im Pflegeheim, der durch die Corona-Maßnahmen massiv eingeschränkt ist, zusammen.
Das „Beit Emmaus“ ist eine Pflegeeinrichtung für palästinische Frauen christlichen oder muslimischen Glaubens, die entweder aufgrund ihres Alters oder einer Behinderung auf Hilfe angewiesen sind. Das Heim wird von Sr. Hildegard und ihren salvatorianischen Mitschwestern geleitet. Es liegt nur einen Steinwurf von Jerusalem entfernt auf palästinensischem Gebiet. Die Bewohner der umliegenden Dörfer sind überwiegend Muslime.
Grenzen sind dicht
Ein großes Problem für die Versorgung des Pflegeheims sowohl mit Nahrung als auch mit medizinischen Produkten sind die geschlossenen Grenzen zwischen Israel und Palästina.
Die beschlossenen Ausgangssperren machen es MitarbeiterInnen unmöglich, zur Arbeit zu kommen. Dann „ist ein weiterer Brocken an Unterstützung weggebrochen“: Sämtliche Auslandsvolontäre, die im Heim mithalfen, mussten in ihre Heimatländer zurückkehren.
Mitarbeiter als große Hilfe
Kurz vor dem Lockdown wurden zehn Mitarbeiter gefragt, ob sie während der Corona-Pandemie auf dem Gelände bleiben könnten – der einzige Weg, um die Versorgung der 35 Bewohnerinnen zu garantieren. Seit Beginn der Krise halten ausschließlich diese zehn MitarbeiterInnen gemeinsam mit den Salvatorianerinnen den Betrieb im Pflegeheim aufrecht. „Wir sind so dankbar für diesen Einsatz, besonders weil es auch für sie sehr hart ist, nicht zu ihren Familien nach Hause zu können!“
Zumindest bekommen diese MitarbeiterInnen weiterhin ihr Gehalt ausbezahlt und können damit ihre Familien weiter unterstützen. Viel härter trifft es die Tagelöhner, die nicht mehr zum „Beit Emmaus“ kommen können. „Es ist unglaublich schwer für diese Familien, besonders für jene, deren finanzielle Situation schon vor Corona angespannt war. Hier auf dem Land leben viele Familien nahe oder unter der Armutsgrenze.“
Schwierige medizinische Lage
In einer Pflegeeinrichtung, die so abgelegen liegt wie das „Beit Emmaus“, sind medizinische Notfälle auch ohne Covid-19- Beschränkungen schwierig. Jetzt sind noch weit mehr Koordinierungsmaßnahmen nötig und es braucht viel mehr Genehmigungen.
„Das schwierige für die Bewohner ist auch, dass sie, sobald sie in Ramallah im Krankenhaus sind, nicht zurückkehren können – das Risiko, dass sie das Coronavirus mit ins Pflegeheim nehmen ist zu hoch“, so Sr. Hildegard. Die Spitalsumgebung ist ungewohnt und auch die Menschen sind ihnen nicht vertraut, das ist ein Stressfaktor.
Ungewöhnliche Maßnahmen
Nicht immer können Bewohnerinnen ins Krankenhaus gebracht werden. Sr Hildegard erzählt davon, dass eine Operation direkt im „Beit Emmaus“ durchgeführt werden musste. Zwei Chirurgen sind extra dafür angereist. Die OP dauerte zwei Stunden und die Bedingungen waren alles andere als ideal aber es ist alles gut gegangen. Natürlich musste das ganze Vorgehen mit Ministerium, Militär, den Ärzten und auch der Familie davor abgesprochen werden – ein enormer Aufwand, der sich aber gelohnt hat.
Sr. Hildegard erzählt, dass der Glaube momentan eine sehr große Rolle spielt. Das Beit Emmaus liegt in einer Gegend, in der ausschließlich Muslime leben. Aber man pflegte bereits vor Corona eine gute Nachbarschaft, jetzt ist man noch enger zusammengewachsen. „Wir sind eine Familie. Wir helfen einander.“ Der Glaube stärkt und trägt die Menschen, egal ob Christ oder Muslim. „Wir beten alle zu Gott und vertrauen darauf, dass er uns in dieser Situation hilft.“
Sorge um vieles
„Keine Besuche von den Angehörigen zu erhalten ist für die Bewohner – und auch für die Mitarbeiter – sehr belastend. Auch die finanzielle Situation ist alles andere als gesichert: Das „Beit Emmaus“ finanziert sich nur durch Spenden und die Dachorganisation „German Association of the Holy Land“ hat ihre wichtigste Einnahmequelle in diesem Jahr verloren: die Palmsonntagskollekte.
Sie sorgt sich auch darum, dass es nicht gelingt, den Virus draußen zu behalten.
Sie schließt den Bericht mit den Worten, dass sie mittlerweile seit 18 Jahren in Palästina wohnt, die Intifada, mehrere Kriege und andere schwierige Situationen miterlebt hat. Im Endeffekt „um mit den Menschen solidarisch zu sein, muss man hier gemeinsam mit ihnen leben und dieselben Erfahrungen machen.“
Quelle und Originaltext: CNEWA
[elisabeth mayr]