Klösterreise 2: Abt Petrus Pilsinger über Leitungsdienst: „Angstfrei führen ist wichtig“

Abt Petrus Pilsinger ist am 25. Februar 2025 als Abt des Stiftes Seitenstetten wiedergewählt worden. (c) ÖOK/emw
Im „Superwahljahr“ der österreichischen Stifte war Pilsinger einer der wenigen Vorsteher einer Klostergemeinschaft, der heuer im Amt wiedergewählt wurde. Das „eindeutige Vertrauen der Mitbrüder“ habe ihn „sehr gefreut“, gab Pilsinger unumwunden zu. Dies umso mehr, als er sich im letzten Jahr eine dreiwöchige Auszeit in Bad Kreuzen nehmen musste. „Ich stehe grundsätzlich zur Verfügung, ihr wisst gleichzeitig um meine Grenzen“, habe er daher im Vorfeld der Wahl zu seinen Mitbrüdern gesagt.

Journalist:innen erhielten auf der zweitägigen Pressereise der Österreichischen Ordenskonferenz Einblicke in die Welt der Klöster. (c) ÖOK/emw
Vorbild und Beratung
Die Benediktsregel enthalte ziemlich viele und detaillierte Regeln über den Abt, führte Pilsinger aus. Wichtig sei die Vorgabe, dass der Abt danach trachten möge, „mehr geliebt als gefürchtet zu werden“. Für den Seitenstettner Abt bedeutet das: „Man muss mit den Mitbrüdern so umgehen, dass man mit ihnen am Abend gemeinsam beten und essen kann.“ Oder anders formuliert: „Wichtig ist das direkte Gespräch, in dem man sich in der persönlichen Begegnung auch zurücknimmt.“ Dabei brauche es aber immer Offenheit, Probleme dürften nicht verschwiegen oder verharmlost werden, „es darf nichts anbrennen“, so Pilsinger. Bei all dem sei immer eine andere Regel des Ordensgründers im Blick auf den Abt zu beachten: „Er möge seine Mönche leiten mehr durch sein Vorbild als durch Worte.“
Von Amtsverweigerung hält Pilsinger wenig: „Wenn man als Abt gewählt wird, soll man das Amt annehmen, weil ein anderer sonst immer nur 'die zweite Wahl' wäre.“ Gut beraten sei ein Abt, wenn er sich beraten lässt. Dafür sehe die Ordensregel auch Mechanismen und Instrumente vor wie den Seniorenrat, den Wirtschaftsrat oder die Kapitelversammlung. Die Letztentscheidung bleibe bei Beachtung der Regeln aber immer beim Abt.

„Ora et labora et lege“ (Bete und arbeite und lies) - Leitgedanke der Benediktiner. (c) ÖOK/emw
Zu den schwierigsten Aufgaben eines Abtes zähle zweifelsohne der Umgang mit Missbrauchsfällen, die es in der Vergangenheit auch im Stift gegeben hat. „Jeder der Hilfe braucht, soll Hilfe bekommen“, betonte Pilsinger im Blick auf Betroffene. Schwieriger sei der Umgang mit Beschuldigten oder Tätern. So habe es in der Klostergemeinschaft kontroversielle Diskussion gegeben, wie mit einem wegen Verjährung letztlich nicht verurteilten Mitbruder umzugehen sei. Schließlich habe man sich dazu entschlossen, den Mitbruder in der Gemeinschaft zu belassen, „mit klaren Auflagen“. Dieser habe einen Arbeitsbereich ohne Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen und stehe laufend „unter Kontrolle“. Daneben gebe es laufend Präventionsschulungen im Konvent und auch ein Präventionskonzept für die Schule.
Ungebrochenes Gebet seit 1112
Wichtig für Seitenstetten sei der Stiftungsauftrag. „Wir sollen zuallererst für die Menschen beten, die uns anvertraut sind“, so Pilsinger, der sagte: „Seit unserer Gründung im Jahr 1112 ist das Chorgebet nie verstummt.“ Der zweite Auftrag sei die „Seelsorge in den 14 Pfarren, die uns anvertraut sind“. Ein wichtiger Arbeitsbereich sei auch das Gymnasium mit rund 450 Schülerinnen und Schülern.
Von den derzeit 25 Mönchen wohnen 18 dauerhaft im Stift, die anderen überwiegend in den Pfarren. „Seit ich Abt bin, sind sieben in das Kloster eingetreten, davon haben fünf die feierliche Profess abgelegt“, so Pilsinger.

Die Romanische Ritterkapelle ist ein besonderes sehenswertes Highlight im Stift Seitenstetten. Heute findet dort das Chorgebet der Mönche statt. (c) ÖOK/emw
Zur Person
Pilsinger, geboren am 3. Juni 1964 in Euratsfeld, studierte nach der Matura am Stiftsgymnasium Seitenstetten Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in St. Pölten. 1987 trat er in das Benediktinerstift Seitenstetten ein und wurde 1990 zum Priester geweiht. Vor seiner Wahl zum Abt war er unter anderem als Lehrer und Direktor des Stiftsgymnasiums tätig. In die Jahre seiner ersten Amtszeit seit 2013 fiel etwa die Renovierung der Wallfahrtskirche auf dem Sonntagberg sowie des Stiftskirchturms in Seitenstetten.

Chormäntel der Benediktiner vom Stift Seitenstetten. (c) ÖOK/emw
Das Stift Seitenstetten
Das Stift Seitenstetten wurde im Jahr 1112 von Stift Göttweig aus gegründet. Seine heutige barocke Ausformung, die ihm den Namen „Vierkanter Gottes„ gab, geht auf Planungen und Ausführungen des Baumeisters Josef Munggenast von 1718 zurück und war letztlich auch Vorbild für viele bäuerliche Vierkanthöfe kleinerer Dimensionen. Zum Stift gehört das Stiftsgymnasium, das seit 1814 ein öffentliches Gymnasium ist, ein Bildungshaus, das von der Diözese St. Pölten betriebene Jugendhaus Schacherhof und das Haus Gennesaret für geistliche Berufungen.
Quelle: kathpress