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21. Oktober 2025

Zeichen von Widerstand und Hoffnung: Steyler Missionare pflanzten Apfelbaum

Die Steyler Missionare pflanzten am 20. Oktober 2025 anlässlich des Endes des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren in St. Gabriel einen „Korbinians-Apfelbaum“. Die Sorte wurde vom bayrischen Priester und Nazi-Gegner Korbinian Aigner während seiner Gefangenschaft im Konzentrationslager Dachau gezüchtet. Der Baum gilt seitdem als Zeichen des Widerstands und der Hoffnung.

Br. Franz Aichhorn, P. Franz Helm, Br. Emanuel Huemer und Rektor P. Franz Pilz (v.l.) pflanzten einen „Korbinians-Apfelbaum“ in St. Gabriel.

Br. Franz Aichhorn, P. Franz Helm, Br. Emanuel Huemer und Rektor P. Franz Pilz (v.l.) pflanzten einen „Korbinians-Apfelbaum“ in St. Gabriel. (c) SVD

 

Rund 50 Personen nahmen an der Feierstunde vor der Heilig-Geist-Kirche teil, bei der Rektor P. Franz Pilz den Apfelbaum segnete, ehe er von Gärtner Br. Franz Aichhorn fachmännisch eingesetzt wurde. Die Initiative zur Pflanzung des Korbinians-Apfelbaums ging von Br. Emanuel Huemer und P. Franz Helm vom Team „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ der Steyler Missionare aus. Anlass war das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren und damit auch das Ende der Enteignung des Missionshauses St. Gabriel. Nach dem Wunsch der Steyler Missionare soll das Apfelbäumchen in Zukunft daran erinnern, dass es auch in der heutigen Zeit wichtig ist, hellhörig und wachsam zu sein, wenn die Demokratie bedroht wird.

 

Wie Br. Emanuel Huemer bei der Feier erläuterte, hängt die Geschichte des Korbiniansapfels eng mit der Lebensgeschichte des bayrischen Pfarrers und Pomologen Korbinian Aigner zusammen. Korbinian Aigner wurde 1885 in Hohenpolding (Bayern) geboren und 1911 zum Priester geweiht. Neben seiner Tätigkeit als Dorfpfarrer interessierte er sich für den Obstbau. Schon früh wurde er zum Gegner des Nationalsozialismus und übte offen Kritik an der menschenfeindlichen Partei. Aigner weigerte sich, Kinder auf den Namen „Adolf“ zu taufen, erkannte die Hakenkreuzfahne nicht als Nationalflagge an und äußerte sich verächtlich über die SA. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat Georg Elsers auf Adolf Hitler am 8. November 1938 soll er im Religionsunterricht in einer Stunde über das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten“ gesagt haben: „Wenn durch ein Attentat Millionen Menschen gerettet werden, dann ist das wohl keine Sünde.“ Wegen dieser Äußerungen wurde er denunziert und verhaftet. Er kam zunächst in Gestapo-Haft ins KZ Sachsenhausen, später wurde er ins KZ Dachau deportiert.

 

Br. Emanuel Huemer sprach bei der Feier unter anderem über die Geschichte des Korbiniansapfels.

Br. Emanuel Huemer sprach bei der Feier unter anderem über die Geschichte des Korbiniansapfels. (c) SVD

 

Im KZ vier Apfelsorten gezüchtet

Im KZ Dachau arbeitete er als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. „Ausgerechnet im Konzentrationslager gelang es ihm, neues Leben in Form von vier neuen Apfelsorten zu schaffen“, erklärte Br. Emanuel Huemer. Heimlich und unter Mithilfe einer jungen Ordensfrau habe er zwischen den Baracken vier Apfelbaumsorten – KZ-1, KZ-2, KZ-3 und KZ-4 – gezüchtet. „Korbinian Aigner überlebte im April 1945 den Todesmarsch der Häftlinge Richtung Südtirol – in seiner Häftlingsjacke trug er die kleinen Setzlinge.“ Wie Br. Emanuel Huemer erklärte, ist heute nur mehr die Sorte KZ-3 erhalten, die zum 100. Geburtstag Pfarrer Aigners den Namen „Korbiniansapfel“ erhielt und nach wie vor von Baumschulen gezüchtet wird.

 

Im Rahmen der Feier berichtete P. Franz Helm auch vom Schicksal des Missionshauses St. Gabriel und seiner Bewohner während des Zweiten Weltkriegs und am Kriegsende. Das Ordenshaus wurde 1941 von der Gestapo als „staats- und volksschädigendes Eigentum“ enteignet und ging in den Besitz der Stadt Wien über. Von 1941 bis 1945 wurde St. Gabriel von den Nationalsozialisten als Verwaltungszentrale der „Flugmotorenwerke Ostmark“ zweckentfremdet. Unter anderem wurden hier für die Arbeiter der Rüstungsbetriebe bis zu 6000 Mahlzeiten pro Tag gekocht.

 

Nach der Pflanzung und Segnung des Korbiniansapfels waren die Teilnehmer:innen eingeladen, den Baum zu gießen.

Nach der Pflanzung und Segnung des Korbiniansapfels waren die Teilnehmer:innen eingeladen, den Baum zu gießen. (c) SVD

 

Ordensmänner mussten St. Gabriel verlassen

Die Ordensmänner mussten St. Gabriel verlassen, die Patres kamen im Franziskanerkloster in Wien unter, viele Brüder wurden in der dem Orden übertragenen Pfarre Obermarkersdorf im Weinviertel untergebracht, einige wenige mussten weiterhin in St. Gabriel für die Machthaber arbeiten. „357 Steyler Missionare wurden zum Kriegsdienst eingezogen, rund ein Viertel fiel im Krieg oder galt als vermisst bzw. geriet in Gefangenschaft“, sagte P. Franz Helm.

 

Am Kriegsende im April 1945 kam es zu dramatischen Vorfällen: „Rektor P. Josef Loidl wurde von russischen Soldaten erschossen, die Ordensbrüder Augustinus und Remigius ereilte das gleiche Schicksal als sie die Schreckensnachricht nach Maria Enzersdorf bringen wollten. Auch fünf weitere Nicht-Steyler wurden im Haus von den Russen ermordet.“

 

Auf einer Tafel können Besucher:innen Informationen über den Apfelbaum nachlesen.

Auf einer Tafel können Besucher:innen Informationen über den Apfelbaum nachlesen. (c) SVD

 

Informationstafel für Besucher:innen

Nach der Pflanzung und Segnung des Korbiniansapfels am 20. Oktober 2025 waren die Teilnehmer:innen eingeladen, den Baum zu gießen und gut einzuwässern, damit er Wurzeln schlagen könne. Um die Besucher:innen von St. Gabriel über die besondere Geschichte des kleinen Bäumchens zu informieren, wurde davor eine Tafel montiert.

 

Zum Abschluss der Feierstunde fasste Br. Emanuel Huemer zusammen, wofür der Korbiniansapfel in St. Gabriel steht: „Das zarte Apfelbäumchen ist ein lebendiges Mahnmal für die Verletzlichkeit unserer Demokratie. Es soll daran erinnern, dass Demokratie stets neu errungen werden muss. Zumal antidemokratische Kräfte im Begriff sind zu erstarken und rechtsextreme Ideologie und Täter immer stärker vom Rand in die Mitte der Gesellschaft rücken.“ Der Apfelbaum solle auch daran erinnern, wach zu sein, wenn gesellschaftliche Konflikte aufgeladen und verschärft werden, wenn polarisiert, dramatisiert und Feindbilder konstruiert werden, weil das letztlich der Demokratie schade. „Vielleicht bringt das zarte, pflegedürftige Apfelbäumchen die Sorge um Erhalt und Verbesserung demokratischer Prozesse besser zum Ausdruck als jedes steinernen Granit-Monument es je könnte“, betonte der Steyler Missionar.

 

Quelle: Steyler Missionare

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Weiterlesen:

Website der Steyler Missionare

Steyler Missionare (Ordens-Wiki)

 

[teresa bruckner]


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