Studie beleuchtet Schicksal der Jesuiten in Tirol während der NS-Zeit

Die Innsbrucker Jesuitenkirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. (c) Jesuiten/Christian Ender
Die Jesuiten hätten sich die Frage gestellt, „was hier, wo wir täglich leben, essen und beten, während der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs passierte“, erklärte Pitscheider. Die Untersuchung zeigt, dass die Jesuiten von den Nationalsozialisten gezielt verfolgt wurden. Wegen ihrer Nähe zu Rom wurden sie vom Regime als gefährlich eingestuft. Gauleiter Franz Hofer setzte ab 1938 systematisch Maßnahmen zur Enteignung und Vertreibung. In Gebäuden, die zuvor den Jesuiten gehört hatten, wurden Finanzverwaltung, Polizei, Wehrmacht und der „Bund Deutscher Mädel“ (BdM) untergebracht. Aus dem Jesuitenkolleg in der Sillgasse wurde eine Polizeikaserne, die aufgehobene Theologische Fakultät diente ebenfalls militärischen Zwecken.
Auch andere Einrichtungen wechselten ihre Funktion. Der Zenzenhof bei Innsbruck, zuvor Erholungsort für die Ordensgemeinschaft, wurde zur Ausbildungsstätte für BdM-Führerinnen. Ein landwirtschaftlicher Betrieb in Ampass, der „Taxerhof“, wurde von der Wehrmacht für eine Fohlenzucht genutzt, während zugehörige Felder als Versuchsfelder für alpine Landwirtschaft dienten. Im Garten des Canisianums entstanden drei neue Villen.
Jesuitenkirche schwer beschädigt
Die militärische Nutzung machte das Areal zu einem Angriffsziel alliierter Bomber. Bei einem Luftangriff auf die benachbarte Waffenkammer wurde auch die Jesuitenkirche schwer beschädigt. Nach Kriegsende mussten die Jesuiten trotz politischer Zusagen auf die Rückgabe ihrer Gebäude warten. Bis 1957 nutzten die österreichische Polizei und die Jesuiten das Kolleg gemeinsam. Erst allmählich entwickelte sich aus dem Nebeneinander ein funktionierendes Miteinander.
Die Studie, die 2026 in Buchform erscheinen soll, wurde in Kooperation mit dem Archiv der Polizei, dem Stadtarchiv Innsbruck, dem Tiroler Landesarchiv und dem Diözesanarchiv erstellt. Wie es hieß, sei sie ein Beitrag zur Stadt- und Regionalgeschichte als auch zur österreichischen Kirchen- und Zeitgeschichte. Jesuitenpater Christian Marte betonte, die gemeinsame Forschung habe neue Netzwerke entstehen lassen. Antisemitismus und rechtsextremes Gedankengut seien auch in der Gegenwart nicht verschwunden.
Auch Buch „Kreuzwege“ widmet sich dem Thema
Im Vorjahr widmete sich der Philosoph und Autor Martin Kolozs in seinem Buch „Kreuzwege“ den Lebensgeschichten der Jesuitenpatres Johann Schwingshackl (1887-1945) und Johann Steinmayr (1890-1944). Als Mitglieder des Jesuitenordens bezogen die Südtiroler Bauernsöhne mit gleichem Vornamen, ähnlicher Herkunft und unbeirrbarem Gottvertrauen, während der NS-Herrschaft klar Stellung gegen Unrecht, Verfolgung und Unterdrückung und bezahlten ihre Nächstenliebe und Glaubensfreude mit dem Leben. „Kreuzwege – Lebensbild der Jesuiten Johann Schwingshackl und Johann Steinmayr“ erschien 2024 in Wien, herausgegeben vom Jesuitenkolleg Innsbruck.
Quelle: kathpress