Erzabt em. Korbinian Birnbacher berichtet von seiner Reise in den Tur Abdin

Erzabt em. Korbinian Birnbacher mit Timotheus Samuel Aktas, Erzbischof des Tur Abdin und Abt von Mor Gabriel. © Kathpress/Georg Pulling
Wir besuchten die historischen Stätten des syrisch-aramäischen Christentums, die hauptsächlich durch Klöster geprägt sind. Für mich waren vor allem die Begegnungen mit den Menschen unterschiedlicher Generationen, besonders den Mönchen und den Erzbischöfen Timotheus Samuel Aktas (Erzbischof des Tur Abdin und Abt von Mor Gabriel) und Erzbischof Philoxenus Saliba Özmen (Erzbischof von Mardin und Abt des Klosters Mor Hanayo Deyrulzafaran) von großer Bedeutung. Sie haben mit geringsten Mitteln, aber in großer Treue zum Ursprung, ihre Klöster auf der Basis des Evangeliums wiederaufgebaut. Wir durften auch anlässlich des Patroziniumsfestes von Kloster Mor Gabriel in einer feierlichen Liturgie den syrisch-orthodoxen Patriarchen Mor Ignatius Aphrem II. von Antiochia erleben, der erstmals dem Tur Abdin einen offiziellen Pastoralbesuch abstatten konnte. Ich persönlich durfte den Patriarchen schon einmal 2015 in Salzburg empfangen. Er erinnerte sich noch gut an unsere Begegnung und es freute ihn, dass ich das Brustkreuz, das er mir damals schenkte, im Tur Abdin auch trug.

Ein Höhepunkt der Reise war das Patroziniumsfest des Klosters Mor Gabriel. Im Bild: Die Delegation mit dem syrisch-orthodoxen Patriarch Mor Ignatius Afram II. (mitte). Links neben dem Patriarchen Erzabt em. Korbinian Birnbacher - er trägt das Brustkreuz, das ihm der syrisch-orthodoxe Patriarch bei einem Besuch in Salzburg geschenkt hat. © Kathpress/Georg Pulling
Neben den beeindruckenden Klosteranlagen, die oft aus Ruinen und mit viel persönlichen Einsatz von Mönchen und Laien gemeinsam (wieder-)errichtet wurden, hatten es mir besonders die Höhlenklöster angetan. Sie erinnerten mich in ihrer Architektur auffallend an die so genannten „Katakomben“ im Petersfriedhof von Salzburg, wo ja auch einst Mönche als Einsiedler lebten.

Überreste des Marienklosters bei Mardin: Das Höhlenkloster liegt im Süden der Türkei an der Grenze zu Syrien. Es erinnert an die „Katakomben“ im Petersfriedhof von Salzburg, wo auch einst Mönche als Einsiedler lebten. © Kathpress/Georg Pulling
Das Zeugnis der syrisch-orthodoxen Kirche im Tur Abdin habe ich als besonders glaubwürdig und hoffnungsvoll erlebt. Diese Solidaritäts-Reise und die zahlreichen Begegnungen mit Menschen, die zum Teil nach Jahrzehnten im west-europäischen Ausland wieder in ihre angestammte Heimat zurückgekehrt sind, haben mir gezeigt, dass sich eine Kirche – sofern sie sich auf die eigenen Wurzeln und Ursprünge besinnt und dabei offen bleibt für die Entwicklungen der Zeit – ohne Identitätsverlust auch über Jahrhunderte in einem nicht-christlichen Umfeld behaupten kann.

Erzabt em. Korbinian Birnbacher mit einer Familie aus dem Tur Abdin. © Kathpress/Georg Pulling
Neben den vielen Begegnungen mit Mönchen, Priestern und Bischöfen der syrisch-orthodoxen Kirche, hat mich besonders beeindruckt, dass die sinnenfreudig-lebendige Liturgie über die klerikale Hierarchie hinaus vor allem von Kindern und Jugendlichen sowie von Frauen geprägt ist. Die Pfarreien und Klöster, die wir besucht haben, sind zwar klein und personell oft nur schwach ausgestattet. Aber es sind Orte, wo sich seit über mehr als tausend Jahren Glaube ereignet. Vor allem die Klöster sind hier Orte der Kontinuität und des erneuten Aufbruchs, sind Zellen des lebendigen Glaubens, die generationsübergreifend anziehen und ausstrahlen.
Autor: Erzabt em. Korbinian Birnbacher