Erwin Kräutler erhofft neuen synodalen Schwung für die Kirche in Amazonien

Kompromisslos an der Seite der Armen: Für sein unbeirrtes Engagement an der Seite der Kleinbauern wurde Bischof Erwin Kräutler mehrfach mit dem Tod bedroht, 1987 wurde sogar ein Mordanschlag auf ihn verübt. © Kati Bruder
War die Kirche Amazoniens Ende der 1960er und bis in die 1980er Jahre hinein noch Vorreiter in gelebter Synodalität, so werde diese offene Grundhaltung in manchen Bereichen inzwischen „von einem neo-hierarchischen Prinzip“ und Geistlichen mit „pentekostalistischer Ausrichtung“ überschattet. Das habe zur Folge, dass Priester und Bischöfe plötzlich wieder fast uneingeschränkt autoritär würden. „Es bleibt zu hoffen, dass die ‚Synode zur Synodalität‘ nun doch eine Neubesinnung bewirkt“ und der Kirche wieder „neuen synodalistischen Schwung verleiht“, meinte Kräutler.
Von Voralberg nach Brasilien
Anlass des Interviews bot der 60. Jahrestag der Priesterweihe des aus Vorarlberg stammenden Bischofs am 3. Juli 1965 im Salzburger Dom. Unmittelbar danach ging Kräutler Anfang November 1965 nach Brasilien, wo er seither lebt und seit 1980 auch als Bischof wirkt. Gerade die Erfahrungen der kirchlichen Aufbrüche in Lateinamerika Ende der 1960er-Jahre mit den Bischofskonferenzen von Medellin (1968) und Puebla (1979) und später die „Erste Versammlung des Volkes Gottes am Xingu“ (1984) hätten ihn tief geprägt: „Wir erlebten jedes Mal pur das, was man nun wieder Synodalität nennt, denn alle zusammen, gemeinsam – heute würden wir sagen synodalisch – erarbeiteten und beschlossen wir, nach einer Evaluation der vergangenen, die pastoralen Linien für die folgenden fünf Jahre.“
Dankbar für „Rückendeckung“ aus Österreich
Seine ganze Liebe gelte bis heute den Menschen am Xingu – auch wenn er seine Heimat Vorarlberg nicht vergesse: „Ich weiß längst, dass mein Platz hier am Xingu ist, im brasilianischen Amazonien“, bekräftigte der 86-jährige Kräutler. „Ich gehöre längst zu diesem Volk. (...) Nicht, dass ich meine Wurzeln vergessen hätte. Wenn ich im Ländle bin, spreche ich nach wie vor gerne Dialekt mit Urkoblacher Färbung! Ich fühle mich mit Kirche und Land Vorarlberg und Österreich über alle Jahrzehnte hinweg verbunden und bin dankbar für all die Rückendeckung, die ich seit 60 Jahren erhielt und immer noch erhalte. Aber meine Lebensaufgabe, zunächst als Priester und dann seit 1981 als Bischof, versuche ich hier zu erfüllen.“
Päpste als „Geschenke für die Kirche“
Sowohl Papst Franziskus als auch Papst Leo XIV. seien Geschenke für die Kirche speziell in Lateinamerika, erklärte Kräutler weiter. Mit der Amazoniensynode von 2019 und dem Synodalen Prozess habe Papst Franziskus Kirchengeschichte geschrieben, da Frauen erstmals auf einer Synode stimmberechtigt waren. Gleichzeitig habe er mit der Amazoniensynode auch dafür gesorgt, dass die „Sorgen und Anliegen der Kirche in Amazonien“ bekannt gemacht wurden. In einer ähnlichen Spur sieht Kräutler auch Papst Leo. Er stehe für ein besonderes Missionsverständnis, dem zufolge sich nicht nur die Botschaft, sondern auch der Bote selbst „inkulturieren“ müsse – in voller Offenheit und Bereitschaft, die Mitmenschen zu lieben.
Quelle: kathpress