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21. Mai 2025

Benediktiner in Jerusalem zwischen Krieg, Feindschaften, Dialog und Friedensinitiativen

In einer eindringlichen Stellungnahme unterstrich Abt Nikodemus Schnabel im Rahmen eines Pressegesprächs in Linz die besondere Rolle der Christinnen und Christen in Israel und Palästina: „Wir sind weder pro Israel noch pro Palästina – wir sind pro Mensch.“

Abt Nikodemus Schnabel

Bekenntnis zur Heiligkeit eines jeden menschlichen Lebens: Abt Nikodemus Schnabel sprach sich gegen die immer stärker werdende Enttabuisierung von Gewalt aus. © Diözese Linz / Johannes Kienberger

 

„Im Heiligen Land erleben wir gerade eine unvorstellbare Enttabuisierung von Gewalt. Der Gegner wird dehumanisiert und dämonisiert.“ - Das hat der Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei, Nikodemus Schnabel, am Montag bei einem Pressegespräch in Linz betont. Der andere gelte nicht mehr als Mensch, sondern als ein „Tier in Menschengestalt“, eine „Ratte“ oder ein „Monster“, so Schnabel wörtlich. Dieser Entwicklung hielten die Benediktiner das religiöse Bekenntnis entgegen, dass jeder Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen sei. Schnabel unterstrich dabei die besondere Rolle der Christen in Israel und Palästina: „Wir sind weder pro Israel noch pro Palästina - wir sind pro Mensch.“

 

Christ:innen zwischen den Fronten

Schnabel hält sich auf Einladung von „Pro Oriente“-Linz in Oberösterreich auf. Er ist u.a. Konsultor der Stiftung „Pro Oriente“. Seit dem 7. Oktober 2023 seien Christinnen und Christen sowohl durch Angriffe palästinensischer Terrororganisationen als auch durch militärische Aktionen der israelischen Armee ums Leben gekommen, berichtete er.

In den Kirchen des Nahen Ostens sei kein Platz für Schwarz-Weiß-Malerei, betonte der Abt. Christinnen und Christen würden sowohl Arabisch als auch Hebräisch sprechen. Sie würden tagtäglich die Vielfalt der Region leben. Entsprechend klar positionierten sich die kirchlichen Autoritäten: In all ihren Erklärungen stehe die Heiligkeit des menschlichen Lebens im Mittelpunkt - unabhängig von politischer Zugehörigkeit oder Herkunft.

So würden die Kirchen einerseits die sofortige Freilassung aller Geiseln fordern, andererseits aber auch ein Ende der Blockade humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Langfristig könne Friede nur gelingen, wenn politische Lösungen sowohl das Recht auf eine sichere Heimat für Jüdinnen und Juden als auch das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenserinnen und Palästinenser anerkennen.

 

Josef Pühringer, oberösterreichischer Altlandeshauptmann und Vorsitzender der Linzer „Pro Oriente“-Sektion

Appell gegen die Gleichgültigkeit: Neben Abt Nikodemus Schnabel mahnte auch Josef Pühringer, oberösterreichischer Altlandeshauptmann und Vorsitzender der Linzer „Pro Oriente“-Sektion, Solidarität mit Christ:innen im Heiligen Land ein. © Diözese Linz / Johannes Kienberger

 

Hoffnungsinseln im Ozean von Leid

Das Bekenntnis zur Heiligkeit eines jeden menschlichen Lebens sei der Leitstern, dem die benediktinische Mönchsgemeinschaft der Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg und im Priorat Tabgha am Nordwestufer des Sees Gennesaret folge. „Wir wollen mit unseren beiden Klöstern Hoffnungsinseln im gegenwärtigen Ozean von Leid sein“, bekräftigte Schnabel.

Beide Klöster seien in den vergangenen Jahren nicht einen Tag geschlossen gewesen. Alle Mönche seien geblieben, nicht ein einziger der 24 lokalen Mitarbeiter sei entlassen worden. Man habe in Jerusalem auch einige kulturelle Akzente der Versöhnung gesetzt und als Seelsorger ein offenes Ohr für alle Menschen. Um niemanden von den Angestellten zu entlassen, würden die Mönche auf Rückstellungen für die Altersvorsorge zurückgreifen und seien auch für viele Spenden dankbar.

Abt Schnabel: „Von uns Mönchen hat jeder noch einmal sehr bewusst ‚Ja‘ zu einem Leben als Mönch im Heiligen Land gesagt. Niemand von uns ist gegangen, stattdessen hat Gott uns sogar einen Neueintritt in diesen Kriegstagen geschenkt.“

Die christliche Gemeinschaft mache mit nur ein bis zwei Prozent der Bevölkerung eine kaum wahrnehmbare Minderheit im Heiligen Land aus und sei dennoch ein aktiver Bestandteil der Friedensarbeit in der Region, so Abt Schnabel weiter. Doch die Existenz der christlichen Minderheit sei zunehmend bedroht: Neben der anhaltenden Sicherheitslage würden christliche Familien unter dem Einbruch des Tourismus leiden, der schon seit der Corona-Pandemie nahezu vollständig ausbleibt.

 

Christen im Heiligen Land nicht aufgeben

Der oberösterreichische Altlandeshauptmann und Vorsitzende der Linzer „Pro Oriente“-Sektion, Josef Pühringer, sagte bei dem Pressegespräch, dass Solidarität mit bedrängten Christinnen und Christen weltweit gefragt sei, besonders mit jenen im Heiligen Land. Auch dafür wurde die Stiftung „Pro Oriente“ einst von Kardinal Franz König gegründet.

Pühringer sprach die schwierige Lage der Christen an. Der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., habe zuletzt etwa davon gesprochen, dass im Gaza-Streifen inzwischen weniger als 600 Christen leben. Ihre Zukunft sei ungewiss, ihre Lage prekär. Dass zudem die Christinnen und Christen im Heiligen Land vielfach ums wirtschaftliche Überleben kämpfen, dürfe die Christen in Österreich nicht gleichgültig lassen, betonte Pühringer: „Das Heilige Land ist die Wiege unseres Glaubens. Wenn wir diese Menschen aufgeben, geben wir ein Stück unserer eigenen Identität preis. “ Die Linzer Sektion von „Pro Oriente“ wolle den ihr möglichen Beitrag zur Unterstützung der Christinnen und Christen vor Ort leisten.

 

Quellen: kathpress, Diözese Linz, PRO ORIENTE Linz

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Weiterlesen:

Dormitio-Abtei Jerusalem

Podcast „Orden on Air“ mit Abt Nikodemus Schnabel

 

[markus lahner]


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