Trauer um Abt em. Gregor Henckel-Donnersmarck, den „Spediteur Gottes“

Wie eine Fügung des Himmels: Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck starb am Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung Jesu (c) Stift Heiligenkreuz/ E. Fürst
Von 1999 bis 2011 stand der frühere Manager an der Spitze der Heiligenkreuzer Zisterzienser. Seit seiner Emeritierung als Abt lebte er sowohl in Wien als auch in Heiligenkreuz. Wiewohl medial nicht mehr so präsent wie früher, äußerte sich Henckel-Donnersmarck auch in den vergangenen Jahren immer wieder zu aktuellen Themen, hielt Vorträge, nahm an Veranstaltungen teil und schrieb Bücher.
Vom Manager zum Ordensmann
Gregor Henckel-Donnersmarck wurde am 16. Jänner 1943 als Ulrich Maria Karl Graf Henckel von Donnersmarck im schlesischen Breslau geboren. Nach der Flucht vor den Sowjets siedelte sich seine Familie 1945 zunächst in Bayern und dann in Kärnten an. Henckel-Donnersmarck studierte in Wien an der Hochschule für Welthandel, spondierte zum Diplomkaufmann und war dann bei der Speditionsfirma „Schenker“ tätig, ab 1973 als Geschäftsführer für die spanische Niederlassung in Barcelona.
1977 trat er als Novize im Stift Heiligenkreuz ein, nahm den Ordensnamen Gregor an und studierte Theologie. 1982 zum Priester geweiht, war er ab 1986 Prior in Stift Rein und ab 1992 Assistent des Zisterzienser-Generalabtes in Rom, ehe er von 1994 bis 1999 die Päpstlichen Missionswerke in Österreich als Nationaldirektor leitete. 1999 wurde Henckel-Donnersmarck zum 67. Abt des Stiftes Heiligenkreuz gewählt und stand diesem bis 2011 vor. In seine Amtszeit fiel u.a. der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Heiligenkreuz, des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. (16. Juni 2004) und des rumänisch-orthodoxen Patriarchen Daniel (14. Juni 2009). Weitere Höhepunkte während seiner Zeit als Abt waren die Erhebung der 1802 gegründeten Hochschule Heiligenkreuz zu einer Hochschule päpstlichen Rechtes, die Förderung des Gregorianischen Chorals mit dem Welterfolg der von den Mönchen herausgegebenen CD-Reihe „Chant“ sowie der Beginn des von Heiligenkreuz aus gegründeten Klosters Neuzelle in Brandenburg.
Wachstum in Stift und Hochschule
Bereits unter seiner Amtszeit zählte das Stift Heiligenkreuz zu den Klöstern mit den meisten Ordenseintritten, mit einem Wachstum des Konventes von 53 auf damals 88 Mönche mit einem Durchschnittsalter von nur 46 Jahren, wobei er 41 Novizen einkleiden konnte. Die Zahl der Studierenden an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz stieg in seiner zwölfjährigen Amtszeit von 63 auf 186. Henckel-Donnersmarck war ein gefragter Referent zu Themen der Wirtschaftsethik und der katholischen Soziallehre, Autor mehrerer Bücher und 2011 der erste hohe kirchliche Würdenträger, der einen Vortrag im Wiener Islamischen Zentrum hielt. Von 2003 bis 2007 war er auch Abtpräses der Österreichischen Zisterzienserkongregation.
Für sein Wirken erhielt Henckel-Donnersmarck zahlreiche Ehrungen, darunter das „Goldene Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich“ und die Ernennung zum „Konventualkaplan-Großkreuz ad honorem“ des Malteserordens, dem er seit 1998 angehörte und sechs Jahre lang als Ordensspiritual zur Seite stand.
Wirtschaft, Islam, Kirchenreformen
Henckel-Donnersmarck meldete sich immer wieder zu seinem Leibthema Wirtschaft zu Wort. Er forderte mehr Moral und Ethik ein und warnte vor einer „Entmenschlichung“ der Wirtschaft. Ebenso äußerte er sich wortgewandt zu Themen wie Migration, Islam oder Reformen in der Kirche. In einem Interview für die „Wiener Zeitung“ (24.12.2020) zeichnete er ein düsteres Bild der Kirche in Europa. Diese sei erschlafft und im Gegensatz zur wachsenden Kirche in Afrika, Asien und Teilen Lateinamerikas nicht mehr im Wachstum, sondern am Schrumpfen. Die Kirche müsse sich wieder auf ihre zentralen, wichtigen Botschaften konzentrieren und diese verkünden, so der Altabt. Henckel-Donnersmarck scheute freilich auch schwierige Themen nicht. So war er etwa 2019 Gast in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ zum Thema Missbrauch in der Kirche.

Scharfer Verstand und tiefes Gottvertrauen: Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck war für seinen lebendigen und humorvollen Glauben bekannt. (c) Stift Heiligenkreuz/ E. Fürst
Der Spediteur Gottes
In seinem 2018 veröffentlichten Buch „Der Spediteur Gottes: Ein Leben zwischen Welt und Kloster“ schreibt Henckel-Donnersmarck im Vorwort: „Ich bin kein Heiliger, ich bin ein Spediteur - und das auf zweifache Weise: Bei 'Schenker & Co' kümmerte ich mich darum, dass weltliche Waren von ihrem Produktionsort an den Abnehmer kamen. Als Geistlicher habe ich mich dann darum bemüht, dass die Ware 'Glauben', die in himmlischen Gefilden ihren Ursprung hat, ihren Weg auf die Erde findet. Der weltliche Spediteur ist unter anderem auch für die Verpackung der Ware, die er transportieren lässt, zuständig, und im Grunde ist das ja der geistliche Spediteur auch, denn er präsentiert seine Glaubensinhalte in einer Form, die ansprechend ist. Das Handeln des Priesters als Seelsorger und Spender von Sakramenten ist eine Art Dazwischentreten, nicht um zu trennen, sondern um den Kontakt überhaupt erst herzustellen. Er ist letztlich ein Vermittler geistiger Inhalte oder, anders gesagt, ein himmlischer Spediteur. Das ist es wohl, was ich im Eigentlichen bin.“
Schönborn: Beitrag zu „Blütezeit“
Kirchlicherseits meldete sich am Ostermontag Kardinal Christoph Schönborn zum Tod des Altabtes, seines langjährigen „lieben Freundes“, zu Wort. Mit Gregor Henckel Donnersmark sei er seit der Studentenzeit bekannt gewesen und viele Freunde - darunter er selbst - seien von seinem „Weg vom erfolgreichen Businessman zum Mönch“ bewegt gewesen, erklärte der emeritierte Wiener Erzbischof.
Mit Nachdruck wies Schönborn darauf, dass Stift Heiligenkreuz eine „Blütezeit“ erlebe und „die bei weitem nachwuchsreichste Abtei in unserem klösterreichen Land“ sei. Henckel-Donnersmarck habe mit seiner Persönlichkeit „einen erheblichen Anteil“ daran, neben anderen Faktoren wie die Hochschule, die Jugendpastoral oder das Priesterseminar Leopoldinum.
Beeindruckt habe ihn stets die „Spannweite seiner Kontakte“, so Schönborn über Henckel-Donnersmarck. „Er war Mönch, ohne seine vielen Verbindungen zu den Menschen 'in der Welt' zu verlieren.“ Die Krebserkrankung habe dabei noch einmal „eine Vertiefung gebracht, die uns alle beeindruckt hat“: Es wirke „wie eine Antwort des Himmels auf seinen stets lebendigen und humorvollen Glauben, dass er am Tag der Auferstehung Jesu, am Ostersonntag, sterben durfte“. Auch der Kardinal verwies dabei auf den Wahlspruch des Verstorbenen: „Der Herr ist wahrhaft auferstanden“.
Quelle: kathpress