Mit Zuversicht und Gottvertrauen die Zukunft der Klöster bauen
Die zurückgehenden Mitgliederzahlen werden als Herausforderung, ebenso aber als Chance für die Klöster gesehen, sich in der Gesellschaft neu zu positionieren. Dank ihrer hohen Kompetenz in Spiritualität und seelsorgerlicher Begleitung können Orden und Gemeinschaften in einer zunehmend säkulareren Welt gefragte spirituelle Oasen schaffen, so das Fazit.
Für eine Klostertransformation gibt es keine Rezepte
An der Tagung unter der Leitung von Christian Preidel, Professor für Pastoraltheologie in Luzern, und Urban Fink, Geschäftsführer der Inländischen Mission, wurde unter dem Titel „Klosterzwänge“ nach der Beziehung zwischen Raum und Mensch gefragt. Dabei wurde in drei Kurzreferaten der Fokus auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft von Klöstern, ihrer Geschichte, ihrer Situation im Hier und Heute sowie ihren Potenzialen für die Zukunft gelegt. Die Impulse und Beispiele der Referentinnen und Referenten aus Deutschland und Österreich wurden in kritischen Reflexionsrunden durch Impulse in den Schweizer Kontext gestellt.
Dabei wurde immer wieder betont, dass – gelungene – Transformationen von Klöstern nicht 1:1 auf eine andere Gemeinschaft, an einen anderen Ort übertragen werden können. Zu unterschiedlich sind dafür die Orden in ihrer spirituellen Ausrichtung wie auch in ihrer öffentlichen Wahrnehmung. Und ebenso verschieden sind auch die konkreten Gebäude, die es neu oder anders zu nutzen gilt. Die vorgestellten Projekte zeichneten sich denn auch dadurch aus, dass sie in enger Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft vor Ort, einer bevollmächtigten Vertretung der Umgebung, der Behörden sowie Fachleuten aus Architektur, Kunst und nicht zuletzt der Theologie entstanden sind.
Fachtung zur „Zukunft der Klöster“: Am 31. Januar 2025 trafen sich rund 70 Personen – rund die Hälfte davon Angehörige von Orden und Kongregationen – zu einer Standortbestimmung zum Thema „Klosterzwänge. Beziehungen zwischen Raum und Menschen“. © Inländische Mission
Einen Haltungswechsel vornehmen
Christian Bauer, Professor für Pastoraltheologie in Münster, ermutigte beispielsweise dazu, sich auf einen Haltungswechsel einzulassen und „ins Feld“ zu gehen, zu schauen, wie Gebäude und Areale andernorts neu genutzt werden. Umgekehrt lud er dazu ein, das eigene Kloster von außen anzuschauen, zu beurteilen oder kreativ umgestalten zu lassen. Bauer fasste es so zusammen: Statt ihr Angebot aufgrund der finanziellen und personellen Situation anzupassen könnten sich Kirchen – und Klöster – fragen, welche Präsenz sie künftig an einem Ort zeigen wollen und wie diese Form mithilfe Dritter entwickelt werden kann.
Aus dem Publikum wurden solche Impulse unterschiedlich aufgenommen: von der Anerkennung des Mutes, etwas ganz Neues zu wagen, bis zur kritischen Bemerkung, dass solche Pilotprojekte erst nach einer längeren Zeitdauer bewertet werden können. Ebenso wurde vor einer Gefahr der Beliebigkeit in der Um- oder multifunktionalen Nutzung, insbesondere von Sakralräumen, gewarnt.
„Klosterschreiberin“ Cornelia Hülmbauer stellte das Modell „Kloster als Schreibresidenz“ vor. © Inländische Mission
Kloster als Schreibresidenz
Grundsätzlich aber war man offen für kreative Ansätze und froh über den Austausch über gemachte Erfahrungen, um so den Blick für eigene Ansätze weiten zu können. Ein Modell stellten die Theologin Martina Resch und die Autorin Cornelia Hülmbauer mit dem Kloster als Schreibresidenz vor:
Im Fokus stand die Bedeutung des Zwischenraums. Als ein Ort der Transformation und der „Übersetzung“, d.h. der Begegnung zwischen verschiedenen Sprach-, Denk-, Handlungs- und Glaubenswelten, letztendlich ein gemeinsames Bemühen. Als ein Ort, wo der Anfang im Text stets aufs Neue gewagt werden kann (so wie es die Mystikerinnen des Mittelalters taten, schreiben, um das Unaussprechliche, das was sie erlebten, mitteilbar zu machen, eine schöne Überschneidung zwischen Mystik und der literarischen Praxis von Cornelia) und die Unbestimmtheit des Raumes jener Motor ist, der eine „Poetik des Ungefähren“ (Cornelia) in Gang setzt und weniger noch eine definitorische Bestimmtheit markiert. Übersetzung kann heute nicht mehr als Kopieren verstanden werden, so wie es noch im Mittelalter verstanden wurde, sondern meint einen lebendigen Prozess stetiger Dezentrierung. Es geht darum, Schnittstellen und Anknüpfungspunkte frei zu legen, zu erforschen, zu entdecken, damit das „Heilige“ neu zur Sprache kommen kann.
Ziel war es, zu zeigen, welch Potential im literarischen Erkunden eines Raumes, eines Ortes liegt, wenn die Spuren des Vergangenen – in Form von Bildern, Schatten, Dingen, Gerüchen und Geräuschen u.a. – nach einer Form der Anerkennung, der Verarbeitung, aber auch der Transformation suchen. Durch die Begegnung zwischen Literatur/Poesie, Mystik/Kontemplation kann der Raum der Religion und jener der Kunst neu vermessen werden. Dafür benötigt es einen neuen Modus der Begegnung: Zeit, Entschleunigung, Achtsamkeit und das „Verlernen“ des eigenen Blicks, ein sich beschenken-lassen vom Blick des anderen auf vertraute Räume ehemals gelebter Religion. Die Klosterschreiberin fungierte als eine interessante Kippfigur, die zwischen Gast und Bewohnerin changierte und gerade deswegen so produktiv war.
Sr. Elisabeth Katherl, ehemalige Priorin des Karmelitinnenklosters Gmunden, und „Klosterschreiberin“ Cornelia Hülmbauer bei der Abschlussveranstaltung des Projektes „Klosterschreiberin“ im Oktober 2024. © ÖOK/rm
Rückgang bedeutet nicht Untergang
Immer wieder endetet die Diskussion beim sogenannten «Preisschild»: Kann, aber auch will es sich ein Orden, eine Gemeinschaft leisten, große Geldsummen in eine bauliche Erneuerung zu stecken, von der die heutigen Mitglieder kaum mehr etwas haben werden? Der Architekt Walter Klasz präsentierte hierfür einige gelungene Projekte von neugenutzten Sakralräumen. Vor allem Ordensangehörige wiesen darauf hin, dass eine solche Entscheidung nicht allein aus der Sicht einer überalterten – und oft überforderten – Gemeinschaft betrachtet soll, sondern auch auf den Beistand des Heiligen Geistes vertraut werden dürfe. Es gelte, die Frage zu stellen, „Was will Gott mit mir, mit unserem Kloster?“, wie es eine Ordensangehörige formulierte.
Ebenso wurde vehement einer Klosteruntergangsstimmung widersprochen. Im Verlauf der Kirchengeschichte hätten Orden und Gemeinschaften immer wieder Höhen und Tiefen erlebt. Zudem lebe die katholische Kirche je nach geografischem und kulturellem Umfeld in einer großen Ungleichzeitigkeit. Während sich im Westen die Säkularisierung ausbreite, würden im globalen Süden Orden und Kongregationen stark anwachsen. Doch auch die Klöster und Gemeinschaften in Europa dürften sich trotz rückläufiger Mitgliederzahlen als Träger bedeutender Traditionen und gesellschaftlicher Innovationen verstehen. Diese Werte würden auf alle Fälle weiterbestehen. Es sei nun aber auch an der Gesellschaft, darüber Auskunft zu geben, was ihr dieses Erbe wert sei.
Quelle: Presseaussendung der Universität Luzern, Theologisch Fakultät – Pastoraltheologie, Martin Spilker, Inländische Mission | Cornelia Hülmbauer, Martina Resch