Franz Fischler: Politik muss dringend Vertrauen zurückgewinnen
Franz Fischler: „Es muss um die Kunst des maximal Möglichen gehen, das auch große Anstrengungen bedeuten kann, und nicht um Minimalziele.“ (c) ÖOK/emw
Minimalziele sind zu wenig
Dem deutschen Staatsmann Otto von Bismarck (1815-1898) werde der Satz zugeschrieben „Die Politik ist die Kunst der Möglichen“, bemerkte Fischler: Leider habe aber der Gebrauch dieses Zitats oftmals eine dekadente Entwicklung genommen. „Es muss um die Kunst des maximal Möglichen gehen, das auch große Anstrengungen bedeuten kann, und nicht um Minimalziele“, forderte Fischler. Letztlich müsse es in der Politik auch darum gehen, „Unmögliches möglich zu machen“. Und dafür braucht es auf jeden Fall die Fähigkeit, Vertrauen zu gewinnen und glaubwürdig zu sein.
Eine gute Politikerin bzw. einen guten Politiker zeichne unter anderem Mut aus, Neues zu wagen, sowie Charakterstärke, einen eingeschlagenen Weg auch gegen Widerstände konsequent zu gehen. Ein guter Politiker betreibe auch nicht nur Klientelpolitik, sondern habe stets zugleich das Gemeinwohl im Blick, analysierte Fischler. Und Politik sei auch eine Kunst, „weil sie über das Rationale hinausgeht, Emotionen umfasst, Ideologien integriert und zu Kompromissen fähig ist“.
Fischler zeigte sich besorgt, dass viele Errungenschaften der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaat, Völkerrecht – scheinbar nicht mehr gelten würden. Wie sei sonst der Angriff Russlands auf die Ukraine oder auch der Krieg in Gaza möglich, so der frühere Politiker. Und Fischler ließ etwa auch kein gutes Haar am ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der die Geduld der Europäischen Union bis zum letzten Grad austeste.
Politik als Kunst: Um etwas zu bewegen, brauche es Mut, Neues zu wagen, sowie Charakterstärke, einen eingeschlagenen Weg auch gegen Widerstände konsequent zu gehen, meinte Fischler. (c) ÖOK/emw
Gute Kommunikation als zentraler Punkt
Letztlich sei gute Politik auch eine Frage gelungener Kommunikation. Mit den Sozialen Medien habe ein Umbruch in der Kommunikationslandschaft stattgefunden, wie es ihn seit der Erfindung des Buchdrucks nicht mehr gab, betonte Fischler. Leider würden illiberale und rechtsextreme Parteien und Gruppierungen mit diesen Neuen Medien wesentlich geschickter umgehen als demokratische Parteien oder auch andere Institutionen wie die Kirchen.
Der frühere führende EU-Politiker zeigte sich in der Diskussion im Plenum auch davon überzeugt, dass die Politik die großen Herausforderungen der Gegenwart, seien es etwa der Klimawandel oder auch die Digitalisierung, nicht alleine lösen könne, schon gar nicht auf nationalstaatlicher Ebene. Es brauche ein neues Zusammenspiel von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft. Und es brauche auf jeden Fall integre Führungspersönlichkeiten mit Vorbildfunktion.
Handlungsspielräume der Orden
Die Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz, Sr. Christine Rod, sprach eingangs davon, dass Ordensleute Expertinnen und Experten in der Kunst des Möglichen seien. Es gehe beim Ordenstag darum, zu reflektieren, welche Handlungsspielräume die Orden haben.
Grußworte sprachen am Beginn des Ordenstages die beiden Vorsitzenden der Ordenskonferenz, Erzabt Korbinian Birnbacher und Priorin Sr. Franziska Madl, weiters auch die Vorsitzende der Konferenz der Säkularinstitute in Österreich, Maria Lukas, und der neue Direktor des Kardinal-König-Hauses, P. Helmut Schumacher.
Vom 25. bis 28. November kommen im Wiener Kardinal-König-Haus wieder die Verantwortlichen der heimischen Ordensgemeinschaften sowie Mitarbeitende ihrer Einrichtungen zu den traditionellen Ordenstagungen zusammen. Sie beraten dort über aktuelle Entwicklungen im Spitals- und Pflegewesen, im Bereich der Ordensschulen, der Kulturgüter und in den Missionsorden. Mitte der zahlreichen Tagungen ist der eigentliche „Ordenstag 2024“ am 26. November. Das viertägige Programm steht unter dem Generalmotto „Die Kunst des Möglichen“.
In Kooperation mit Kathpress