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19. März 2024

Ausstellung „Völkersterben?!“ erinnert an P. Martin Gusinde

Von 1918 bis 1924 unternahm der Steyler Missionar Pater Martin Gusinde (1886 – 1969) vier Reisen an die Südspitze Amerikas – die Feuerland-Expeditionen. Das 100-Jahr-Jubiläum der letzten Reise ist Anlass für eine Ausstellung mit dem Titel „Völkersterben?!“.

P. Martin Gusinde SVD (links) und P. Wilhelm Koppers SVD (rechts) bei der Jugendweihe der Yamana 1922.

P. Martin Gusinde SVD (links) und P. Wilhelm Koppers SVD (rechts) bei der Jugendweihe der Yamana 1922. (c) SVD

 

Die Ausstellung wird am 7. April 2024 um 16.00 Uhr im Kreuzgang des Missionshauses St. Gabriel eröffnet. P. Martin Gusinde erforschte im Rahmen der Feuerland-Expeditionen die Völker der Selk’nam, Yagan und Kawésqar. Der katholische Priester und Missionar wurde Stammesmitglied der Yagan und nahm an den geheimen Männerzeremonien der Selk`nam teil. Die bei der Ausstellung gezeigten Objekte stammen u.a. aus dem Nachlass P. Gusindes, der sich in St. Gabriel befindet. Ergänzt werden sie von Schautafeln, Fotos, Audiostationen, Touchscreens und Filmen.

 

Parallelen zu heute

Die Feuerland-Völker waren Anfang des 20. Jahrhunderts vom Aussterben bedroht. „Die Ursachen für dieses ‚Völkersterben‘ ähneln in vielem dem, was indigene Völker heute rund um den Globus erleiden müssen“, betont P. Franz Helm, der die Ausstellung zusammen mit einem Team konzipiert hat. „Deshalb spannen wir in der Ausstellung einen weiten Bogen vom Leben und den Forschungsarbeiten Gusindes bis zum Überlebenskampf und Widerstand indigener Völker heute und zeigen, wie sich Steyler Missionare und Missionsschwestern für diese weltweit einsetzen“, erläutert der Steyler Missionar.

 

Von den „Weißen“ eingeschleppte oder gezielt verbreitete Krankheiten, der Verlust der Jagdgebiete an weiße Farmer und Fischer sowie die Ausbeutung von Rohstoffreserven führten zum Verlust des Lebensraums der indigenen Bevölkerung und zu ihrem Tod.

 

Martin Gusinde teilte das Leben der Indigenen, sammelte Artefakte, machte Tonaufnahmen und dokumentierte auch fotografisch ihr Leben. Das Ergebnis seiner Forschungen publizierte er im vierbändigen Werk „Die Feuerland-Indianer“. Der Missionar trat als Anwalt der Feuerländer auf und versuchte die Öffentlichkeit für das Völkersterben zu sensibilisieren. Gusinde prangerte den „gewissenlosen Kapitalismus“ und die „maßlose Gewinnsucht“ der Europäer an, in denen er die Ursachen für das Völkersterben sah.

 

Auch kritischer Blick auf das Wirken des Wissenschaftlers

Die Ausstellung beleuchtet das Leben Martin Gusindes, beschreibt seine Forschungsarbeit in Feuerland und wirft einen kritischen Blick auf das problematische Wirken des Wissenschaftlers im NS-Regime. „Neuere Forschungen belegen, dass Gusinde sich nicht scheute, für eine akademische Karriere dem Naziregime gegenüber Loyalität zu versprechen und auch Vermessungen an Kriegsgefangenen durchzuführen“, führt P. Franz Helm aus.

 

Der neue Korb der Selk`nam Margarita Maldonado aus Argentinien (rechts) sieht einem Korb aus dem Besitz Martin Gusindes (links) verblüffend ähnlich.

Der neue Korb der Selk`nam Margarita Maldonado aus Argentinien (rechts) sieht einem Korb aus dem Besitz Martin Gusindes (links) verblüffend ähnlich. (c) SVD

 

Thematisiert wird auch die heutige Situation der Feuerland-Völker und der indigene Widerstand. „Während der Vorbereitung der Ausstellung entstand ein Kontakt zu indigenen Gemeinschaften in Tierra del Fuego, die direkte Nachfahren der Feuerländer sind“, berichtet P. Franz Helm. So wird z.B. ein Korb ausgestellt, den die Selk’nam Margarita Maldonado aus Argentinien mit der traditionellen Technik ihrer Vorfahren geflochten hat. Er sieht einem Korb aus der Sammlung Martin Gusindes, der in St. Gabriel aufbewahrt wird, verblüffend ähnlich.

 

Zusammenarbeit mit internationalen Forscher:innen

Auch mit einer Selk’nam-Aktivistin aus Chile, die sich für die Anerkennung von Selk`nam Nachfahren als Mitglieder dieses indigenen Volkes einsetzt, gibt es einen Austausch: „Fernanda Olivares wertet Fotos und schriftliche Unterlagen aus dem Werk und der Privatsammlung Martin Gusindes aus“, erklärt P. Franz Helm.

 

Als sehr bereichernd erwies sich die Zusammenarbeit mit den argentinischen Forscherinnen Ana Butto und Danae Fiore, die alle Objekte der Gusinde-Privatsammlung in St Gabriel digitalisierten und mit indigenen Gemeinschaften in Patagonien und Tierra del Fuego in Kontakt stehen. „Unsere Ausstellung ist also ein Kooperationsprojekt der Steyler Missionare mit den indigenen Gemeinschaften an der Südspitze Amerikas, mit Aktivistinnen und Forscherinnen“, unterstreicht der Steyler Missionar.

 

An der Erstellung der Ausstellung vor Ort waren die Missionsprokur St. Gabriel International, die Kommission Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung sowie die Mitteleuropäische Provinz der Steyler Missionare und das Missionshaus St. Gabriel beteiligt.

 

Zur Ausstellung

Eröffnung

7. April 2024, 16.00 Uhr

 

Öffnungszeiten

8. April bis 15. November 2024

Montag bis Freitag: 8.00 bis 14.00 Uhr

Samstag: 8.00 bis 12.00 Uhr

Sonn- und Feiertag: 10.00 bis 11.30 Uhr

 

Quelle: Steyler Missionare

Weiterlesen:

Der Flyer zu Ausstellung als PDF

Website der Steyler Missionare

Steyler Missionare (Ordens-Wiki)

 

[teresa bruckner]


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