Missionstag am #otag17: Kultur des Dialogs
Die grundlegende Frage lautet: Mit wem treten wir eigentlich in den Dialog? „Wir haben nicht den Islam, sondern ein breites Spektrum von Muslimen“, bringt es Sabine Kroissenbrunner, Diplomatin im österreichischen Außenamt, auf den Punkt. Der gelebte Dialog mit Muslimen hat das große Problem, dass es keine führende Institution gebe. Kroissenbrunner: „Wir hoffen auf einfache Lösungen, die gibt es aber nicht.“
Nach dem 11. September 2001 zeigten Studien, dass das Wissen über Muslime, den Islam, über seine Institutionen und Formen der Organisationen in Österreich relativ gering war. In der Folge wurde im Außenministerium eine Taskforce für den Dialog der Kulturen und Religionen etabliert, an der Kroissenbrunner federführend beteiligt war. Ihre Aufgabe als staatliche Institution war es, den Dialog zu ermöglichen, ohne theologische oder inhaltliche Vorgaben zu liefern.
Nachhaltiges Wissen zum Islam fehlt
Es zeigte sich jedoch, das nachhaltige Wissen über den Islam ist nicht mehr geworden; es wird viel zu wenig in die Bildungsinstitutionen getragen. Im Gegenteil: Umfragen zeigten, dass heute ein Großteil der Menschen den Islam aufgrund fehlenden Wissens mit Terror in Verbindung bringt. Die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Dialog werden immer stärker von tagesaktueller Desinformation geprägt. Trotz der Globalisierung und der daraus resultierenden verstärkten Berührungspunkte haben wir kein Wissen, eher eine „intellektuelle Fastfood-Kultur“.
Der Islam wird immer mehr als anthropologisch-biologische Bedrohung gesehen. Studien des Integrationsfonds aus den Jahren 2010 bzw. 2017 zeigten: die Angst der Menschen vor dem sozialen Abstieg ist kontinuierlich gewachsen. Der Tenor lautet: Wir können nicht fair sein; die wirtschaftliche Entwicklung erlaubt es nicht, überall die gleichen Menschenrechte zu gewährleisten. Eine Grundstimmung, von der Populisten profitieren und die düstere Aussichten für den Sozialstaat erahnen lässt.
Vorrausetzung für Dialog muss geschaffen werden
Das aktuelle politische Klima in Österreich fördere nicht unbedingt den Dialog. Deshalb müsse eine grundsätzliche Einstellung geschaffen werden, die den Dialog ermöglicht. Er ist aber nur dann möglich, wenn er in unserer Gesellschaft verankert wird. Das sei bisher nur rudimentär geschehen. Der akademisch-theologische Dialog müsse an den Universitäten verankert werden – zum Beispiel in Form von islam-theologischen Instituten.
In der jüngsten Vergangenheit sei jedoch eher das Gegenteil passiert; verschiedene Institute wurden nicht mehr fortgeführt. Die Wiener Diplomatin nannte zum Beispiel die vom österreichischen Außenministerium getragene Ausbildung für türkische Imame. Imame des türkischen Amtes für Religiöse Angelegenheiten ("Diyanet"), die ihrer Berufung in Österreich nachgehen wollten, waren zuvor in Österreich und in der Türkei landeskundlich geschult worden und erhielten sozusagen Unterricht in Themen wie Religionsfreiheit und Religionsvielfalt in Österreich oder Frauenrechte. Das Programm wurde aber trotz großen Bedarfs nach vier Jahren ersatzlos gestrichen. Ein weiteres Beispiel sei auch die Schließung des Afro-Asiatischen Instituts in Wien, das mit seinen Studienstipendien wesentlich zu einem Dialog mit Muslimen beigetragen hatte.
Gerade die uneinheitliche Bandbreite der theologischen Auslegungsmöglichkeiten im Islam ermögliche es islamistischen Fundamentalisten, ihre eigene Version des Islams zu propagieren. Muslimische Theologen, die für eine liberale Interpretation des Koran stünden, müssten daher eine besondere Unterstützung durch den Westen erhalten; sie sollten dann die weitere Ausbildung der Imane in den Gemeinden übernehmen.
„Wir führen einen Dialog mit Menschen, nicht mit Zivilisationen“, so das Fazit von Kroissenbrunner. Und weiter: „Wir reden vom Dialog der Kulturen, dabei brauchen wir eigentlich eine Kultur des Dialogs.“ Ziel des Dialogs sei jedenfalls ein gemeinsames Leben, das zu einem „Heimischwerden“ führt.
Rückblick und Ausblick
Der Nachmittag des Missionstages war zunächst dem Rückblick auf die Fachtagung Weltkirche 2017 vom 21. und 22. Juli 2017 im ABZ Lambach gewidmet. Katrin Morales von der Jesuitenmission Österreich berichtete über die Veranstaltung, die sich anhand von Laudato Si mit dem Thema „Die Erde und wir. Schritte zur ökologischen Umkehr“ beschäftigte.
Für 2018 wurde die Tagung umbenannt in „Weltkirche.Tagung“. Thema am 20. und 21. Juli 2018 in Lambach wird sein: „Ernährungsgerechtigkeit. Auf dem Weg zur globalen Tischgemeinschaft.“ ReferentInnen aus Afrika, Lateinamerika und Österreich werden dazu eingeladen.
Heinz Hödl, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO) informierte anschließend über die Spendenabsetzbarkeit, den Datenschutz, die missionarische Zusammenarbeit, die nachhaltigen Entwicklungsziele und die Forderungen an die neue Regierung.
Zum Abschluss wurde noch erwähnt, dass sich eine neue Arbeitsgemeinschaft der Ordensgemeinschaften Österreich gebildet hat. AUSSERORDENTLICH ist der Name der ARGE, in der sich die Auslandsvolontariate der Steyler Missionare und Steyler Missionsschwestern, der Salvatorianer Mission, der Jesuit Volunteers und der Don Bosco Schwestern (Vides) zusammengeschlossen haben.
[rs]