Kooperation statt Konkurrenz im Change Management von Ordensgemeinschaften
Gemeinsam lösen sich viele Aufgaben leichter als einsam. Was Ordensgemeinschaften intern immer schon praktiziert haben, professionalisieren sie nun ordensübergreifend. Die Wirtschaftstagung 2016 zeigte von 31.5. bis 1.6.2016 Beispiele der Zusammenarbeit von Ordensgemeinschaften oder ihren Werken. Ziel waren der Erfahrungsaustausch und die Inspiration für Wirtschaftsverantwortliche.
Neues Angebot zur Entlastung der Ordensgemeinschaften: Das Institut österreichischer Orden
Das Institut österreichischer Orden ist eine gut vorbereitete Neugründung, die unter anderem auch durch negative Erfahrungen angeregt wurde. Wollten Ordensgemeinschaften bisher ein Haus abgeben, traten schnell Immobilienmakler oder andere Investoren auf den Plan. Ab jetzt haben Orden eine neue Möglichkeit: Ihr Vermögen in das Institut der Orden einzubringen, das dafür sorgt, dass es weiterhin der Sendung der Orden entsprechend eingesetzt wird. Liegenschaften, Kulturgüter, alle Arten von beweglichem oder unbeweglichem Vermögen können in das Institut österreichischer Orden eingebracht werden. Das Institut ist nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern verfolgt gemeinnützige Zwecke. Es wurde von der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften und der Vereinigung der Frauenorden für die Orden gegründet. Es kann Orden von der Trägerschaft ihrer Werke entlasten und sie für neue Aufgaben frei machen.
Vom Zusammenarbeiten und vom Scheitern
Beispiele der Zusammenarbeit von Orden oder Ordenswerken in Deutschland schilderte bei der Wirtschaftstagung die Generaloberin der Waldbreitbracher Franziskanerinnen, Sr. Edith-Maria Magar. Das Noviziat etwa wird von allen franziskanischen Frauengemeinschaften Deutschlands gemeinsam geführt. Zuletzt gab es dort 15 Novizinnen aus 11 verschiedenen Gemeinschaften. „Unsere Novizin hat davon sehr profitiert“, erzählte Sr. Edith-Maria Magar. „Wir hatten in unseren Konventen ja nur mehr ‚Einzelkinder‘. Wie sollten die denn Gemeinschaft lernen?“ Man plane in deutschen Ordensgemeinschaften aber nicht nur die Kooperation, sondern auch Fusionen. Diese könnten ein Gewinn für mehrere Seiten sein, so die Waldbreitbacher Generaloberin. Der Wille von Ordensgemeinschaften zu kooperieren sei allerdings noch kein Garant dafür, dass das auch gelinge. Auch diese Erfahrung hätten die Waldbreitbacher gemacht. Eine wohlvorbereitete Kooperation mit den Dernbacher Schwestern sei nach einigen Jahren wieder aufgelöst worden, weil die Organisations- und Ordenskulturen zu unterschiedlich waren. „Wir wollten ja miteinander, aber wir konnten nicht.“

Sr. Edith-Maria Magar, Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, hat als Aufsichtsratsvorsitzende und Vorgesetzte der Geschäftsführung der Marienhaus GmbH Waldbreitbach entscheidende Weichen für die Zukunft von fast 100 Organisationen und 13.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt.
Die Zukunft planen
Wichtig für die Orden sei es, Strategien zu entwickeln, Pläne zu schmieden. Sich zu fragen: „Was können wir? Was können wir nicht? Welche Konsequenzen hat dieser Plan, welche jener?“ Die strategischen Landkarten sollten Ordensleute und Führungskräfte gemeinsam zeichnen. „Sie wissen, wie schnell fünf Jahre vergehen!“, so Sr. Edith-Maria Magar. Planung sei eine nicht delegierbare Führungsaufgabe. „Daten, Zahlen und Fakten sind zu benennen.“ Leitung dürfe sich nicht im operativen Geschäft verlieren. „Leitung muss nicht im System arbeiten, sondern am System. Sie darf die Meta-Ebene nicht verlieren, um steuern und nachjustieren zu können.“ Die Waldbreitbacher Franziskanerinnen hatten bereits 1903 eine GmbH für ihre Ordenswerke gegründet. Inzwischen ist die Marienhaus Holding auf 100 Organisationen angewachsen, darunter 30 Krankenhäuser. Sie hat Häuser von anderen Orden integriert, aber auch Krankenhäuser aus anderer Trägerschaft, zum Beispiel ein städtisches. Mittlerweile haben die Franziskanerinnen ihre Werke in eine Stiftung überführt, um wieder frei zu werden für andere Aufgaben. „Es geht um die Zukunftssicherung unserer Organisationen, die Einrichtungen sollen Bestand haben und die Arbeitsplätze erhalten bleiben“, erklärt die Generaloberin. „Außerdem entlastet uns das aus der Trägerverantwortung. Wir werden frei davon, um wieder an die Ränder zu gehen. Dadurch werden wir sogar wieder attraktiv für die eine oder andere junge Frau, die sich uns anschließt.“ Die Altersversorgung der Ordensfrauen müsse dabei sichergestellt werden. Sr. Edith-Maria Magar zitiert schließlich Paulus: „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben!“

Generaloberin Sr. Edith-Maria Magar mit VFÖ-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer und VFÖ-Vizepräsidentin Sr. Franziska Bruckner
Neue Kooperation für Auslandsfreiwilligendienste in Ordensgemeinschaften
In Österreich arbeiten gerade fünf Ordensgemeinschaften gemeinsam an einem neuen Dachverband für Auslandsfreiwilligendienste. Nötig wurde dies aufgrund eines neuen Gesetzes, das Auslandseinsätzen Förderungen verspricht, wenn die Organisation mindestens acht Volontariatsplätze pro Jahr zur Verfügung stellt. Ein einzelner Orden kann kaum so viele Plätze anbieten, mehrere Orden gemeinsam sind dazu gut in der Lage. Bis 2018 soll ein anerkannter Trägerverein entstehen, voraussichtlich unter dem Namen „außer-ordentlich“. Durch die neue Form der Auslandsfreiwilligendienste werden die materiellen Rahmenbedingungen für Zivildiener im Ausland und junge Frauen im Auslandseinsatz einander angeglichen, erklärte Sr. Renate Schobersberger von den Don Bosco Schwestern den Anwesenden bei der Wirtschaftstagung.
Ein Konvent übersiedelt ins Altenheim
Eine ganz andere Form der Kooperation gehen gerade die Schwestern vom Armen Kinde Jesus in der Döblinger Hofzeile mit den Borromäerinnen in Währing ein. Sie haben sich dazu entschlossen, ihr Mutterhaus zu verlassen und als Gemeinschaft in einen Trakt bei den Borromäerinnen einzuziehen. Die Gemeinschaften bleiben grundsätzlich getrennt, werden aber das religiöse Angebot wie Gottesdienste und Vorträge gemeinsam besuchen. Der wesentliche Anstoß für die Übersiedlung der Gemeinschaft war ihr Altersdurchschnitt von 79 Jahren, erläuterte Sr. Laetitia Peischl. Bei den Borromäerinnen sind die Pflegedienste gesichert. Im Juli 2016 werden siebzehn Schwestern aus der Hofzeile in die Gentzgasse ziehen. Die Entscheidung sei der Gemeinschaft nicht leicht gefallen, erzählte Sr. Laetitia Peischl. Die Leitung hat alle Schwestern umfassend in den Entscheidungsprozess eingebunden. Das sei ganz wesentlich gewesen, so Sr. Laetitia. „Da war nichts mit heiligem Gehorsam. Das Vertrauensverhältnis beruhte darauf, dass alle Schwestern einbezogen wurden.“ Eine ganze Gemeinschaft auf einmal aufzunehmen, war auch für die Borromäerinnen keine Selbstverständlichkeit. Sie haben es aber gerne ermöglicht. „Es ist wie in einem Gasthaus“, zog Sr. Karoline Pöll einen Vergleich. „Manchmal kommen nur wenige, dann wieder ein ganzer Autobus.“
Von Kindergärten bis zu geschundenen Frauen
Bei der Wirtschaftstagung 2016 wurden auch etablierte Ordens-Kooperationen vorgestellt. Die 1993 gegründete Vereinigung von Ordensschulen in Österreich, kurz VOSÖ, und das 1999 ins Leben gerufene Klösterreich, eine klosterübergreifende Entwicklungskooperation für kulturelle und touristische Aktivitäten. Die 2009 gegründete Vereinigung katholischer Kindertagesheime, kurz KKTH, die Ordenskindergärten in Wien verbindet. Und Bondeko, ein Verein der Herz Jesu Missionare, der gemeinsam mit anderen Ordensgemeinschaften Bildungsarbeit zum Thema „Eine Welt“ für Kinder und Jugendliche anbietet. Sowie Solwodi, der Verein, den mehrere Frauenorden tragen und der ausgebeuteten Frauen hilft, besonders Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollen.

Sr. Anna Mayrhofer, Franziskanerin Missionarin Mariens sowie Leiterin einer Schutzwohnung, und Sr. Susanne Krendelsberger, Generalleiterin der Caritas Socialis, stellen gemeinsam das Engagement des Vereins SOLWODI vor.
Ordenskooperation hat Tradition
Aus dem Jahr 784 stammt ein Buch, das seinesgleichen sucht. Das Verbrüderungsbuch von St. Peter, in dem sich Angehörige der verschiedenen Orden, aber auch Weltpriester und Laien, vertraglich gegenseitige geistliche Hilfe durch Gebete, Messopfer und gute Werke im Leben und über den Tod hinaus zusprachen. Das Verbrüderungsbuch wurde sogar 2014 durch die Österreichische UNESCO-Kommission in das National Memory of the World Register aufgenommen. Es ist ein besonders altes Beispiel der ordensübergreifenden Zusammenarbeit auf geistlicher Ebene. Die Leiterin des Referats für die Kulturgüter, Helga Penz, machte darauf in ihrem einleitenden Vortrag aufmerksam. Die Beispiele durchziehen die Geschichte. Zur Zeit Josephs II. halfen die Grazer Ursulinen einem slowenischen Klarissenkonvent, Ursulinen zu werden, um vor der Klosteraufhebung bewahrt zu bleiben. In der Zeit des nationalsozialistischen Regimes in Österreich gewährten Klöster anderen Konventen Unterschlupf, wie zum Beispiel das Wiener Heimsuchungskloster den Benediktinerinnen von Pertlstein. Die gemeinsame Vermarktung von Klosterprodukten ist ein Beispiel der jüngeren Zeit. So sehr die Ordensgeschichte auch mit Beispielen von gegenseitiger Konkurrenz durchwachsen ist, ist doch die Solidarität und Kooperationsbereitschaft über die Ordensgrenzen hinaus tief in der Geschichte verwurzelt.
Fotos: Monika Slouk
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Die Veränderungen in Ordensgemeinschaften sind ein Turbo für Zusammenarbeit. Die Wirtschaftsverantwortlichen der österreichischen Ordensgemeinschaften behandelten bei der Wirtschaftstagung 2016 in Salzburg das Thema Kooperation unter dem Motto: Zukunft gestalten durch Zusammenwirken.