Es gibt fast nichts, was Jesuiten nicht machen

Im Interview "Was heisst es, Jesuit zu sein?" beantwortet P. Jhannes König von der Gemeinschaft der Jesuiten in Graz Fragen zu seinem Lebensweg und dem Kern seiner Aufgabe als Gefangenenseelsorger. 

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Jesuit geworden sind?

Ganz überraschend. Ich wäre nie auf die Idee gekommen. Es braucht immer andere, die Menschen auf den Weg des geistlichen Berufs bringen. Mein Freund im Gymnasium hat mitten in der Deutschstunde zu mir gesagt: „Du solltest Jesuit werden.“ 
Daraufhin habe ich mich informiert: Wer sind die Jesuiten, was tun sie?

Und das hat Sie so angesprochen, dass Sie diesen Weg gewählt haben?

Ich wollte schon Priester werden, hatte aber zwei Probleme: Ich habe mir nicht vorstellen können, mit 23 Jahren im Beichtstuhl zu sitzen oder auf der Kanzel zu stehen. Und bei den Jesuiten gibt es eine sehr ausgiebige Ausbildung. Außerdem habe ich in einem Informationsgespräch erfahren, dass es fast nichts gibt, was Jesuiten nicht machen. Damit ist wieder eine Tür aufgegangen.

Was sind für Sie die Kernpunkte der jesuitischen Spiritualität?

Die Weise, Entscheidungen zu finden und zu prüfen, ist ein wichtiges Moment. Ohne den geistlichen Prozess der Exerzitien, die zur Begegnung mit Christus führen und mir zeigen, dass ich mich selbst auf dem Weg der ganzen Heilsgeschichte wiederfinde, würde ich nicht verstehen, was es heißt, Jesuit zu sein. Doch mit diesem Gepäck kann man sich auf den Weg machen.

Wie läuft der Entscheidungsprozess ab?

Zuerst muss mir klar sein, welcher Frage ich mich stellen will. Dann: Was gibt es für mögliche Antworten? Das geschieht vor Gott, eingebettet in Zeiten der Stille, des Gebetes. Es ist ein inneres Nachspüren, bei welcher Antwort ich einen inneren Frieden finde. Wo spüre ich, es passt? Es geht darum, das zu suchen, wo ich mehr den Menschen und Gott dienen kann. Bei uns im Orden ist auch ganz klar, wer die Entscheidung trifft: der zuständige Obere. Und diese gilt es dann mit Entschiedenheit umzusetzen.

Sie sind Seelsorger im Gefängnis und in der Psychiatrie. Wie arbeiten Sie dort?

Ich habe dort gelernt, genau hinzuhören, worum mich mein Gesprächspartner bittet, und ihm genau diese Hilfe zukommen zu lassen, um die er bittet. Ich darf nicht meinen, besser zu wissen, was für ihn gut ist. Das ist eine Form von alltäglichem Gehorsam. Es ist interessant, wie Menschen sich öffnen, wenn man ihnen so begegnet. Irgendwie muss es mir gelingen, zu sagen: Ich mag diesen Menschen, weil er – auch der schwierigste Gefängnisinsasse – ein ganz besonderes Kind Gottes ist.

Unser Kloster ist die Welt

Quelle: Sonntagsblatt

[fk]