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04. August 2014

Marienschwestern holen vergessene europäische Medizin aus Vergessenheit

Ärzte wie Hippokrates von Kos, Galenos von Pergamon und Paracelsus, Kirchenmänner wie Benedikt von Nursia und Sebastian Kneipp und Nonnen wie Hildegard von Bingen und Teresa von Avila legten über Jahrhunderte den Grundstein zur abendländischen Medizin. Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) ist über weite Strecken in Vergessenheit geraten und die Marienschwestern holen sie heraus.

Aderlässe, keltische Gymnastik, Massagen mit zarten Seidenhandschuhen oder rupfigem Leinen: Das Kneipp-Traditionshaus der Marienschwestern von Karmel in Aspach im Bezirk Braunau im Innviertel geht bei der Behandlung von Erschöpfungszuständen und drohendem Burn-out ungewöhnliche Wege. Sämtliche Methoden basieren auf der Traditionellen Europäischen Medizin, bei deren Erforschung und Weiterentwicklung den Marienschwestern eine führende Rolle zukommt. Anders als die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und das in Indien beheimatete Ayurveda, das heute auch bei uns schon fast zum medizinischen Allgemeingut gehört, ist die TEM fast in Vergessenheit geraten.

Altes Wissen neu erforscht

"Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dieses Wissen zu heben und der Traditionellen Europäischen Medizin in unserem Haus mehr Raum zu geben", sagt Maximilian Hawlik, der Leiter des Kneipp-Traditionshauses in Aspach. Das Angebot soll sukzessive ausgebaut werden, schon jetzt basieren viele Behandlungsmethoden auf lange überliefertem Wissen. Im Auftrag der Marienschwestern, die weitere Häuser in Bad Kreuzen und Bad Mühllacken betreiben, übersetzt die Agentur "ArcAnime" in Wien alte Schriften, wertet diese wissenschaftlich aus und entwickelt die TEM so weiter. Am Beginn jedes Aufenthaltes in Aspach steht eine Archetypen-Analyse. Denn das "Kernstück" der TEM, die "Säftelehre" (oder Humoralpathologie), unterscheidet vier Archetypen bzw. Temperamente: den Sanguiniker, den Phlegmatiker, den Choleriker und den Melancholiker. Ernährung und Kur werden genau auf den jeweiligen Typ abgestimmt. Dazu gehören Wasseranwendungen, Wickel, Kräuterauflagen und die Reflexologie, quasi das europäische Pendant zur Akupunkturmassage.

Vom guten und schlechten Blut

Manche Behandlung, so Hawlik, möge auf den ersten Blick befremdlich wirken, haben aber durchaus ihre Berechtigung. Der Aderlass nach Hildegard von Bingen etwa, bei dem über eine spiralförmig gedrehte Nadel tröpfchenweise Blut abgezapft wird, bis es seinen Farbton von dunkel auf hell ändert. In Aspach wird der Aderlass viermal jährlich angeboten, immer in der Woche nach einem Vollmond. Sinn des Aderlasses sei es, das "schlechte" Blut abzuleiten und anschließend mit der richtigen Ernährung den Aufbau des "guten" Blutes zu fördern, so Hawlik. Man sehe sich aber keinesfalls als Konkurrenz zur Schulmedizin, sondern als deren Ergänzung, vor allen in der Prävention und in der Nachbehandlung von Krankheiten. Doch im Gegensatz zur Schulmedizin sieht die TEM den Menschen in seiner Gesamtheit, als Einheit von Körper, Geist und Seele. Im Kneipp-Traditionshaus, das sich dem Schwerpunkt "Lebensordnung" verschrieben hat, helfen daher auch Meditationen, Logotherapie und heilsames Singen bei der Bewältigung von persönlichen Krisen.

Foto: Mario Gärtner

[fk]

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