Gerade uns Ordenschristen müssen die Fremden, die Ausländer, die Unbequemen besonders am Herzen liegen
Maria Katharina Moser, Pfarrerin in der evangelischen Kirche Simmering, betonte, Orden und Kirche hätten als Potenzial das Gegenmodell zur Gesellschaft. Amani Abuzahra vom Institut für Islamische Religion sagte, es brauche einen neuen Blick nicht nur auf Fremdes, sondern auch auf uns selbst, und für Bhante Seelawansa Wijayarajapura Maha Thero, buddhistischer Mönch und Leiter des Dhamma-Zentrums in Wien, stellt sich nicht nur die Frage, wie wir richtig mit den Fremden umgehen, sondern wie mit unseren inneren Bewegungen.
Seit Jesu Kommen ist kein Mensch fremd
Fremdes bereichert steht auf dem Plakat, „ohne Frage- und ohne Rufzeichen“, stellte Sr. Beatrix Mayrhofer fest. Fremdes bereichert sei die Erfahrung von Orden, die in internationalen Gemeinschaften leben. Doch in der Gesellschaft seien die Fremden sympathisch, solange sie möglichst weit weg sind. Kommen sie uns nahe, werden sie zum Ausländer und unbequem. Sr. Mayrhofer: „Gerade uns Ordenschristen müssen die Fremden, die Ausländer, die Unbequemen besonders am Herzen liegen.“ Denn es sei die Grunderfahrung des Christen, dass Fremdes bereichert, „weil der fremde Gott selber uns in Jesus Christus nahegekommen ist, so ganz nahe, bis er in jedem Menschen zu erkennen und uns nahe ist. „Jeder Mensch ist ein geliebtes Geschöpf Gottes und kein Fremder.“
Sr. Beatrix Mayrhofer, Bhante Dr. Seelawansa Wijayarajapura Maha Thero, Amani Abuzahra, Maria Katharina Moser (vlnr) Foto in Druckqualität (Foto: Medienbüro)
Das Potenzial der Orden und Kirchen
Maria Katharina Moser, evangelische Pfarrerin in Wien-Simmering, berichtete, dass in ihrer Pfarre seit wenigen Jahren Asylwerber lebten, „nicht als Fremde, sondern als Gemeindemitglieder, die dazugehören“. Das Fremde sei meist das Unvertraute, andere Menschen, andere Verhaltensweisen, Sitten, Bräuche und Rituale. „Die Frage ist, wie wir das Fremde einordnen, wie wir ihm begegnen, freundlich oder feindlich?“ Genau hier liege eine wichtige Aufgabe der Religions- und Ordensgemeinschaften: nämlich das Fremde als Bereicherung zu betrachten, ihm freundschaftlich zu begegnen. Das Bereichernde am Fremden sei, dass es Vertrautes infrage stelle, Gewohntes und Gewohnheiten erschüttere und neue Horizonte eröffnen könne. Gegen den Trend in unserer modernen Gesellschaft, das Fremde feindlich zu lesen, lehren und leben die Ordensgemeinschaften und die Kirche das Gegenmodell: den gleichen Wert und die gleiche Würde aller Menschen vor Gott und die Zusammengehörigkeit der Menschen. „Wir sind zuallererst Menschen und nicht Mitglieder eines Volkes oder einer Gruppe oder eines Landes.“
In einem Dialog des Lebens können wir den Anderen erkennen
Für Amani Abuzahra vom Institut für Islamische Religion ist der Slogan #Fremdes bereichert ein „erfrischender Zugang“. Aber sie weist darauf hin, dass der Begriff Fremde für viele negativ besetzt ist und bedrohlich wirkt. Denn viele fragten sich: Was bedeutet das für unsere Gesellschaft, wenn plötzlich so viele Fremde ins Land kommen? Was bedeutet das für Arbeitsplätze, für die Zukunft unserer Kinder, für unsere Kultur und Religion? Es herrsche zum Teil Angst vor dem Fremden, diffuse Ängste machten sich breit. „Wir müssen den Begriff des Fremden mit neuen Emotionen besetzen. Es braucht ein Aufeinander-Zugehen, Miteinander begegnen. Nur in einem Dialog des Lebens können wir den anderen nicht mehr als fremd erkennen.“ Und wir müssten den Blick auf uns selber richten, auf unsere eigene Geschichte und Identität, um negative Emotionen in positive umzuwandeln. „Entscheidend ist die Frage: Wo finden wir das Bereichernde in unserer eigenen Geschichte und Identität?“
Aus Angst = Enge in die Weite des Bewusstseins
Der Fremde komme immer von außen, unerwartet, sagte Bhante Dr. Seelawansa Wijayarajapura Maha Thero, buddhistischer Mönch und Leiter des Dhamma-Zentrums in Wien. Und wenn die Frage gestellt werde, wie gehe ich mit dem Fremden, Unerwarteten um, heiße das immer, wie gehe ich mit meinem Geist um, mit meinem Bewusstsein. „Angst hat immer mit Enge des Bewusstseins zu tun“, erklärte der Mönch. Wer so wie er aus Sri Lanka nach Österreich komme, sei für die Anderen ein Fremder, Aber auch für ihn seien die Anderen Fremde. Fremde begegnen Fremden, Angst begegnet Angst. Die Frage, wie gehen wir damit um, schließe die Frage mit ein, wie gehen wir mit unserem Geist, mit unseren inneren Bewegungen um. Buddha habe hier einige Übungen gelehrt: 1. Wertfrei beobachten, nicht bewerten. Wir haben immer Konzepte. Ohne Konzepte etwas beobachten, nicht Vorurteile und vorgefasste Meinungen haben. Achtsam sein für das, was ist. 2. Gründlichkeit, nicht an der Oberfläche bleiben, sondern vertiefen. Bhante Seelawansa: „Jede Religion hilft dem Menschen tiefer zu sehen, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind.“ 3. Innehalten. „Wir brauchen die rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechtes Streben, rechte Konzentration und Sammlung.“ Und wo zwei Menschen nicht zusammenkommen, brauche es ein „Abschied nehmen ohne Ablehnung“.
P. Franz Helm, Sr. Beatrix Mayrhofer, Bhante Dr. Seelawansa Wijayarajapura Maha Thero, Amani Abuzahra, Maria Katharina Moser (vlnr) Foto in Druckqualität
[hw]
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