Sr. Anneliese Herzig treibt mit an der sozialökologischen Transformation
Die Ordensfrau und Theologin Anneliese Herzig von den Missionsschwestern vom heiligsten Erlöser ist im Bereich Anwaltschaft der Dreikönigsaktion (DKA) engagiert. Sie stellte ihren mit Herbert Wasserbauer verfassten Dossier-Beitrag vor, der sich mit der Rohstoffgewinnung, speziell mit Gold, befasst. Rohstoffe seien seit einigen Jahren ein wichtiges Arbeitsgebiet des Hilfswerks der Katholischen Jungschar, berichtete Herzig. Deren ProjektpartnerInnen berichten, dass von vielen Regierungen „Extraktivismus“ (also der Abbau von Ressourcen in großem Stil für die globalen Märkte) vorangetriebene wird. Dadurch würden Umwelt und soziale Strukturen (besonders von Indigenen) zerstört und eine hohe Abhängigkeit vom Weltmarkt gefördert. Die DKA setze sich stattdessen für einen „umfassenden Menschenrechts-Schutz“ und eine „ganzheitliche Entwicklung“ ein. Während die Menschenrechte vielerorts „mit Füßen getreten“ würden, wolle Gott „für alle Menschen ein gutes Leben“, so die Theologin. In diesem Sinne wolle die DKA ihre „prophetische Stimme“ erheben und u.a. mit Unternehmen, Politik, und Kirchen über eine sozial-ökologisch ausgerichtete Veränderung ins Gespräch kommen. Herzig: „Es braucht eine Transformation unseres Lebensstils – auch in unserer Kirche“.
3. Piste - „größtes klimaschädliches Projekt“
Die aktuellen politischen Debatten über Klimaschutz gehen an den Ursachen vorbei, sagte Magdalena Heuwieser von „System Change, not Climate Change“. Als das „größte klimaschädliche Projekt“ in Österreich steht der Bau der „3. Piste“ am Flughafen Wien derzeit im Blickpunkt. Der Initiative „System Change, not Climate Change“ mit aktiven Gruppen in Wien, Graz und Salzburg gehe es darum aufzuzeigen, welche sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Themen mit der Frage des Ausbaus des Flughafens verbunden sind. In diesem Konflikt gehe es nicht nur um eine „veraltete, fossile Infrastruktur“, die durch die dritte Piste in die Landschaft „einbetoniert“ würde. Es gehe auch um Fragen nach einer umweltgerechten Mobilität, um Bodenzerstörung und gesundheitsschädigende Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung durch Lärm oder Feinstaub.
Im Kern gehe es um das Festhalten am Wachstums-Paradigma. Dabei gelte es, die VerliererInnen und GewinnerInnen zu benennen, so Heuwieser. Nur 5% der Weltbevölkerung, die Einkommensstärksten, hätten aktuell die Gelegenheit, überhaupt in ein Flugzeug zu steigen. Aufgezeigt werden müsse die Ungleichheit, die mit dem Flugverkehr verbunden ist. So würden Personen mit den höchsten Einkommen in Deutschland 6,6mal mit dem Flugzeug unterwegs sein, Personen mit den untersten Einkommen nur 0,6mal im Jahr. Derzeit engagiere man sich auch gegen die geplante Verfassungsbestimmung, die Wachstum und Wettbewerb undifferenziert als Staatsziele festschreiben will – „als Reaktion auf die 3. Piste“, wie Heuwieser betont. Die Initiative fordert stattdessen eine „Rote Linie für Flugwachstum“.
Wohlstand anders schaffen
Universitätsprofessor Ulrich Brand berichtete vom Kongress „Gutes Leben“, den die Stadt München in diesen Tagen veranstaltet. Dabei sei klar geworden, dass es bei der „sozial-ökologischen Transformation“ wesentlich um Konflikte gehe: um Konflikte zwischen Nord-Süd, aber auch um Konflikte innerhalb von Gesellschaften. Transformation im Sinne von Trump oder auch im Sinne einer „green economy“ änderten nichts an den Strukturen und schiebe die Verantwortung bloß dem Staat oder den KonsumentInnen zu. Brand plädierte für einen Begriff von „sozial-ökologischer Transformation“ im Sinne einer Strukturveränderung. Der Konflikt um die „3. Piste“ erinnere Brand klar an die Diskussionen um Zwentendorf und Hainburg. Analysen der – beispielsweise gewerkschaftlichen - Debatten von damals und heute würden zeigen, dass diese exakt dieselben sind: Wegen des tief eingeschrieben Wachstums-Paradigmas würden Arbeitsplätze über alles gestellt. Brand hofft, dass der aktuelle Konflikt um die „3. Piste“ in 5 Jahren zu einer gesellschaftlichen Verständigung über Flugverkehr und Mobilität geführt haben wird, wie es damals die gesellschaftliche Verständigung über den Verzicht von Atomkraft in Österreich war.
Brand plädierte in seinem Statement dafür, Wohlstand anders zu schaffen, also einen Wohlstand, der „nicht wachstums-getrieben“ ist. Es gehe um andere, soziale und ökologische Strukturen, die eine Alternative zu den „imperialen Lebens- und Produktionsweisen“ darstellten. Der Semantik des „Verzichts“ stehe er skeptisch gegenüber, weil damit Ängste geschürt würden. Narrative wie Post-Wachstum oder de-growth würden hingegen darauf verweisen, dass es um andere Wohlstands(!)modelle geht. In Anlehnung an Ökonomen Andreas Novy (WU Wien) ginge es auch um den Diskurs um Freiheit. Freiheit bedeute das Setzen von Grenzen oder anders ausgedrückt: Freiheit auf Kosten anderer sei Macht und Herrschaft und daher abzulehnen.
[fk]