Pastoraltagung 2017: Inspiration für pastorale Engagements
Man möchten den vielfältigen Spuren Jesu nachzugehen, um ihn immer wieder neu wahrzunehmen und dabei Inspiration für das pastorale Engagements zu finden – diese Motivation steht im Mittelpunkt der heurigen Österreichischen Pastoraltagung. Mehr als 300 Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Seelsorge und Religionspädagogik sowie Interessierte aus dem In- und dem benachbarten Ausland kamen im Bildungszentrum St. Virgil zusammen, um über den scheinbaren Widerspruch zu diskutieren, dass Jesus Christus einerseits im Wort und im Sakrament allgegenwärtigen und andererseits heute oft ziemlich unerkannt oder sogar irrelevant ist.
„Es zeigt sich, dass es für Leute gar nicht so einfach ist, diesen Jesus von Nazareth, der in der Vergangenheit die unterschiedlichsten Interpretationen erfahren hat, heute zu interpretieren“, bringt es P. Franz Helm auf den Punkt. Der Generalsekretär der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs ist gemeinsam mit Vorsitzenden Abtpräses Christian Haidinger Vorort in Salzburg und findet es schön, dass die Veranstaltung „einen großen ökumenischen Charakter hat beziehungsweise hier viele Ordensfrauen und Ordensmänner vertreten sind.“
In vielen Diskussionen hätte sich gezeigt, dass man Kirche brauche, auch wenn sie durch ihre komplizierten Strukturen die Beziehung zu Jesu zusätzlich herausfordere. Doch geerdet werde diese Beziehung durch authentische Lebensformen. „Authentische Lebenszeugnisse vermitteln die Werte Christi“, sagt P. Helm. „Es heißt weg vom Aktionismus hin zur Begegnung.“ Auch dürfe man nicht die soziale Dimension übersehen; das Einstehen für Menschen in Not sei Teil der Berufung von Ordensleuten. „Wir als Ordenschristen haben den expliziten Auftrag zu einer Lebensform, die von Jesus inspiriert ist“, so P. Helm. Und deshalb sei das Motto der Ordensgemeinschaften einfach. gemeinsam. wach. „auch sehr authentisch“.
Bischof Schwarz wies in der liturgischen Eröffnung darauf hin, dass Jesus nicht nur das individuelle Heil Einzelner im Blick hatte, sondern Menschen zusammenführen wollte; auch Ausgegrenzte habe er bewusst in die Gemeinschaft hineingenommen.
Diesen Gedanken präzisierte der Bamberger Neutestamentler Joachim Kügler in seinem Eröffnungsvortrag über die "sakramentale Pastoral" Jesu. Er verwies auf Jesu für die Pharisäer anstößige Mahlgemeinschaft mit "Zöllnern und Sündern", von der im Neuen Testament mehrmals die Rede ist. Zöllner seien zu Lebzeiten Jesu "Blutsauger" mit einer "Lizenz zum Ausbeuten" gewesen, die als Handlanger des römischen Imperiums tatsächlich sündhaft gewirkt hätten. Kügler bekannte, als junger Priester in den 1970er-Jahren geprägt gewesen zu sein vom damaligen theologischen "Mainstream", Sünder als Opfer eines Systems und zu Unrecht Ausgestoßene zu verstehen. Davon sei er aber abgekommen, so der Bibelwissenschaftler: Jesus habe sich mit wirklichen Sündern abgegeben - im Sinne des Bibelworts, nicht die Gesunden und Starken bräuchten einen Arzt, sondern jene, denen es schlecht geht.
Für Kügler ist dies eine Anfrage an die Kirche, die er auch dem Auditorium stellte: Wie könnte heute eine Seelsorge für real sündhaft Lebende aussehen? Was wäre überhaupt als "Sünde" zu benennen - was laut dem Theologen Aufgabe der Kirche wäre? Und was hieße es für die öffentliche Wahrnehmung der Kirche, würde sie sich nach dem Beispiel Jesu verstärkt Sündern - Kügler nannte als Beispiele Kinderschänder, Terroristen und Waffenproduzenten - zuwenden? (#öpt17)
[rs]