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Die Baugeschichte des Klosters Mehrerau

Die Anfänge des Benediktinerklosters Mehrerau – das erste Bethaus aus Holz

 

Maurus Korn OCist

 

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Abb. 1: Die romanische Vorgängerkirche (1125) ist hier in den heutigen Kirchengrundriss von 1964 und oben in den Grundrissplan von 1740 eingezeichnet

Abb. 1: Die romanische Vorgängerkirche (1125) ist hier in den heutigen Kirchengrundriss von 1964 und oben in den Grundrissplan von 1740 eingezeichnet. © Pius Bieri

 

Die Anfänge des Kloster Mehrerau hängen mit dem Eremiten Diedo (Gedenktag / Todestag 15. März 1080?) in Andelsbuch zusammen. Nach dessen Tod ließ Graf Ulrich X. von Bregenz an jener Stelle, wo seine Einsiedelei stand, ein Kloster aus Holz errichten.[1] 1083 siedelten sich dort auf den Wunsch des Erbauers hin Benediktiner des Klosters Petershausen an. Die schwierigen Verhältnisse veranlassten den Konvent, das Kloster an das Bregenzer Seeufer zu verlegen. Das Kloster „St. Peter in der Au“, wie die Mehrerau ursprünglich hieß, war geboren.[2] Aus der Chronik des Gründungsklosters Petershausen bei Konstanz, der Casus Monasterii Petrishusensis, Mitte des 12. Jahrhunderts verfasst, geht hervor, dass die Mönche schon vor der Verlegung ihres Klosters ein kleines Haus am Bodenseeufer besessen haben. Es stand auf dem Grund des jetzigen Klosterareals.[3] Geweiht wurde das Kloster dem hl. Petrus.[4] Wolfgang Rusch vermutet, dass die erste hölzerne Klosterkirche dem ersten St. Gebhardskirchele in Schendlingen geähnelt haben muss.[5]

 

Der Grund für die vielen fehlenden Aufzeichnungen über die Anfänge in der Mehrerau

Tatsächlich fehlen über die Anfangszeit der Benediktiner in Mehrerau viele Informationen. Beispielsweise ist über die Ausstattung des Konventgebäudes sowie über ihre Baugeschichte wenig erhalten geblieben. Grund dafür sind die Brandschatzungen und Plünderungen in der Mehrerau während des Investiturstreits, des Appenzellerkrieges im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts und des Dreißigjährigen Krieges. 1245 wurde das Kloster von den Anhängern Kaiser Friedrichs II. (amt. 1220–1250) – die Gemahlin Ulrichs X. von Bregenz, Bertha von Rheinfelden, war die Tochter des Kontrahenten des Kaisers Rudolf von Rheinfelden – ausgeplündert und niedergebrannt. Doch konnte sich das Kloster dank der Unterstützung der Montforter Grafenfamilie und durch den Erhalt von Schutzbullen neu aufbauen,[6] die aus der Feder des Papstes Innozenz IV. (amt. 1243–1254) stammten.[7] Durch den Klosterbrand von 1245 sind die Dokumente der Zeit von 1098 bis 1245 nicht mehr vorhanden.[8] Der Appenzellerkrieg 1405–1408 und der Schwedenkrieg im Jahre 1647 zogen das Kloster weniger in Mitleidenschaft. Die Konventgebäude wurde geplündert, aber nicht zerstört.[9] Dennoch klagen spätere Chronisten der Benediktiner von Mehrerau – an dieser Stelle seien P. Franz Ransperg OSB (*1609, †1670) und P. Apronian Hueber OSB (*1682, †1755) zu nennen – über die großen Verluste der Vergangenheit,[10] die eine einheitliche Rekonstruktion der Baugeschichte des Klosters Mehrerau erschweren.

 

Die romanische Abteikirche

Die Grundsteinlegung für das erste steinerne Gotteshaus erfolgte in den neunziger Jahren des elften Jahrhunderts. Die Konventgebäude, die zunächst aus Holz gefertigt wurden, wurden erst 1112 aus Stein gebaut.[11]

Die feierliche Grundsteinlegung für die St. Peter und Paul geweihte Abteikirche nahm Bischof Gebhard III. von Konstanz (amt. 1084–1110) am 27. Oktober 1097 vor. 1125 wurde der Bau vollendet und geweiht (Abb.1).

 

Es existieren drei Bilder über das Kirchenäußere der zweiten Abteikirche von Mehrerau. Das älteste, mitsamt Konvent- und Wirtschaftsgebäude, ist Ende des 16. Jahrhunderts entstanden. Das zweite stammt vom Benediktiner Gabriel Bucelin, um 1640 (Abb. 2). Das jüngste Bildwerk ließ Abt Magnus Oederlin (amt. 1712–1728) 1721 anfertigen.[12] Laut einer Inschrift über dem Portal – die nicht mehr existiert, jedoch scheint sich Kolumban Spahr der Chronik von Ransperg und Hueber zu bedienen – der ersten steinernen Kirche, muss die romanische zweimal renoviert worden sein, 1472 durch Abt Johannes Gruell (amt. 1462–1472) und 1708 durch Abt Anton Vögel (amt. 1681–1711).[13]

 

Abb. 2: Zeichnung von Gabriel Bucelin um 1650. © Pius Bieri

Abb. 2: Zeichnung von Gabriel Bucelin um 1650. © Pius Bieri

 

Der Aufbau der Abteikirche

Die Länge der romanischen Kirche betrug 35,60 m, die Breite, das Querhaus einkalkuliert, 20,65 m.[14] Die Kirche war als dreischiffige Kreuzbasilika aufgebaut worden.[15] Für einfallendes Sonnenlicht im breiten Mittelschiff sorgten kreisrunde Fenster, die Seitenschiffe wurden durch kleine Rundbogenfenster beleuchtet. Unter Abt Antonius Vögel – er war laut einer Inschrift über dem Portal der romanischen Basilika für einer der Renovierungen der Kirche verantwortlich[16] – wurden die kleinen Fenster durch größere ausgetauscht.[17] Die Fenster der romanischen Basilika wurden sehr wahrscheinlich mit Glasmalereien ausgestattet.[18]

Über der Vierung der Kirche ragte der Kirchturm, der zunächst mit einem Zeltdach versehen, jedoch nach einigen Jahrzehnten durch ein Satteldach und später durch ein sogenanntes Krüppelwalmdach ersetzt wurde. Ohne Apsiden ausgestattet, schloss die Kirche mit dem Presbyterium im Osten gerade ab. Der Außenbau der Abteikirche wurde schlicht, größtenteils relieffrei und schmucklos gehalten. Die Eingangsseite der Mehrerauer romanischen Kirche im Westen sah in etwa aus wie das Hauptportal der St. Peter-und-Paulkirche von Reichenau-Niederzell (D) oder die Abteikirche von Rheinau in Baden-Württemberg (D). Diese und weitere Klosterkirchen in der Region gehören der Hirsauer Bauschule an. Das Benediktinerkloster Hirsau ist Ausgangspunkt für diese Art des Kirchenbaus. Sie ist bedeutend für den deutschsprachigen Raum. Ihre Abteikirche gilt als Prototyp dieser Bauschule, an welche sich auch die Mehrerauer Klosterkirche orientieren sollte. Wie das Hauptportal der St. Peter- und Paulkirche von Reichenau-Niederzell oder der Abteikirche von Rheinau sah die Eingangsseite der Mehrerauer romanischen Kirche im Westen aus.[19]

 

Der Innenraum

Im Innenraum verteilten 12 große Säulen die Last der Kirche in sechs Arkaden. Die Steine des Fundaments wurden sorgfältig mit großen Kieselsteinen geschichtet und gepackt zu einem Kieselmauerwerk zusammengefügt. Große Rollkiesel, „Bregenzerach-Rollen“, wurden zum Bau des Fundaments der Basilika verwendet.[20] Der Eingang war vermutlich mit einer Vorhalle versehen. Betreten konnte man die Kirche nur von Westen. Das Langhaus maß in etwa 10 m.[21] Es war für das Gottesvolk bestimmt.[22] Ein Kreuzaltar stand im Mittelschiff gen Ende des Langhauses. Dahinter befand sich, im Übergang von Langhaus zur Vierung, der Chorus minor, der nach Hirsauer Bauweise für Kranke und Gebrechliche bestimmte Gebetsraum. Er nahm das letzte Joch des Mittelschiffes ein. Im Anschluss daran erstreckte sich der eigentliche Betraum der Mönche, der Chorus maior. Es befanden sich an dieser Stelle lange Bänke, die die Vorläufer des Chorgestühls waren. Der gerade Ostabschluss entsprach ebenfalls der Hirsauer Bauschule. Neben dem Hochaltar standen links und rechts zwei Seitenaltäre. Der Altarraum des Hochaltars war höher gelegen als der Rest der Kirche.[23] Eine Scala dormitorii, ein Treppenaufgang zum Schlafsaal der Mönche, befand sich im Süden des Querhauses. Man vermutet, dass auf der Südseite neben der Scala noch eine Türe zu einer Sakristei gewesen sein muss.[24]

 

 

Abb. 3: Die neuromanische Abteikirche von 1859. © August Zerle

Abb. 3: Die neuromanische Abteikirche von 1859. © August Zerle

 

Die Decke der Kirche war ursprünglich flach gehalten. Unter Abt Aloisius Sprenger (amt. 1666–1681) wurde sie schließlich eingewölbt. Der Fußboden blieb wohl über die Jahrhunderte hindurch unverändert. Am Anfang mit Sandsteinplatten bedeckt, wurde der Boden später mit Ziegelsteinen ausgebessert. Die Innenwände der Kirche wurde schlicht gehalten. An manchen Stellen gab es vermutlich Wandmalereien. Die Weise, wie die Säulen in der Kirche ausgefertigt wurden, lässt sich von den Funden der Ausgrabungen von 1962 nachweisen.[25] Burmeister beschriebt sie folgendermaßen: „Auf einem quadratischen Sockel erhebt sich eine schmälere Platte gleicher Form. Auf dieser steht die Basis der Säule, die nach der attischen Ordnung in Wulst, Hohlkehle und Wulst gegliedert ist. Aus der Basis stieg der Schaft, ein Monolith auf, über dem ein Würfelkapitell ruhte.“[26] Beispiele für die Säulen Hirsauer Bauart befinden sich noch heute in der Kirche von Alpirsbach oder Schaffhausen.[27]

Die romanischen Fundamente sind noch heute in der Unterkirche der Mehrerauer Abteikirche sichtbar. P. Kolumban Spahr erzählt über die Herleitung zu den Ausgrabungen folgendes:

„Mit Begeisterung schwangen die Schüler der VII. Klasse im Juni 1960 den Pickel und hoben mit dem Spaten die Erde aus, bis der barocke Sandsteinsockel mit schönen Lisenen-Ansätzen zum Vorschein kam. Jetzt bestätigte sich eindeutig, daß für diesen Teil die neuromanische Kirche, die man von 1855–1859 erbaute, unter dem barockem Fundament ruht.“[28] (Abb. 3)

Pfingsten 1962 hob man den Boden vor der Gruft der Äbte aus. Entdeckt wurde ein starker Mauerzug aus Katzenkopf-Pflaster. So entschied man sich, den romanischen Grundriss der ersten steinernen Kirche von Mehrerau archäologisch zu erfassen. Es entstand auf diese Weise die Unterkirche, welche heute Grablege der Äbte und sichtbares Zeugnis der ereignisreichen Baugeschichte von Mehrerau ist. Gesichert durch eine Betondecke, ist sie zeitgleich der Fußboden der neu erbauten Kirche.[29]

 

Die Altäre

Im Sacrarium, im Altarhaus der Kirche, stand der Hochaltar.[30] Unter Abt Jodok Keller (amt. 1414–1433) wurde dieser 1415 renoviert und um zwei Tafeln ergänzt. 1619 ließ Abt Placidus Viggel (amt. 1616–1650) einen neuen Hochaltar zu Ehren der Dreifaltigkeit an derselben Stelle bauen.[31] Neben dem Hochaltar standen links und rechts zwei Seitenaltäre, nördlich der Altar zu Ehren des hl. Johannes und südlich ein Marienaltar. Diese Nebenräume mit jeweiligem Altar dienten als Kapellen für Privatmessen.[32] Im Querhaus befanden sich zwei Altäre, der Altar der hl. Anna – dieser war vorher der hl. Katharina geweiht – und der Heilig-Geist-Altar.[33] Dieser war ursprünglich dem hl. Blasius geweiht worden und wurde 1381 und 1633 neu errichtet. Der St.-Anna-Altar wurde 1521 und 1567 neu gestaltet.[34] Vor der Vierung, vor Beginn des Chorus minor, befand sich ein Kreuzesaltar. In den Seitenschiffen befanden sich der Benediktsaltar und Michaelisaltar.[35] Der Michaelisaltar wurde 1414 errichtet.[36] Im Laufe der Zeit kam es noch zu weiteren Errichtungen von Seitenaltären. Unter Abt Antonius Vögel wurden alle Seitenaltäre erneuert.[37]

 

Die Reliquienschreine

Zwei kostbare Schreine aus Gold schmückten die romanische Basilika. Die Gebeine der hll. Apronian und Venustus lagen bis zur Auflösung der Abteikirche im Gotteshaus der Mehrerau. 1663 wurden die Gebeine durch Abt Heinrich Amberg (amt. 1650–1666) aus Rom nach Mehrerau gebracht. Er hat die Beschaffung der Reliquien in Auftrag gegeben. Die Schreine befinden sich allerdings seit der Säkularisation 1806 nicht mehr im Klosterbesitz. Die Reliquie des hl. Apronian kam samt Schrein 1807 in die Pfarrkirche von Klaus, die des hl. Venustus wurde im selben Jahr nach Weiler (Bezirk Feldkirch) gebracht.[38]

 

Die Marienkapelle

Vor der Barockisierung der Mehrerau stand auf dem Klostergelände, in der Nähe der Basilika, eine Kapelle zu Ehren der Allerseligsten Jungfrau Maria, wie es in der Hirsauer Bauschule üblich war. Die Kapelle nach Hirsauer Vorbild wurde wahrscheinlich schon im Kontext der Klostergründung in Mehrerau errichtet.[39] Robert II. von Pfullendorf (um *1100/1110, †1181) gab sie in Auftrag. Dort sollten er und seine Verwandten ihre letzte Ruhestätte finden. Er starb 1180 im Heiligen Land und wurde, gemeinsam mit seinem Sohn Berthold – er starb 1167 in Rom – in dieser Kapelle bestattet. Andere Adlige haben in dieser Kapelle ihre letzte Ruhe gefunden.[40] Auch Äbte ließen sich in der Marienkapelle beerdigen, die zugleich als Hauskirche für Kranke gedacht war.[41] Sie befand sich nicht innerhalb der romanischen Basilika, sondern war parallel zum Chor an das Konventgebäude im Osten angebaut.[42] Es ist anzunehmen, dass die Marienkapelle einen halbkreisförmigen Abschluss und Rundbogenfenster gehabt hat. Im Zusammenhang mit dem Neubau der Abteikirche 1740 und der Neuerrichtung des Konventgebäudes 1779 wurde sie vollständig abgetragen, die in ihr befindlichen Gräber aufgelassen und die Leichname südlich der Kirche beigesetzt.[43]

 

Das Grab der seligen Haberilia

Laut Legende soll die selige Haberilia eine Jüngerin des hl. Gallus und erste Äbtissin des anfänglichen Doppelklosters Mehrerau gewesen sein.[44] Ihr Grab befand sich auf der rechten Seite des Katharinenaltars, des späteren Anna-Altars.[45] Historisch betrachtet war die Selige allerdings weder Jüngerin des hl. Gallus in Bregenz noch die erste Äbtissin eines Mehrerauer Frauenklosters. Es ist zu vermuten, dass Haberilia eine Eremitin war. Im Bodenseeraum war diese Lebensform weit verbreitet. Dass Haberilia eine Jüngerin des hl. Gallus gewesen sein soll, ist inzwischen mit Sicherheit zu verneinen. Es ist eher anzunehmen, dass sie im Einflussbereich des Klosters Mehrerau um oder nach 1100 gelebt hat.

Ihr Grab fand in der Bevölkerung große Verehrung. Es wurde berichtet, dass Mütter zum Grab der Seligen pilgerten, während ihre Kinder krank zuhause blieben. Das fromme Gebet verrichtend, entnahmen sie der Grablege Erde, in kleinen Säckchen verpackt, welche in die Wiege der Kinder zur Genesung gelegt wurden. Nach der erlangten Genesung der Kleinen kam die Erde in das Grab zurück. Noch zur Aufhebung des Klosters am Grab der Seligen sollen solche Bündelchen gefunden worden sein.[46] Am Grab der seligen Haberilia ließ Abt Jakob Albrecht (amt. 1563–1567) ein Gemälde aufrichten. Aufgrund der Berührungen durch zahlreiche Wallfahrerinnen und Wallfahrer musste das Bild mehrmals restauriert werden, zuletzt 1728. Mit der Schaffung der barocken Abteikirche, so ist zu vermuten, wurde das Bild entfernt und vernichtet.[47]

 

Die Gnadenmutter von Mehrerau

Zahlreiche Marienbildnisse schmückten oder schmücken das Kloster. Da jedoch nicht auf jedes Einzelne eingegangen werden kann, beschränke ich mich hier auf die wichtigste Marienfigur des Hauses: die Gnadenmutter von Mehrerau, die 1480 geschaffen wurde. Die aus Holz gefertigte Skulptur ist ausgehöhlt, 85 cm hoch und schmückte schon die Mehrerauer Benediktinerkirche. 1806 kam sie infolge der Auflösung zur Familie Lingenhöle, die die Figur 1854 den Wettinger Zisterziensern in Mehrerau wiedergab.[48] Die thronende Madonna mit Kind schmückte wahrscheinlich den Marienaltar der Benediktiner-Mehrerauer Abteikirche.[49] Heute sitzt sie auf einem neugotischen Altaraufbau unter der Orgelempore, westseitig an der Fassade der Kirche in einer eigens für sie geschaffenen Kapelle, der „Gnadenkapelle“. Burmeister beschreibt die Gnadenmutter von Mehrerau wie folgt:

„In reich gefaltetes Gewand gekleidet, thront die Madonna frontal auf einer Bank. Sie neigt ihren Kopf zur rechten Schulter und blickt dabei auf das Christuskind herab. Das nackte Kind, das auf ihrem linken Knie sitzt, hält sie mit beiden Händen fest. Der Mantel der Muttergottes ist goldig gefasst und ihr königliches, goldenes Gewand besitzt ein blaues Rankenmuster. Die zahlreichen, tiefen Gewandfalten legen sich eigenwillig um die Knie und Beine.“[50]

Es wird vermutet, dass die Gnadenmutter der Ulmer Schule entstammt, da der Stil dem des Ulmer Bildhauers Michel Erhart (*1469, †1518) ähnelt. Zumindest muss der Bildhauer der Mehrerauer Gnadenmutter aus der Region um Ulm kommen, Michel Erharts Werke gekannt haben oder bei ihm gelernt haben.[51]

 

Das Klostergebäude in der Hand der Benediktiner

Die Baugeschichte der Konventgebäude ist im Detail nicht überliefert. Aus Archivquellen ist bekannt, dass der Kreuzgang 1521 unter Abt Caspar Haberstro (amt. 1510–1524) neu erbaut wurde und später unter Abt Jakob Albrecht erneuert worden ist. Diese Angaben geben jedoch wenig über die Baugeschichte des Konventgebäudes vor 1740 wieder. Auch gibt es wenig Abbildungen über die Zeit, bevor die Barockisierung des Klosters vonstatten gegangen ist.[52] Das Kloster wurde von 1774–1781 unter Abt Johannes Baptista VI. von Mayenberg (amt. 1748–1782) neu errichtet.[53] Abt Gebhard Raminger (amt. 1582–1616) – er erhielt als erster Mehrerauer Abt das Pontifikalienrecht, d.h. er durfte Mitra bei Pontifikalämtern tragen – renovierte den inneren und äußeren Bau des Klosters und baute ihn zum Teil neu aus. Vor dem Ostflügel des Konventhauses entstand eine große Klosterbibliothek.[54] Abt Johannes von Meyenberg war der Initiator der Barockisierung des Konventgebäudes. 1779 ließ er die alte Bibliothek abbrechen und im obersten Stockwerk des Südflügels eine neue Barockbibliothek errichten. Den Barockstuck fertigte Peter Anton Moosbrugger an.[55] Alle repräsentativen Räume im Westtrakt, dazu zählen die Abtei, die Tafelsäle und die großen Eckzimmer im ersten und zweiten Stockwerk, sind ebenfalls barockisiert worden.

 

Die Aufhebung des Benediktinerklosters Mehrerau und das Schicksal der Abteikirche

Von der Aufhebung des Klosters 1805 bis zur Demolierung der Kirche vergingen drei Jahre. 1805 verlangte der Friede von Preßburg vom 26. Dezember den Habsburgern das Abtreten Vorarlbergs an die napoleonischen Bayern ab. Im April des darauffolgenden Jahres begannen die ersten bayrischen Beamten ein Inventar aller beweglichen und unbeweglichen Stiftsgüter des Benediktinerklosters Mehrerau anzufertigen. Mit dem Dekret vom 1. September 1806 galt das um 1097 am Bodenseeufer gegründete Benediktinerkloster Mehrerau als aufgelöst. Bis zum 28. Februar 1807 mussten die Benediktiner das Kloster räumen. Eine Woche vorher, am 22. Februar, fand die letzte Messe in der barocken Abteikirche statt. Mit dem 1. Dezember 1808 begannen die Einsturzpläne der Klosterkirche. Sechs Tage danach stürzte bereits der Turm.[56] Bis 1812 dauerte der Transport der Steine nach Lindau, da sich die Bregenzer Reedereien weigerten, die Steine ans andere Bodenseeufer zu schiffen. Zehn Schiffe mussten auf Druck der bayrischen Administration letzten Endes bereitgestellt werden, um das abgebrochene Baumaterial zu befördern.[57] Mit den Steinen der Kirche und mit den im Gotteshaus befindlichen Grabplatten wurde in Lindau der Hafen gebaut. Das Kirchensilber kam nach München. Noch bis heute ist sein Standort unklar. Das Inventar der Klosterkirche wurde an die Gemeinden in Vorarlberg und in die Schweiz verkauft und wahrscheinlich zum Teil von den Mönchen von Mehrerau mitgenommen und verschenkt. Nach Auflösung des Benediktinerklosters wurde das Konventgebäude bis zu seiner geistlichen Wiederbesiedelung zunächst als Kaserne, später dann als eine Fabrik benutzt.[58]

 

Abb. 4: Isometrischer Aufriss der romanischen Basilika. In: Kolumban SPAHR, Unsere romanische Kirche. In: Mehrerauer Grüße 19 (1963) 1–23, hier 11.

Abb. 4: Isometrischer Aufriss der romanischen Basilika. In: Kolumban SPAHR, Unsere romanische Kirche. In: Mehrerauer Grüße 19 (1963) 1–23, hier 11.

 

 

Der Aufbau der barocken Abteikirche

Die Gestaltung des Innenraums der Barockkirche lässt sich schwer rekonstruieren. Lediglich die Bauverträge und Grundrissprojekte gewähren ein Einblick in die Innenraumgestaltung. Wenige Bildzeugnisse der Barockkirche sind noch erhalten.[59] Bis heute stehen zahlreiche Kirchenmöbel der barocken Ausstattung der Klosterkirche in den Pfarrkirchen Vorarlbergs und der Schweiz.

Von 1740 bis 1743 ließ der damalige Abt Franziskus Pappus von Laubenberg, Tratzberg und Rauchenzell (amt. 1728–1748) auf den Fundamenten der romanischen Basilika (Abb. 4) das bedeutendste Werk der Vorarlberger Barockbauschule auf heimischem Boden errichten: die barocke Abteikirche wurde zunächst unter Anleitung von Franz Anton Beer (*1688, †1749), später von Johann Michael Beer (*1696, †1780) errichtet.[60] Die Kirche besaß keine Empore. Der Raum wurde durch zwei übereinander angebrachte Fensterreihen erhellt. Ein noch bestehendes Beispiel dieser Bauart befindet sich in Untereggen über Rorschach (CH). Dieses Gotteshaus wurde ebenfalls von Franz Anton Beer erbaut. In dieser befindet sich sogar noch ein Altar, welcher ursprünglich in der barocken Kirche von Mehrerau stand (Abb. 5).[61]

Den Außenbau beschreibt Amann folgendermaßen:

„Die Kirche besaß eine bemerkenswert bewegte, geschwungene Fassade, die aus einem konvex hervortretenden Mittelteil und den konkav zurückgezogenen Flanken bestand. Sie war durch Lisenen und Gesimse gegliedert, deren helle Farbigkeit sehr stark mit der roten Ziegelmauer kontrastierten. Das Portal wurde ebenfalls an den Seiten durch schmale Säulen und darüber durch ein Gebälk und Voluten betont. Ebenso wurde der Giebel durch Voluten geziert und abgeschlossen. Auf diesen Voluten standen vereinzelt Statuen.“[62] (Abb. 6)

Seitlich am Hauptportal in der Turmvorhalle der Pfarrkirche St. Gallus befinden sich zwei Sandsteinfiguren aus der barocken Abteikirche von Mehrerau: die Heiligen Petrus und Paulus wurden von Johann Joseph Christian (*1706, †1777) 1740 angefertigt. Zusammen mit anderen Statuen befanden sich diese vermutlich an der Fassade der Barockkirche. Drei weitere Statuen von Christian sind belegt. Ihr Verbleib ist jedoch unbekannt.[63]

Genauso wie der romanische Vorgängerbau, war ihre barocke Nachfolgerin mit einem Querschiff versehen. Diese war jedoch schwächer ausgebildet als in der Vorgängerkirche. Das Querhaus war zwei Fensterachsen breit und besaß ein Walmdach. Die Kirche war als Saalraum konzipiert. Das Langhaus war mit flachen Gewölben ausgestattet. Die Vierung der Kirche war mit einer acht Meter breiten Kuppel versehen. Am im Osten aufgebauten Presbyterium schloss sich direkt der Turm an.[64]

Er selbst musste von schöner Gestalt gewesen sein. P. Meinrad Merkle (*1781, †1845) berichtet von einer Verkleidung von Sockel und Seiten in grauem Sandstein mit harten, rötlichen Quadern als Mittelfüllungen. Der Sandstein stammte von einem klostereigenen Steinbruch. Die erste Abteilung des Turmes war in toskanischer, die zweite in dorischer und die obere in ionischer Ordnung ausgeführt. An der Spitze stand ein großes vergoldetes Kreuz auf einer mit Kupfer eingedeckten Kuppel.[65]

 

 

Abb. 5: Der 1740 von Johann Michael Beer gezeichnete Plan der 1806 abgebrochenen Kirche. © Pius Bieri

Abb. 5: Der 1740 von Johann Michael Beer gezeichnete Plan der 1806 abgebrochenen Kirche. © Pius Bieri

 

Der Innenraum der Barockkirche

P. Meinrad Merkle, der selbst bis zur Aufhebung des Benediktinerklosters Konventuale der Abtei gewesen ist, schildert, dass der Innenraum geräumig gewesen sei, hell und fern von überbordendem Schmuck. Ein Eisengitter trennte das Volk von der Klausur, in welcher die Seitenaltäre gestanden haben.[66]

Die Ölgemälde und Fresken im Innenraum wurden von Franz Georg Hermann (*1692, †1768) aus Kempten gestaltet. Die Kuppel in der Vierung der Kirche war aller Wahrscheinlichkeit nach kunstvoll verziert. Sieben Altäre wurden nachweisbar am 13. und 14. Juli 1746 durch den Konstanzer Weihbischof Karl Josef Fugger (amt. 1739–1778) geweiht. Der Hochaltar der barocken Abteikirche von Mehrerau steht heute in der Höchster Pfarrkirche St. Johannes der Täufer (Bezirk Bregenz). Nach der Aufhebung des Klosters 1806 kam er nach Höchst, allerdings kamen nach dem Neubau der Kirche von Höchst 1908–1910 Altar oder zumindest Teile davon in die dortige Leichenhalle.

Die Altäre der hll. Johannes und Josef kamen nach Satteins (Bezirk Feldkirch) in die Pfarrkirche St. Georg. Der Benediktsaltar – er war unter anderem auch den hll. Maurus, Placidus, Magnus, Theodor, Eustachius, Sigebert und Othmar geweiht – kam nach Untereggen (Sankt Gallen/CH) in die Pfarrkirche St. Maria Magdalena. Der Altar war mit Skulpturen der heiligen Petrus und Paulus ausgestattet, die um 1740 von Abraham Baader (*1694, †1748) aus Wessobrunn angefertigt wurden. Das Altarblatt, das den Tod des hl. Benedikt darstellte, wurde 1746 von Franz Georg Hermann gemalt. Drei weitere Altäre, der Scholastikaaltar, der Kreuzaltar und der Marienaltar, kamen in die Pfarrkirche St. Sebastian nach Schwarzach (Vorarlberg). Es handelte sich hierbei um drei „Zopfaltäre“ in Gipsstuck. Anfänglich ebenfalls von Franz Georg Hermann gemalt, wurden diese von einem seiner Söhne 1744 abgeschlossen. Das Altarblatt des Scholastikaaltars zeigt den Tod der Heiligen, das Altarblatt des Kreuzaltars Christus am Kreuz. Das Altarblatt des Marienaltars veranschaulichte die Übergabe des Skapuliers an den hl. Simon aus den Händen der Gottesmutter. Nachdem die Pfarrkirche St. Sebastian in Schwarzach 1901–1903 neu gebaut wurde, verschwanden die Altäre.

Drei Altäre kamen in die Pfarrkirche zur Heiligsten Dreifaltigkeit nach Schwarzenberg (Bezirk Bregenz), ein weiterer Altar in der Pfarrkirche St. Martin nach Scheffau (D). Der Altar in Scheffau wurde zu einem Hochaltar umgewandelt. Es stellt auf seinem Altarblatt Christus am Kreuz dar. Das Bild wird umrahmt von zwei glatten Säulen mit vergoldeten unten kannelierten Schäften. Im Altarauszug ist der hl. Maurus abgebildet, von Putten umgeben.

Das Chorgitter der barocken Abteikirche wurde am 31. Mai 1738 von Abt Franziskus Pappus in Auftrag gegeben. Mathias Kalchgraber, Schlossermeister der Benediktinerabtei Isny, hatte dieses Gitter bis zum 2. Februar 1739 anzufertigen und anzubringen. Nach der Aufhebung des Klosters 1806 wurde das Gitter versteigert. Ihr derzeitiger Standort ist unbekannt. Vermutlich ist diese Eisenarbeit nicht mehr erhalten.

Das Chorgestühl der barocken Abteikirche fand im Presbyterium der Stadtpfarrkirche St. Gallus ihren Platz. Es wurde von Johann Joseph Christian aus Riedlingen begonnen und von einem anderen Künstler beendet. Das aus Nussbaumholz bestehende Möbelstück wurde von Minoritenbruder Clemens Seehuber ausgeführt und von Johann Geiger (Lebensdaten jeweils unbekannt) aus Salem gefasst. Es bot Platz für 38 Mönche. Die Bankdocken waren kunstvoll gestaltet. An den Rückenlehnen des Chorgestühls sind Bildnisse von zwölf Heiligen und Seligen angebracht, die mit dem Kloster Mehrerau in Verbindung gestanden sind bzw. haben sollen: Magnus, Theodorus, Attalus, Babolenus, Chagnoald, Merbodus, Placidus, Sigbertus, Eustachius, Sigebertus, Othmarus und Gallus. Der Auftrag für ein neues Chorgestühl erging am 29. Dezember 1741 an Johann Joseph Christian. Die Bankdocken des Chorgestühls kamen später in die Pfarrkirche Unserer Lieben Frau von Berneck (Sankt Gallen/CH).

Die Beichtstühle fanden in die Pfarrkirche Sankt Sebastian in Schwarzach ihren neuen Standort.

Die Abteikirche besaß zwei Orgeln. Die große Orgel wurde 1745 von Johann Georg Aichgasser (*1701, †1767) aus Überlingen gebaut. Ihr Schicksal ist unbekannt. Die Chororgel wurde 1807 gekauft, kam aber erst 1813 in die Pfarrkirche Maria Heimsuchung in Dornbirn–Haselstauden.[67]

 

Abb. 6: Die aus der Erinnerung 1819 von Valentin Geller stammende barocke Abteikirche von Mehrerau. © Pius Bieri

Abb. 6: Die aus der Erinnerung 1819 von Valentin Geller stammende barocke Abteikirche von Mehrerau. © Pius Bieri

 

Von Wettingen nach Mehrerau: Wettingen–Mehrerau

In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts zeichnete sich für die Zisterzienser des Klosters Wettingen ein immer schwieriger werdendes Klosterleben ab. Zahlreiche Repressalien vonseiten des Kantons Aargau – hier zu nennen sind die Aufhebung der Klosterschule 1835, die verlangten Staatsbeiträge, klosterfeindliche Agitationen im Dorf Wettingen sowie ein Aufnahmeverbot von Novizen – mussten die Mönche des seit 1227 bestehenden Klosters Wettingen, gegründet von der Reichsabtei Salem, über sich ergehen lassen.[68] Im Konvent von Wettingen wurde am Dienstag den 26. Januar 1841 durch zahlreiche Staatsmänner das Dekret der Vertreibung der Mönche und die Liquidation der Klöster im Kanton verkündet. Innerhalb von 48 Stunden hatten die Bewohner die Räumlichkeiten zu verlassen und nur die privaten Habseligkeiten mitzunehmen.[69] Als Datum der Aufhebung des Klosters Wettingen ist der 28. Januar 1841 zu nennen.[70] Am 19. Januar 1854 genehmigte Kaiser Franz Joseph I. (amt. 1848–1916) den Antrag seines Kultusministers auf Niederlassung der Wettinger Zisterziensermönche in Mehrerau.[71] Dreizehn Jahre der Suche nach einem neuen Heimatort waren damit zu Ende. Mit dem Einzug von Abt Leopold Höchle (amt. 1854–1864), dem ersten Prior von Mehrerau,[72] am 2. Juli 1854 begann der neue Abschnitt des Wettinger Klosterlebens in der Mehrerau.[73]

 

Der Beginn zisterziensischen Lebens im Benediktinerkloster Mehrerau

Als die Mönche von Wettingen das Kloster Mehrerau bezogen, stand das Klostergeviert zum Bodensee hin offen, weil die Kirche 1808 abgebrochen worden war. Die Wirtschaftsgebäude waren auf der westlichen Seite des großen Klosterhofes teilweise abgebrannt. Ab Sommer 1854 begannen die allernotwendigsten Adaptierungsarbeiten und Reparaturen. Die Barockbibliothek, welche nach der Auflösung der Benediktinerabtei Mehrerau unter anderem als Tanzsaal genutzt wurde, wurde zur provisorischen Mönchskapelle umgebaut. Die spätere Agathakapelle wurde als Gotteshaus für die um dem Kloster wohnenden Laien genutzt.[74] Am 18. Oktober 1854 fand dann der Wiederbesiedelung im Rahmen eines Gottesdienstes in der Barockbibliothek statt. Damit begann das gemeinschaftliche Leben der Zisterzienser von Wettingen in der Mehrerau. Ein Neubau einer Kirche wurde von Beginn an ins Auge gefasst und noch in der Eröffnungsfeier vom ersten Prior von Mehrerau, Abt Leopold, angekündigt. Es wurde für die Wiedererrichtung der Mehrerauer Abteikirche zu Spenden aufgerufen.[75]

 

Abb. 7: Mehrerau vor den Zerstörungen des 19. Jh. in einer aquarellierten Federzeichnung. © Pius Bieri

Abb. 7: Mehrerau vor den Zerstörungen des 19. Jh. in einer aquarellierten Federzeichnung. © Pius Bieri

 

Die erste Zisterzienserkirche

Die neue Kirche für die in die Mehrerau eingezogenen Wettinger Zisterzienser entstand in den Jahren 1855–1859 nach den Plänen des königlich-bayerischen Hofbauinspektors Eduard von Riedel (*1813, †1885) im „Münchner Rundbogenstil“ (Abb.7).

Das Gewölbe war aus Holz, die Altäre größtenteils wertlos.[76] Die Gestaltung des Kirchenraumes führten nach 1859 zwei Künstler durch: während Franz-Xaver Kolb (*1827, †1889) aus Ellwangen die Figuren schuf, malte Hanns Martin (*1853, †1919) die Kirche aus.[77] Er führte auch die Fresko-Ausmalung der Kirche St. Leopold in Dornbirn aus.[78] Weihbischof Georg von Prünster (amt. 1774–1861), damals für das Fürstbistum Brixen als Auxiliarbischof und Generalvikar in Vorarlberg tätig, weihte die Kirche am 7. August 1859 ein. Der Turm und einige Seitenaltäre waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt.[79]

Die Kirche war einschiffig und hatte ein schwach ausladendes Querschiff, ähnlich dem Vorgängerbau von 1740. An der Ostseite des halbrunden Chores war der Kirchturm angebracht. Erst 1872 wurde dieser vollendet. Die Außenmauern an den Langseiten waren durch Blendkolonnaden gegliedert, die Westfassade mit einem dreiteiligen Portal und Steinstatuen ausgestattet. Zwölf hölzerne Altäre waren in der Kirche verteilt. Sechs Altäre wurden nach den Entwürfen des Malers Franz-Xaver Kolb durch die Kunst-Schreinerei Bertsch in Dormettingen im Königreich Württemberg angefertigt. Seit 1895 stand in der Mitte vor dem Chorgitter ein Sakramentsaltar, der 1931 in das nördliche Querschiff, anstelle des dortigen St.-Columban-Altars versetzt wurde. Zwei rückwärtig aufgestellte, gotisch stilisierte Altäre wurden 1901 und 1922 im Langschiff aufgestellt. Kolb entwarf unter anderem auch die Kanzel, das Chorgestühl und die Plastik der Orgeln. Eine stand im Mönchschor und eine auf der rückwärtigen Empore im Westen. Die Orgel im Mönchschor schuf der Bregenzer Schreinermeister Spratler, die auf der Empore Josef Bertsch (*1841, †1911). Die Chororgel fasste acht Register, von der Orgelbaufirma Behmann geschaffen. Die große Orgel der Kirche besaß dreißig Register. Diese wurde an Sonn- und Feiertagen genutzt und stammte aus der Hand des Orgelbauers Ernst-Wilhelm Meyer (*1779, †1868).

Der Hochaltar wurde unterhalb der Mensa mit einem Schrein, welche eine größere Reliquie des hl. Bernhard enthielt, ausgestattet.[80] Sie befindet sich heute unter der Mensa des Altares der Agatha-Kapelle. Fünf große Holzskulpturen zierten die Wände des Kircheninneren: die vier lateinischen Kirchenväter und der hl. Johannes der Täufer.[81] Sie stehen heute am Schluss der Großen Bibliothek im Südtrakt. Seit den Umbaumaßnahmen im Kapitelsaal 2023 bis 2024 steht die Statue des hl. Johannes des Täufers im neu geschaffenen Eingangsbereich des Kapitelsaals, der vom Krankentrakt aus betreten werden kann. An dieser Stelle stand bis vor kurzem noch ein Altar zu Ehren des hl. Joseph.

Unter dem Querschiff befand sich eine Gruft, in welcher die Äbte von Wettingen-Mehrerau und andere Kirchenfürsten bestattet wurden.[82] Die Gebeine der Gruft wurden nach dem Neubau der Abteikirche 1962 bis 1965 in die sogenannte „Unterkirche“ umgebettet. Während die Äbte von Wettingen-Mehrerau präsentabel in der Mitte der Unterkirche ihre letzte Ruhe gefunden haben, befinden sich die auswärtigen höheren Geistlichen im nördlichen Querschiff der alten romanischen Basilika, deren Fundamente heute die Unterkirche zieren und strukturieren. Als bedeutendster der bestatteten Hausgäste sei Josef Kardinal Hergenröther zu nennen, der 1890 in Mehrerau verstorben ist. Unter Papst Pius IX. (amt. 1846–1878) war er 1877 zum päpstlichen Hausprälaten ernannt worden. Papst Leo XIII. (amt. 1878–1903) kreierte ihn 1879 zum Kardinal. Im gleichen Jahr wurde Hergenröther Präfekt des vatikanischen Geheimarchives. Im Sommer 1890 starb er in der Mehrerau, welche er gerne besuchte. Er wurde zunächst in der neuromanischen Stiftskirche beerdigt und später umgebettet.[83] Sein Epitaph, das damals die Sargnische des Kardinals zierte, ist zwar in der Unterkirche vorhanden, jedoch nicht gut sichtbar. Sie wurde 1897 vom Münchner Bildhauer Balthasar Schmitt (*1858, †1942) entworfen und hergestellt. Das Bildnis zeigt einen Kardinal, unter Maria mit Kind, dem hl. Joseph und Engeln ruhend.[84]

Auf der Evangelienseite des Hochaltares befand sich der 1902 von Kunstmaler Victor Mezger (*1866, †1936) entworfene Gnadenaltar, gegenüber auf der Lavaboseite der 1922 erschaffene Engelaltar, der als ex voto zum Dank für den Schutz der Patres und Schüler des Collegium Bernardi im Ersten Weltkrieg gedacht war. Abt Kassian Haid (amt. 1917–1949) lieferte die Ideen für die Darstellungen auf dem Altarbild: „Die neun Chöre der Engel, die segensreiche Tätigkeit der Schutzengel“. Gestiftet wurde der Altar von Klemens und Ida Hager-Römer in Gossau.[85]

 

Die Zisterzienseräbte als Bauherren

Unter den Zisterzienseräbten von Mehrerau tritt ein Bauherr besonders in Erscheinung: Abt Maurus Kalkum (amt. 1878–1893). Er war für die Fertigstellung der Klosterkirche verantwortlich.[86] Man glaubte damals die architektonischen Missverhältnisse der neuen Kirche durch eine überreiche Ausmalung beheben zu können. So entwarf 1880–1884 Franz-Xaver Kolb aus Ellwangen über 130 Gemälde in Flachmalerei mit insgesamt 3200 m2 Fläche.[87] Erst 1872 wurde der Turm vollendet.[88] Neue Altäre wurden aufgestellt, eine Gruft gebaut. Es wurden zwei Orgeln errichtet, der Mönchschor wurde verlegt und eine Reihe neu erworbener Reliquien im Gotteshaus aufgestellt.

Nach der Fertigstellung der Kirche animierte Abt Maurus Kalkum weitere Bauprojekte.

Unter ihm wurde das Schul- und Internatsgebäude umgestaltet.[89] Franz Anton Beer (*1688, †1749), Architekt der barocken Abteikirche von Mehrerau, hatte damals noch unter den Benediktinern von Mehrerau 1728 das Gast-, Hof- und Ökonomiegebäude errichtet. Sie bildeten die Anfänge der heutigen Schule und des Internats. Er baute auch das Amtshaus für die Verwaltung der im Land verteilten Besitzungen.[90] Heute ist es im Besitz des Gasthauses Lamm.

Unter Abt Kalkum entstand ein neues Stockwerk. Ein 20 m langer Anbau in Richtung Norden wurde dem bereits bestehenden Kolleg angefügt. Im neuen zweiten Stock wurde die neue Studenten- beziehungsweise Kongregationskapelle nach den gemeinsamen Plänen von Jakob Hütle und Pater Dominikus Willi (*1844, †1913), des späteren Abtes von Marienstatt (amt. 1889–1898) und Bischofs von Limburg (amt. 1898–1913), errichtet. Auch im Kollegium gestaltete Franz-Xaver Kolb die Kapelle.[91]

Abt Laurentius Wocher (amt. 1893–1895) griff für seine Bauvorhaben auf die mittelalterliche Baukunst der Zisterzienser zurück.[92] Unter ihm sind der Kapitelsaal und das Refektorium gebaut worden.[93]Auch für das neue Refektorium des Klosters von 1894 ist er verantwortlich. Der Ausbau des ursprünglichen Vierkanters – das Konventgebäude wurde nach Osten und Süden hin erweitert – fällt ebenfalls in seine Amtszeit.

Sein Nachfolger Augustin Stöckli (amt. 1895–1902) veranlasste großzügige Neubauten in der Mehrerauer Ökonomie, nachdem ein Brand 1898 einen Teil der Gebäude vernichtet hat. Die Brandruine wurde weiträumig wieder aufgebaut. Er errichtete Teile des Kollegiums, den Speisesaal, einen Schlafsaal und die Duschen.[94]

Abt Eugen Notz (amt. 1902–1917) baute in seiner Amtszeit nur den Turm der Studentenkapelle. Weitere Bauvorhaben fallen nicht mehr in seine Zeit.[95]

Unter Abt Kassian Haid wurde das Sanatorium Bad Mehrerau gebaut. Von 1922 bis 1923 erbaute man nach Plänen von Clemens Holzmeister (*1886, †1983) das neue Sanatorium „Maria, Heil der Kranken“.[96] Die Gründe für einen Bau eines solchen Sanatoriums waren zweierlei. Zum einen suchte man weitere Kreise für die Nutzung der Anstalt zu erschließen. Zum anderen wollte man mit diesem Bau einen neuen Seelsorgeraum schaffen, damit die Priester des Klosters ein neues Feld der Pastoral bespielen konnten. Viele Mehrerauer Patres haben sich seitdem um die Seelsorge im Sanatorium bemüht. Die Marienplastik entwarf Albert Berchtold (*1885, †1965). Den Neubau stemmte das Kloster finanziell selbst. Bis in die 1960er Jahre hinein bezahlte die Abtei die Schulden für den Neubau ab. Abt Kassian Haid weihte den Neubau am 24. Juni 1923 feierlich ein. Vier Tage danach wurde der Neubau abgenommen und am 7. Juli erteilte die Landesregierung von Vorarlberg ihr Einverständnis zur Inbetriebnahme der Privat-Heilanstalt „Heilbad und Chirurgisches Sanatorium Mehrerau“. Zu dem Zeitpunkt galt das, auch unter dem Namen „Sanatorium-Bad Mehrerau“ bekannte Krankenhaus als das modernste seiner Art in ganz Vorarlberg.

Das Unterfangen des in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts immer notwendiger gewordenen Kirchenneubaus sollte unter der Leitung von Abt Heinrich Suso Groner (amt. 1949–1968) neu aufgefasst und vollendet werden.[97]

Abt Kassian Lauterer (amt. 1968–2009) nahm die Sanierung und Renovierung des Klosters in Angriff. Die Kreuzgänge und Zellen wurden erneuert, die Fassaden überholt. Die Sanitär- und Heizungsinstallationen des Klosters wurden auf einen zeitgemäßen Standard erhoben. Unter ihm entstand ein neues Klosterarchiv und der Turm der Klosterkirche wurde saniert. Das Refektorium wurde restauriert und der Kapitelsaal erneuert. Das Kollegium wurde ebenfalls neu gestaltet. 1970 wurde die Außenfassade erneuert. Der Speisesaal des Collegiums wurde einer umfassenden Renovierung unterzogen. Dadurch kamen viele interessante Malereien auf Holz zum Vorschein. 1981 wurde die Kapelle des Kollegiums gründlich überholt und neben dem Schulgebäude eine neue Turnhalle errichtet.[98]

In der Nacht auf den 4. Mai 2012 brannte die Tischlerei, Schlosserei sowie ein Holzlagergebäude ab.[99] Abt Anselm van der Linde (amt. 2009–2019) ließ daraufhin eine neue Tischlerei bauen. Sie wurde ein Jahr nach dem verheerenden Feuer eingeweiht.[100]

Unter Abt Vinzenz Wohlwend (amt. seit 2019) ist, im Kontext des Jubiläumsjahres 2027, eine Großsanierung des Klosters geplant und z.T. schon umgesetzt worden.

 

Die neue Zisterzienserkirche

 

Spahr war der Auffassung, dass die Notwendigkeit einer Erneuerung der Abteikirche niemand bezweifeln konnte. Ein Fundamentrost war zur Zeit des Kirchbaus 1855 bis 1859 aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen nicht möglich. Die architektonischen Missverhältnisse des Kirchenbaus erhoffte man durch eine überreiche Ausmalung in den Jahren 1880–1884 zu beheben. In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts plante bereits Abt Laurentius Wocher die Klosterkirche in eine Original-Zisterzienserkirche umzubauen. Sie wäre nach dem Vorbild der zweiten Abteikirche von Citeaux (FR) mit einem großen, eckigen Umgangschor versehen worden, wie er heute noch in Ebrach, Riddagshausen (D) oder Lilienfeld erhalten ist. Die Ausführung wurde allerdings nicht mehr fortgesetzt. 1904 wurde in der Kirche ein neuer Fußboden verlegt. Im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts regten sich im Klosterkonvent von Mehrerau Stimmen für eine Umgestaltung des Mönchschores. Sogar untertags waren die Lichtverhältnisse für das Chorgebet ungünstig geworden und die Oberen des Klosters hatten vom Chorgestühl aus keine gute Sicht auf den Hochaltar. Auch die Akustik soll schlecht gewesen sein. So zog man 1946 die beiden Chorgestühl-Seiten näher zusammen, hinauf in die Apsis.[101] Die etwas hastig, unmittelbar nach der Besiedlung durch die Zisterzienser von Wettingen begonnene Errichtung der neuromanischen Abteikirche entsprach nicht mehr den Anforderungen. Zudem stieß die künstlerische Gestaltung immer mehr auf Kritik.[102] Es soll nun eine echte Zisterzienserkirche in Angriff genommen werden, die zeitgemäß sei. Nicht nur die Raumaufteilung legt die zisterziensische Tradition fest, auch für die Raumausstattung verlangt man Klarheit, Nüchternheit, Einfachheit, Askese und Strenge.[103]

Der Zweck für die Erneuerung der Kirche war laut Spahr: „Einmal soll alles entfernt werden, was wertlos ist und von schlechtem Geschmack zeugt wie die nichtssagenden Seitenaltäre aus Holz, die zahlreichen Statuen u.ä. Dann soll zu Ehren kommen, was an künstlerisch wertvollen Gegenständen bereits im Kloster vorhanden ist. Daher gehören einige Tafelbilder aus der Spätgotik und Frührenaissance; die Grablegung Christi, die beiden Muttergottes-Statuen, die ja schon in der Kirche sind. Es soll aber auch die gediegene moderne Kunst hier eine Heimstätte finden. Materialecht und -gerecht soll die Einfachheit und Größe der Architektur besser herausgehoben werden, und so dem Raume die echte sakrale Note geben, wie es sich für ein Bethaus ziemt. In erster Linie aber wollen wir eine Mönchskirche haben, und zwar eine Zisterzienserkirche, die den Idealen und der einzigartigen Bautradition unseres Ordens entspricht. Sie ist es auch, die mit der modernen Baukunst vieles gemeinsam hat: Einfachheit, Wirkung vor allem durch die Architektur, straffe Geschlossenheit und Beschränkung auf das wesentliche, weniges, aber dieses von einprägsamer Klarheit und Kraft.“[104]

Als Architekt der modernen Abteikirche konnte Hans Purin (*1933, †2010), ehemaliger Schüler des Collegium Bernardi, gewonnen werden. Alles, was als wertlos erachtet wurde, wurde aus der alten Abteikirche entfernt. Nur ein kleiner Bruchteil fand Platz im Inventar des Klosters. Unter den entfernten Kirchenmöbeln sind aus damaliger Sicht wertlose Seitenaltäre aus Holz, zahlreiche Statuen oder ähnliches gewesen. Auch einiges, was heute als erhaltenswert gelten könnte, fiel der Modernisierung anheim. An der Westfassade der Kirche brachte der Künstler Herbert Albrecht (*1927, †2021) ein gewaltiges Betonrelief an. Es versinnbildlicht das 12. Kapitel aus der Offenbarung des Johannes und nimmt Bezug auf das Patrozinium der Kirche: Mariä Himmelfahrt.[105] Am 28. April 1961 wurde im Gewächshaus des Klostergartens, in welchem Albrecht sein Atelier einrichtete, ein Modell dieser Plastik aufgestellt und im Konvent zur Besichtigung dargeboten. Nachdem die Mönche mit dem Plan des Künstlers einverstanden waren, begann Albrecht am 10. Oktober 1961 mit dem Eingießen der Betonplastik. Der Künstler war von vornherein an die Form seines Kunstwerkes gebunden, als er nach dem Plan des Architekten eine der Betonwände plastisch zu beleben hatte. Es sollte schließlich die Westfassade werden. Herbert Albrecht verstand es, die Thematik der Offenbarung kraftvoll und wuchtig zu gestalten und so das Wesentliche auszusagen. Nach dem Seher von Patmos, dem hl. Johannes dem Evangelisten, ist der Standort des Betrachters die Erde, von wo aus der am Himmel eine überirdische Frauengestalt erblickt, die ein großes Zeichen bedeutet; es ist die Messiasmutter.[106]

Dem Architekten Purin sollte genügend Raum für künstlerische Freiheit gegeben werden. Lediglich an die Raumaufteilung, die von den liturgischen Vorschriften der Zisterzienser verlangt wird, sollte sich der Architekt halten. Im Langhaus befinden sich die Kirchenbänke für die Laien, der durch eine Kommunionbank – diese ist zugleich Klausurschranke – begrenzt wird. Über dem Westeingang befindet sich eine Empore für Gesangschor und Orgel. Anders als früher ist der Hochaltar deutlich sichtbar herausgehoben. Er ist fest eingelagert in der Mitte des Presbyteriums, der sich im Osten der Kirche befindet. Dort war auch ursprünglich ein Tabernakel mit dem Allerheiligsten geplant.[107] Allerdings befindet sich nun ein schlichter Marmortabernakel direkt neben der Vierung an der Ostwand des rechten Querhausarms, den der Bildhauer, Maler, und Dichter Hans Arp (*1887, †1966) im Jahr 1963 schuf.[108] Hinter dem Tabernakel am Hochaltar befand sich ein Altarkreuz. Mit der neuen Mönchskirche wurden die Stallen-Abstände des Chorgestühls von der einen zur anderen Seite geringer, die Breite entspricht der der Apsis. Damit die Gläubigen eine gute Sicht auf den Hochaltar haben, wurde auf eine erhöhte Rückwand der Chorstellen verzichtet.

Unterhalb der Empore wurde die Gnadenkapelle eingefügt. Zunächst war geplant, diese an einen Außenbau beziehungsweise Anbau anzubringen, jedoch empfand man jede Art von Zubau an der Außenseite der Kirche als störend und zum Nachteil für die geschlossene Wirkung des Baukörpers. Purin bestimmte das Mitteljoch der um ein Stockwerk herabgezogenen Orgelempore als maßgebend für die Raumhöhe und -breite der neuen Gnadenkapelle. Sie ist zwischen den beiden Seitenportalen von außen her betretbar. Ursprünglich war für den Ostabschluss der Gnadenkapelle eine Glaswand geplant. Grund dafür war der Wunsch, sie wie ein Westchor wirken zu lassen, in dem Gläubige zu einer ungestörten stillen Andacht weilen können, während gleichzeitig der Klosterkonvent das Stundengebet feiert.

Von all den Altären tritt im Besonderen der Hochaltar hervor. Der Architekt wollte so die Konzentration des gottesdienstlichen Raumes auf den Hochaltar lenken. Die Nebenaltäre und Beichtstühle kamen in Nebenräumen unter. Es wurden Seitenkapellen geschaffen, drei an der Zahl. Sie befinden sich an der Südwand der Kirche. An der Nordwand wurden zusätzliche Beichtstühle angefügt. Weitere Nebenaltäre wurden diskret in den Querschiff-Flügeln aufgestellt.[109] Die Kirche besitzt zwei Orgeln aus dem Orgelhaus Rieger in Schwarzach, eine große auf der Empore und eine Chororgel in der Nähe des neuen Chorgestühls.

Die vollständig erneuerte Klosterkirche konnte am 14. Juni 1964 eingeweiht werden (Abb. 8).[110]

 

Abb. 8: Der Konvent von Wettingen-Mehrerau beim Chorgebet in der neuen Abteikirche von 1965. © Angela Lamprecht

Abb. 8: Der Konvent von Wettingen-Mehrerau beim Chorgebet in der neuen Abteikirche von 1965. © Angela Lamprecht

 

Baugeschichte der Gegenwart: Die Großsanierung

Unter Abt Vinzenz Wohlwend begannen 2022 die Renovationsarbeiten am Klostergebäude. Bis zum Jubiläumsjahr 2027 – 800 Jahre Kloster Wettingen-Mehrerau – sollen die wichtigsten Sanierungen in vier Etappen abgewickelt werden. Das Gesamtvolumen für alle Bauabschnitte beträgt etwa 35 Mio. Euro. In der ersten Etappe von 2022 – Anfang Juni 2024 wurde sie abgeschlossen – wurde der einsturzgefährdete Osttrakt mit Pflegestation im Parterre komplett erneuert. Der Osttrakt stand seit vielen Jahren leer. Der barrierefreie Zugang mit Lift zum direkt anliegenden Kapitelsaal ermöglicht nun pflegebedürftigen Mitbrüdern ein leichteres Mitleben in der Gemeinschaft. Diese Bauetappe kostete rund 7 Mio. Euro

Seit Ende Mai 2024 wird der zweite Bauabschnitt angegangen: die Abteikirche. Die Infrastrukturleitungen, Verglasungen, Elektrik und das Dach sind sehr in die Jahre gekommen und müssen erneuert werden. Die ältesten Bauteile stammen noch aus der Zeit um 1800. Im Renovierungsprojekt werden unter anderem die Heizung und die Beleuchtung, aber auch die Orgeln integriert. Das Chorgestühl wird barrierefrei umgebaut. Im zweiten Bauabschnitt ist, neben der Abteikirche, auch der Kreuzgang mit eingeplant. Er wird im Erdgeschoss saniert. Zusätzlich entsteht ein neues Geschoss über dem nördlichen Teil: geplant ist eine Verbindungsbrücke zwischen West- und Ost-Flügel des Klosters mit Aufenthalts- und Meditationsräumen für Gäste. Das Investitionsvolumen des zweiten Bauabschnitts beträgt 3 Mio. Euro und wird zum Teil aus Eigenmitteln des Klosters finanziert, hinzu kommen Förderungen des Bundes, des Landes, der Stadt Bregenz und der Diözese Feldkirch und Spenden von Stiftungen, Unternehmen und Gläubigen.

In den weiteren Bauabschnitten wird auch der Gästebereich ausgebaut und renoviert. Neue Gästezimmer werden im Ostflügel entstehen. Im Südflügel wird die Küche umgebaut und die Bibliothek erweitert. Im Gesamtprojekt werden auch die Mönchszellen, sowie die Repräsentations- und Arbeitsräume des Abtes, die Fassade und die Fenster mit berücksichtigt und renoviert.

Zum Großteil ist das Kloster auf Spenden angewiesen. So sind Patenschaften mit Mäzeninnen und Mäzenen und andere Unterstützungsmöglichkeiten eingeplant, die noch in der Entwicklung sind.[111]

 

Maurus Korn OCist (*1995) ist 2015 in die Abtei Wettingen-Mehrerau eingetreten. 2021 legte er die Ewigen Gelübde ab und wurde 2023 zum Priester geweiht. Er studierte Theologie und Philosophie in Brixen und Innsbruck und promoviert derzeit an der Universität Augsburg. Er arbeitet als Autor in der Monatszeitschrift „Liturgie Konkret“ mit und ist Mitglied der Redaktion der Fachzeitschrift CISTERCIENSER CHRONIK.

Kontakt: fr.maurus@mehrerau.at

 
 

 

[1] Die Einsiedelei ist nicht durch Quellen gesichert, sondern ihr Standort beruht auf einer Legende.

[2] Karl Heinz BURMEISTER (*1936, †2014, Jurist, Historiker und Heraldiker), Zur Ausstattung der romanischen Kirche des Klosters Mehrerau, in: MONTFORT 60 (2008), 156–176, hier 156.

[3] Kolumban SPAHR (*1909, †2000, Zisterzienser und Kirchenhistoriker), Unsere romanische Kirche, in: Mehrerauer Grüße 19 (1963), 1–23, hier 1.

[4] Kolumban SPAHR, Zur Bau- und Kunstgeschichte der alten Mehrerau. Die Grabmäler, Altäre und Kirchenzierden, in: Mehrerauer Grüße 15 (1961), 1–22, hier 3.

[5] Wolfgang RUSCH, Die fünf Kirchen der Mehrerau. In: Bloß it vergeassa. Bregenzer Allerlei VII, Bregenz 1997, 15–34, hier 15.

[6] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 156.

[7] Karl Heinz BURMEISTER, Die Lyoner Urkunde von 1249. Über ein Exponat der Sommerausstellung Mehrerau, 900 Jahre Zukunft, in: MONTFORT 51 (1999) 235–236, hier 235.

[8] Columban SPAHR, Die Bibliothek der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau, in: MONTFORT 28 (1976) 217–220, hier 217.

[9] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 156.

[10] SPAHR, Baugeschichte (wie Anm. 4) 1.

[11] BURMEISTER Ausstattung (wie Anm. 2) 156.

[12] Ebd., 157.

[13] SPAHR, Baugeschichte (wie Anm. 4) 4.

[14] SPAHR, Romanische Kirche (wie Anm. 3) 12.

[15] Eva-Maria AMANN, Die romanische Kirchenanlage des Klosters Mehrerau und die Reste ihrer Ausstattung, in: MONTFORT 53 (2001) 383–406, hier 385.

[16] SPAHR, Baugeschichte (wie Anm. 4) 4.

[17] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 156.

[18] Ebd., 168.

[19] Ebd., 157.

[20] SPAHR, Unsere romanische Kirche (wie Anm. 3) 12.

[21] Ebd., 14.

[22] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 156.

[23] Ebd., 157f.

[24] SPAHR, Unsere romanische Kirche (wie Anm. 3) 16.

[25] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 158.

[26] Ebd.

[27] Ebd.

[28] SPAHR, Unsere romanische Kirche (wie Anm. 3) 8.

[29] Ebd., 10.

[30] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 388.

[31] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 159.

[32] Ebd., 158.

[33] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 388.

[34] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 159.

[35] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 388.

[36] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 159.

[37] Ebd., 160.

[38] Ebd., 168.

[39] Ebd.

[40] SPAHR, Baugeschichte (wie Anm. 4) 4.

[41] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 399.

[42] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 168.

[43] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 399.

[44] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 162.

[45] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 397.

[46] Johannes DUFT, Die selige Haberilia – eine Jüngerin des heiligen Gallus? Zu neuentdeckten Barockversen in der Stiftsbibliothek St. Gallen, in: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins (Bregenz 1995) 137–151, hier 149–151.

[47] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 392.

[48] Ebd., 394.

[49] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 163.

[50] Ebd.

[51] AMANN, Romanische Kirchenanlage (wie Anm. 15) 395.

[52] BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 156–157.

[53] SPAHR, Baugeschichte (wie Anm. 4) 18.

[54] Ebd., 12.

[55] SPAHR, Bibliothek (wie Anm. 8) 218.49 BURMEISTER, Ausstattung (wie Anm. 2) 163.

[56] Eva-Maria AMANN, Die Ausstattung der 1808 zerstörten Mehrerauer Barockkirche und ihre weitere Verwendung, in: MONTFORT 52 (2000) 332–360, hier 332.

[57] RUSCH, Fünf Kirchen (wie Anm. 5) 23.

[58] AMANN, Barockkirche (wie Anm. 56)

[59] Pius BIERI, Mehrerau: Ehemalige Benediktinerabtei und Kirche St. Peter und Paul (2008), https://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Werke/h-r/Mehrerau.html [Zugriff: 04.06.2024].

[60] AMANN, Barockkirche (wie Anm. 56).

[61]1 RUSCH, fünf Kirchen (wie Anm. 5) 20–21.

[62] AMANN, Barockkirche (wie Anm. 56).

[63] Ebd., 342.

[64] Ebd., 333f.

[65] RUSCH, fünf Kirchen (wie Anm. 5) 22.

[66] Ebd, 20–21.

[67] AMANN, Barockkirche (wie Anm. 56) 334–338.

[68] Anton KOTTMANN–Markus HÄMMERLE, Die Zisterzienserabtei Wettingen. Die Geschichte des Klosters Wettingen und der Abtei Wettingen–Mehrerau (Baden 1996) 264–277.

[69] Ebd., 287.

[70] Ebd., 288.

[71] Ebd., 305.

72 Die Äbte von Wettingen-Mehrerau erhalten nach dem Ortswechsel eine neue Titulatur. Als Beispiel: Abt Leopold Höchle, „42. Abt von Wettingen, 1. Prior von Mehrerau“. Im Volksmund werden die Prioren von Mehrerau als „Äbte von Mehrerau“ bezeichnet.

[73] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen-Mehrerau (wie Anm. 68) 307.

[74] Ebd., 332.

[75] Ebd., 335.

[76] Ebd., 336.

[77] RUSCH, Fünf Kirchen (wie Anm. 5) 27.

[78] Ausmalung Kirchenraum St. Leopold, https://stadtmuseum.dornbirn.at/kunstwerk/ausmalung-kirchenraum-st-leopold-st-leopold-hatlerdorf [Zugriff: 06.06.2024].

[79] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen-Mehrerau (wie Anm. 68) 336.

[80] Die heutige Abteikirche zu Mehrerau, in: Holunder. Wochen-Beilage der Vorarlberger Landes-Zeitung für Volkstum, Bildung und Unterhaltung 14. November 1936 (46/1936) 1–2, hier 1.

[81] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen-Mehrerau (wie Anm. 68) 336.

[82] Ebd.

[83] Friedrich Wilhelm BAUTZ, Hergenröther, in: Biografisch-Biblisches Kirchenlexikon 2 (1990) Sp. 746–747, hier Sp. 746.

[84] Die heutige Abteikirche (wie Anm. 80) 1.

[85] Ebd.

[86] Ebd.

[87] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen-Mehrerau (wie Anm. 68) 336.

[88] Die heutige Abteikirche (wie Anm. 80) 1.

[89] KOTTMANN–HÄMMERLE: Wettingen–Mehrerau (wie Anm. 68) 350.[

[90]  Ebd., 323.

[[91] Ebd., 350.

[92] Ebd., 354.

[93] Ebd., 350.

[94] Ebd., 355.

[95] Ebd., 356.

[96] Ebd., 365.

[97] Ebd., 376.

[98] Ebd., 382.

[99] Marc SPRINGER–Pascal PIETSCH, Großbrand beim Kloster Mehrerau in Bregenz: Drei Gebäude niedergebrannt (04.05.2012), https://www.vol.at/grossbrand-beim-kloster-mehrerau-in-bregenz-drei-gebaeude-niedergebrannt/3241203 [Zugriff: 07.06.2024].

[100] Katarina RANKOVIC, Eröffnungsfeier nach Großbrand (22.10.2023), https://www.vol.at/eroeffnungsfeier-nach-grossbrand/3741701 [Zugriff: 07.06.2024].

[101] Kolumban SPAHR, Die Erneuerung unserer Klosterkirche, in: Mehrerauer Grüße 14 (1961), 1–11, hier 1–2.

[102] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen–Mehrerau (wie Anm. 68) 376.

[103] Ebd., 377.

[104] SPAHR, Erneuerung (wie Anm. 101) 3.

[105] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen–Mehrerau (wie Anm. 68) 378.

[106] Kolumban SPAHR, Ein Zeichen erschien, in: Berufsvereinigung der bildenden Kunst Vorarlbergs (Hg.), Herbert Albrecht (Bregenz 1992) 26–35, hier 26.

[107] SPAHR, Erneuerung (wie Anm. 101) 6.

[108] Kassian LAUTERER, Zisterzienserabtei Wettingen–Mehrerau (Lindenberg 2007) 15.

[109] SPAHR, Erneuerung (wie Anm. 101) 6–7.

[110] KOTTMANN–HÄMMERLE, Wettingen–Mehrerau (wie Anm. 68) 378.

[111] Für nähere Informationen zur Klosterrenovierung: https://www.mehrerau.at/klostersanierung.

 


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