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Auf lange Sicht. Reflexionen zum Problem von Dauerausstellungen im klösterlichen Kontext

Andreas Gamerith

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Vortrag gehalten am Vernetzungstreffen Kulturgüter am 25. März 2025 im Stift Admont.

 

Die Entscheidung fällt nicht leicht. Und alle musealen Institutionen sehen sich mit einem ähnlichen Problem konfrontiert: In welcher Form demonstriert man einerseits „Lebendigkeit“ und regt zu wiederholten Besuchen an? Wie stellt man andererseits die wesentlichen Charaktere einer Institution/Sammlung vor und vermittelt dadurch ihre spezifischen Merkmale – ohne in den Geruch des Verstaubten, Schon-Gesehenen und Altbekannten zu geraten?

 

Während die Frage der Vitalität zumeist – und nicht immer vorteilhaft – mit dem Aktivismus von Sonderausstellungen beantwortet zu sein scheint, stellt die Suche nach einer Lösung für die Dauerausstellung grundlegendere Probleme. Denn der temporären Schau verzeiht man wohl eher inhaltliche oder ästhetische Schwachstellen; der „Kurzbesuch“ fremder Spitzenwerke kaschiert vermeintliche Lücken im eigenen Bestand und lockt zur Gelegenheit, ein weitgereistes Original bestaunen zu können.

So fragwürdig diese (spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg gängige) Praxis der Sonderausstellungen an sich schon wäre, bedeutet sie für die Entwicklung stimmiger Dauerpräsentationen eine Gefährdung, indem das Spektakel häufig der nachhaltigen, freilich auch vermeintlich unspektakulären Auseinandersetzung mit den eigenen Beständen im wahrsten Sinne „die Show stiehlt“ – finanziell und in Bezug auf die Aufmerksamkeit. Und besonders verzwickt gestaltet sich die Frage nach der Dauerpräsentation im Fall der Klöster und geistlichen Institutionen: Die prinzipielle Berührungsangst, durch ein permanentes Angebot an Exponaten und Schauräumen als Museum abgetan zu werden, verstärkt die Sorge, als religiöse Instanz an Aktualität zu verlieren und durch die Öffnung die eigene Identität aufs Spiel zu setzen.

 

Die historische Aufnahme der kleinen (verlorenen) Gemäldegalerie des Zwettler Zimmers in Stift Altenburg ist ein Beispiel für historische Präsentationsformen (Foto um 1911): Kunstwerk und Raum gehen eine ästhetische Symbiose ein; die einzelnen Objekt

Abb. 1: Die historische Aufnahme der kleinen (verlorenen) Gemäldegalerie des Zwettler Zimmers in Stift Altenburg ist ein Beispiel für historische Präsentationsformen (Foto um 1911): Kunstwerk und Raum gehen eine ästhetische Symbiose ein; die einzelnen Objekte stehen in beziehungsvoller Spannung zueinander. © Stiftsarchiv Zwettl

 

Ein Blick in die Geschichte macht hingegen deutlich, dass diese Spannung von Verschlossenheit – Claustrum – und Öffnung schon sehr lange die Geschichte der Klöster begleitet. Sie erweist sich, bei allen Risiken als Potenzial und nicht bloß als Preisgabe des eigenen Ideals. Der Blick zurück konfrontiert aber auch mit den Hintergründen von Erwartungen und Skepsis, die den Klöstern entgegengebracht werden. Seit Jahrhunderten.

 

Das (barocke) Kloster – ein Schauobjekt?

 

Als man sich anno 1722 im Waldviertler Zisterzienserstift Zwettl zum Um- bzw. Neubau der Stiftskirche rüstete, war die Aufregung groß. Scheinbar aus einem Missverständnis heraus wurden Pläne des genialischen Barockarchitekten Giovanni Biagio Santini-Aichel (*1677, †1723) für das böhmische Kloster Plasy/Plass, die über die internationalen Kontakte des Zwettler Abtes Melchior von Zaunagg (*1667, †1747) nach Zwettl gelangt waren, mit hochfahrenden Vorhaben eines kompletten Stiftsneubaues in Verbindung gebracht. Anonym richtete daraufhin einer der Mönche an den Abt ein wutentbranntes Schreiben, in dem er ausführlich die negativen Auswirkungen einer solchen Großbaustelle schilderte – für die Innenwahrnehmung barocker Baulust und der Abneigung wider derselben ein überaus kostbares Dokument.

Unter Punkt 9 warnt das Pamphlet eindringlich vor dem Fehler, die bestehende „Pracht und Erscheinung“ zu zerstören und die Traditionen des Ordens hinsichtlich des Kirchenbaues zu übergehen: non ad pascendos secularium hominum oculos, qui quandoque non devotionis sed magis curiositatis gratiâ splendidas frequentare solent ecclesias./„Nicht zur Augenweide weltlicher Menschen, die weniger aus Andacht, denn aus Neugierde prächtige Kirchen zu besuchen pflegen.“ Eine harsche Kritik also am Kloster-Tourismus bereits zur Zeit des Barock?

 

Die in der Zwettler Quelle erkennbare Ablehnung gegenüber jenen Gästen, die abseits religiöser Bedürfnisse die Zurückgezogenheit geistlicher Häuser stören, darf nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass gerade die Stifte des Wiener Umlandes spätestens ab 1720 Strategien entwickelten, ihre Bibliotheken und Büchersammlungen als Mittel der Demonstration von der „Nützlichkeit der Orden“ einzusetzen. Auch wenn sich die Struktur der Besucher hinsichtlich ihres gesellschaftlichen Standes, der Reisemotivationen etc. nicht generell erschließen lässt, zeigen die baulichen Interventionen im Bereich der Klosterbibliotheken deutlich die neue Forderung von Erreichbarkeit durch Außenstehende. In Gaming hatten sich die Kartäuser bereits 1722 entschieden, ihre Bibliothek zu verlegen, sodass Gäste sowohl den Büchersaal als auch das angrenzende Musäum bestaunen konnten. (Zudem hatten sie von einem Nebenraum aus die Möglichkeit, einen Blick auf das vorbildliche Leben von Kontemplation im Konvent zu werfen.) War im Stift Melk noch eine Änderung an den Plänen Jakob Prandtauers (*1660; †1726) notwendig gewesen, um mittels der Altane einen Besuch in der Klosterbibliothek ohne Verletzung der Klausur zu ermöglichen, errichtete Abt Melchior in Zwettl eine Bibliothek (bereits seine zweite!), die mittels Geheimtüre einen Besuch für Weltliche ermöglichte. Mag diese Geheimnistuerei auch aufgesetzt wirken und wie barocker Theaterdonner – die Dringlichkeit, die geistige Arbeit und Leistung der Mönche unter Beweis zu stellen, war bereits vor der Aufklärung offensichtlich virulent geworden. Egal, ob mittels Kupferstichansicht von arbeitenden Mönchen in der Bibliothek wie im Stift Göttweig oder durch separate Eingänge für Konvent und Gäste wie im Stift Seitenstetten (dort freilich erst in der zweiten Phase der Planung!) – die Bibliotheken, später gefolgt von den Museen, Bildergalerien oder wissenschaftlichen Kabinetten, schienen den geistlichen Häusern geeignet, Kritik am Klosterwesen aktiv zu entkräften.

 

Gegenbild Magnasco: Image des Klosterlebens?

 

Der Vergleich mag problematisch sein, doch liefert der Genueser Malerstar Alessandro Magnasco (*1667, †1749), genannt Lissandrino, bemerkenswerte Hinweise für das „image“ vom Klosterleben um 1700, wie es abseits der Klöster gewonnen werden konnte. Seine grotesken Schilderungen des Religiösen (die grimmig keinen Unterschied erkennen wollen zwischen fratzenhaften Mönchen, frommen Juden oder entrückten Quäkern) bedienen Klischees, die auf das zeitgenössische Publikum höchste Anziehung gehabt haben müssen. Die zahllosen Varianten seiner Kompositionen, vor allem aber der Umstand, dass diese anstößigen Bilder mit keinerlei Sanktion (seitens einer Zensur) belegt wurden, stellen das stumme Einverständnis mit den in ihnen konstatierten Schreckensbildern unter Beweis

 

Alessandro Magnasco transportiert mit seinen Bildern fiktiver Klöster ein „image“ geistlicher Häuser, das in mancherlei Hinsicht bis heute wirksam ist. Die Welt hinter Klostermauern gerät hier zu einem hermetisch abgeschlossenen Schreckensbild. Die M

Abb. 2: Alessandro Magnasco transportiert mit seinen Bildern fiktiver Klöster ein „image“ geistlicher Häuser, das in mancherlei Hinsicht bis heute wirksam ist. Die Welt hinter Klostermauern gerät hier zu einem hermetisch abgeschlossenen Schreckensbild. Die Mönche werden zu Karikaturen einer derben, selbstbezogenen Lebensführung. © Peter Böttcher – Allhartsberg

 

In den Gegenstücken der Stiftsgalerie von Seitenstetten „Bibliothek“ und „Refektorium eines Kapuzinerklosters“ entwirft der Maler ein erschütterndes Bild vom Leben hinter Klostermauern. Im Speisesaal scheint sich die „Welt“, mit lebhaften Farben geschildert, nur vor den Fenstern abzuspielen: Die unheimliche Masse der Mönche, alle einander selbst physiognomisch ähnlich geworden, sind zu lehmigen Klumpen abgesunken, stumpf in ihre Mahlzeit vergraben. Im Schatten links vorne füttert ein Mönch verstohlen einen Hund – die einzige emotionale Regung im Raum. Das wie zufällig (und eben nur im Schatten) gezeigte Motiv fungiert allerdings im Bildkontext als Chiffre des Hauptproblems – denn das freundschaftliche Einvernehmen zwischen Hund und Mönch findet seine grässliche Paraphrase in der Mitte des Raumes. Hier sind Pönitenten (sind sie schuldig? sind sie unschuldig?) gezwungen, aus dem Hundenapf zu „fressen“ – ohne Anteilnahme, ohne Regung verfolgt der Obere von seinem Tisch aus die Verzweiflung der Gedemütigten. Der stumme Dialog zwischen dem Bestraften mit den ausgebreiteten Armen und dem Gekreuzigten an der Wand macht klar, dass sich hier letztendlich die Bestialität der Leidensgeschichte Jesu wiederholt: Das Kloster ist nicht der Ort, in dem die Seelen zu Frömmigkeit ermuntert werden, es ist der Ort, an dem sich die Leiden Gottes wiederholen und wiederholen.

Noch ein zweites Motiv durchbricht die entsetzliche Monotonie: der blasse Jüngling am Tisch der Oberen, der vielleicht soeben dem Konvent zur Erziehung anvertraut worden ist. Mit ihm findet sich das Himmelsblau der Welt draußen inmitten der lehmigen Töne wieder; und der Betrachter mag nur still hoffen, dass das lockige Knäblein nicht verdammt sein soll, zur Mönchsbestie zu degenerieren.

 

Refektorium (Speisesaal) und Bibliothek eines Klosters werden in den beiden Gemälden der Seitenstettener Stiftsgalerie in schaurigen Tönen beschrieben. Gerade die Verschlossenheit, Verbarrikadierung gegen die Außenwelt und der Eindruck von Unprodukti

Abb. 3: Refektorium (Speisesaal) und Bibliothek eines Klosters werden in den beiden Gemälden der Seitenstettener Stiftsgalerie in schaurigen Tönen beschrieben. Gerade die Verschlossenheit, Verbarrikadierung gegen die Außenwelt und der Eindruck von Unproduktivität sind bis heute Vorwürfe gegenüber klösterlichem Leben. © Peter Böttcher – Allhartsberg

 

Das Gegenstück, die „Bibliothek“, zeichnet ebenfalls kein freundliches Bild. Die Fensternischen, die im Refektorium lichte Ausblicke in die Welt verhießen, sind verrammelt mit Bücherregalen – wenngleich diese Wälzer in ihrer eintönigen Erscheinung und der schütteren Aufstellung ein trauriges Bild des vorhandenen Wissensschatzes entwerfen. Es wird hier auch nicht gelesen; es scheint, dass der Rhetor links (ein wahrer Mephistopheles!) diktiert: obskure Weisheiten, die – streng überwacht vom Bibliothecarius in der Mitte – von allen Anwesenden stumpfsinnig niedergeschrieben werden. Dabei herrscht keine Ordnung, es wird gelümmelt, und mechanisch wiederholt sich dieselbe abgedroschene Weisheit in den soeben hingekritzelten Manuskripten. Der misstrauische Blick des Aufsehers, den man ungeduldig am Pult zu klopfen hören meint, bildet das Zentrum dieses Ortes, der keinen Platz bietet für Weisheit und an dem Landkarten den Blick auf die Welt zu ersetzen haben. Das Kreuz über dem Greis ist (im Gegensatz zum Refektorium) leer; an die Stelle des Erlösers ist die Überwachungsmacht des finsteren Mönchs getreten. Gott sucht man hier vergeblich.

 

Lissandrino übertreibt natürlich hemmungslos. Sein Bild vom Sinistren, Finsteren, Weltverschlossenen, Rückwärtsgewandten, Ekeligen und Müßiggängerischen, Unnützen und Sinnentleerten treibt die Ablehnung gegenüber dem Klosterleben auf eine perfide Spitze. Doch was hat das alles mit dem Thema „Dauerausstellung“ zu tun?

 

Klostersammlungen, dauerhaft präsentiert

 

Letztendlich ist es in den vergangenen 300 Jahren nicht gelungen, diese Skepsis am Klosterwesen dauerhaft zu entkräften – gerade Zeiten religiöser Reserviertheit standen und stehen geistlichen Institutionen nicht selten ablehnend gegenüber. Die Leistungen der Orden in der Gesellschaft wurden und werden dabei reduziert auf den kulturellen Aspekt, wobei die Verantwortung und Verdienste um Kulturgüter entkräftet erscheinen durch Vorwürfe unrechtmäßiger bzw. feudaler Aneignung.

Die Gestaltung langfristiger Präsentationen in Klöstern muss deshalb – meiner Überzeugung nach – nicht nur musealen Maßstäben folgen, bei denen das Objekt ästhetisch „optimal“ präsentiert werden soll, während Informationen, die über den historischen oder kunsthistorischen Wert hinausgehen, fehlen. Denn was die Sammlungsbestände der geistlichen Häuser auszeichnet ist Persönlichkeit. Und es waren zumeist ausgesprochen faszinierende Persönlichkeiten, die die Geschichte und gerade die Sammlungsgeschichte der geistlichen Häuser maßgeblich geformt haben. Und gerade die sympathischsten Bestände sind es, die der Leidenschaft und dem persönlichen Einsatz (und quasi nie den uneingeschränkten finanziellen Möglichkeiten!) von Sammlerindividuen der Vergangenheit zu verdanken sind.

 

Dieses Panorama – die Bandbreite an Interessen und Passionen, die in den Klostersammlungen ablesbar wird – sollte also im Hinblick auf eine „Dauerausstellung“ im Fokus stehen; dass neben hehrer Kunst auch das Kuriose seinen Platz finden soll/muss, ist weniger dem billigen Effekt geschuldet als dem Bewusstsein um die schillernde Vielfalt geistiger Auseinandersetzung im geschützten, geschlossenen Raum des Klosters.

 

Drei Beispiele für Präsentationsansätze sehr unterschiedlicher Sammlungsprofile (realisiert zwischen 2014 und 2023 für die Klöster Zwettl, Altenburg und Kremsmünster) sollen an dieser Stelle Optionen aufzeigen, wie Gästen der Charakter einer klösterlichen Sammlung nähergebracht werden kann – auch vor dem Hintergrund, deren immaterielle Qualitäten zum Ausdruck zu bringen.

 

Die Kunstkammer im Stift Kremsmünster

 

In der Neuaufstellung der Kunstkammer im Stift Kremsmünster wurde bewusst auf eine Wiederverwendung der historischen Schaukästen verzichtet. Mit der Kombination von plastischen Objekten, virtuosem Kunsthandwerk und Zentralwerken der Gemäldegalerie so

Abb. 4: In der Neuaufstellung der Kunstkammer im Stift Kremsmünster wurde bewusst auf eine Wiederverwendung der historischen Schaukästen verzichtet. Mit der Kombination von plastischen Objekten, virtuosem Kunsthandwerk und Zentralwerken der Gemäldegalerie soll den Gästen ein Panorama der Sammlung vermittelt werden. © Andreas Gamerith

 

Zu den traditionsreichsten Klostersammlungen Österreichs zählt der Bestand an Kunstobjekten des oberösterreichischen Benediktinerstiftes Kremsmünster. Seit dem 17. Jahrhundert wurden hier Artefakte hinsichtlich ihrer künstlerischen Bedeutung gezielt erworben. Zusätzlich setzte das Kloster mit der Mitte des 18. Jahrhunderts errichteten Sternwarte einen vitalen Beitrag in puncto seiner Wissenschaftskultur. Obwohl sich historische Möbel der Kunstsammlung aus der Zeit ihrer Unterbringung im „Astronomischen Turm“ erhalten haben, konnten diese aus baulichen Gründen nicht in die neue „Kunstkammer“ übernommen werden – ein Umstand, der in Bezug auf die Präsentation nur bedingt als Nachteil zu werten war.

Ihre letzte Neuaufstellung hatte die „Kunstkammer“ wie auch der gesamte Galeriebereich 1977 im Rahmen des 1200-jährigen Jubiläums von Kremsmünster erhalten. Damals wurde der Versuch unternommen, ein veritables „kunsthistorisches Museum“ zu etablieren – ein Anspruch, dem schließlich auch gewisse Eigenheiten der Kremsmünsterer Sammlung geopfert wurden. Um ein homogenes Bild von „Kunst- und Wunderkammer“ in der Tradition der Renaissance zu erzielen, wurden beim Bilderbestand vorrangig Gemälde ausgewählt, die kunsthistorischen Ansprüchen von Wert und Bedeutung nachkommen konnten. Die unzähligen religiösen Bilder wurden hingegen in ein Depot ausgelagert. Ihren Stellenwert als religiöse Galerie, deren Gemälde anhand von Kopien wertvoller Originale auch der Schulung und (Geschmacks-)Bildung dienten, büßte die Sammlung dadurch quasi völlig ein. Ebenfalls nicht ablesbar in der Fassung von 1977 war die bedeutungsvolle Sammlungsgeschichte des 19. Jahrhunderts: Nicht wenige der prominenten historischen Exponate (wie etwa Hans von Aachens (*1552, †1615) „Beweinung Christi“) kamen nämlich erst durch die Bemühungen kunstinteressierter Patres nach 1850 in die Sammlung. Die Vielzahl der dem Kloster gewidmeten Kunstobjekte aus dieser Zeit beweist die Verankerung und Wertschätzung des Klosters in seiner Umwelt.

 

Die Kombination in den einzelnen „Zellen“ der modernen Vitrine erfolgte mitunter assoziativ – und medial nicht „sortenrein“: Warum nicht Gemälde von Vögeln (Jan van Kessel) kombinieren mit einem prachtvollen Straußeneipokal? Die unterschiedlichen Hin

Abb. 5: Die Kombination in den einzelnen „Zellen“ der modernen Vitrine erfolgte mitunter assoziativ – und medial nicht „sortenrein“: Warum nicht Gemälde von Vögeln (Jan van Kessel) kombinieren mit einem prachtvollen Straußeneipokal? Die unterschiedlichen Hintergrundfarben untermalen die optische Entdeckungsreise. © Andreas Gamerith

 

„Äußerlich“ wurde versucht, die Bedeutung und vor allem die Vielfalt der Kremsmünsterer Sammlung durch mehrere Gestaltungsmittel zu transportieren: Eine Ebene auf „Kinderhöhe“ zeigt bewusst den jüngsten Besucher:innen Objekte, die eher humorvoll oder kurios erscheinen. Dem Bedürfnis des „Entdeckens“ und „Angreifens“ (das auch Erwachsenen erhalten bleibt) wurde durch Laden und Türen im Sockelbereich Tribut gezollt; hier ist es ohne eigenes Zutun nicht möglich, das im Schrank Verborgene zu sehen. Unterschiedliche Hintergrundfarben in der analog zu einem Setzkasten konzipierten Vitrine sollen die Verschiedenheit der Artefakte unterstreichen, die Fertigung in Nussholz wird als Reverenz gegenüber den historischen Schaukästen verstanden. Sitzgelegenheiten mit guter Sichtmöglichkeit (keine Selbstverständlichkeit!) wurden bewusst in modernen Formen gewählt und dürfen als Geste der Aufmerksamkeit verstanden werden.

 

„Innerlich“ wurde der Versuch unternommen, den Objekten und ihrer „Ver-Sammlung“ eine Art geistliches Konzept zu geben, das die inhaltliche Bedeutung solcher Kunstobjekte für eine geistliche Gemeinschaft und deren Tradition ins Bewusstsein rückt. Ausgehend vom Bild des segnenden Salvator wird eine Vitrine unter das Motto „Weinen und Lachen“ (nach der antiken Ideenwelt von Heraklit und Demokrit) gestellt, während die andere vom Weltgerichts-Triptychon Rottenhammers (Johannes Rottenhammer d. Ä.; *1564, †1625) dominiert wird: „Wenn wir – vielleicht angeregt von den staunenswerten Dingen, die die Wunderkammer aufzuwarten hat – erkennen, woraus die Welt gemacht ist, aus Lachen und aus Weinen, erkennen wir vielleicht auch, wie wir aus dieser Welt ein Paradies schaffen können: durch Achtsamkeit gegenüber dem geringsten unserer Brüder, der geringsten unserer Schwestern, durch Freundschaft, durch Liebe.“

 

Auch für Kurioses darf Platz sein! Immerhin sind es oft die ausgefallenen Stücke, welche die Faszination am Sammeln über die Jahrhunderte hinweg für Besucher:innen des 21. Jahrhunderts nachvollziehbar machen. Erläuterungen zu den Objekten erfolgen du

Abb. 6: Auch für Kurioses darf Platz sein! Immerhin sind es oft die ausgefallenen Stücke, welche die Faszination am Sammeln über die Jahrhunderte hinweg für Besucher:innen des 21. Jahrhunderts nachvollziehbar machen. Erläuterungen zu den Objekten erfolgen durch die Kunstvermittler:innen bzw. durch beiliegende Broschüren. © Andreas Gamerith

 

Die Sammlung Arnold im Stift Altenburg

 

Im Jahr 2017 erhielt das Waldviertler Benediktinerstift Altenburg eine ausgesprochen großzügige Schenkung: Das Ehepaar Herta und Konrad Arnold überließ dem Kloster ihre in Jahrzehnten liebevoll zusammengestellte Sammlung an Barockgemälden, deren Schöpfer vorrangig aus einem süddeutschen und Tiroler Kontext stammten. Da das Stift im Zug der Wirren des Zweiten Weltkrieges den überwiegenden Teil seiner historischen Sammlungen verloren hatte (Schätzungen gehen von ca. 70 % des Inventars aus!), bedeutete diese Schenkung durch das Ehepaar Arnold das Schließen einer historischen Wunde. Der oft unterschätzten Bedeutung des Stiftes Altenburg, das unter Abt Placidus Much (*1685, †1756) zu einer der raffiniertesten „Bildermaschinen“ seiner Zeit ausgebaut wurde, kommt die didaktische Möglichkeit, Skizzen und Entwürfe barocker Meister mit ihren monumentalen Deckengemälden zu konfrontieren, außerordentlich entgegen.

Für die Neuhängung des beträchtlichen Gemäldebestandes wurden zwei der ehemaligen Kaiserzimmer ausgesucht, die beidseitig das recht ungewöhnliche „Phaeton-Kabinett“ flankieren. Zum Schutz der Wände, die wohl 1818 im Zug der Jubiläumsfeierlichkeiten des damaligen Abtes Berthold Reisinger (*1738, †1820) mit klassizistischen Wandmalereien geschmückt wurden (die man ihrerseits später vollständig übertünchte), wurde das System einer Wandvertäfelung gewählt. Die von schwarzen Holzleisten gerahmten Paneele aus blau bzw. grün geölten Weichholzschichtplatten sind eine Reverenz gegenüber historischen Hängesystemen, wie sie im Stift Altenburg fotografisch dokumentiert sind; mit einem Effekt, der an Moiré-Bespannungen erinnert, unterstreicht die Hängefläche die Kostbarkeit der Objekte und hebt das Kolorit der Gemälde. (Nota bene: Weiße Hintergründe würden die gealterten Farbwerte als stark gegilbt hervorheben.) Auf Beschriftungen wurde – wie auch im Stift Kremsmünster – verzichtet; Informationen werden durch frei zur Entnahme aufliegende Hängepläne vermittelt (die nebenbei und in kurzer Form generelle Fragen zur Barockmalerei behandeln: Wie schwer ist ein Gemälde? Warum sind Barockbilder so „dunkel“? Etc.). Bereitgestellte Zeichenblätter und Stifte ermutigen, wie auch an anderen Stellen im Stift Altenburg, zum „Sehen mit der Hand“. Eine überaus bequeme Bank (zum wohligen Versinken) ist eine Einladung an die Gäste, sich auch abseits des Kunstgenusses Zeit in diesem wunderbaren Ambiente zu gönnen.

 

Das Schaudepot im Stift Zwettl       

 

Bereits 2014 wurde mit Unterstützung des Museumsmanagements Niederösterreich die Idee eines „Schaudepots“ im Stift Zwettl umgesetzt. Im lange Zeit vernachlässigten Oratorium der Stiftskirche, einer Raumfolge, die Kirche und Prälatur verbindet, wurden Objekte der barocken Kunstsammlung an ihren einstigen Präsentationsort rückgeführt; bereits beim Bau des Westteils der Klosterkirche in den 1720ern hatte sich hier die äbtliche (Privat-)Sammlung befunden. Das Schaudepot befindet sich nicht im für die Gäste allgemein geöffneten Bereich, sondern ist im Rahmen von Spezialführungen zu besichtigen. In der Möblierung konnte teilweise auf die originalen Möbel zurückgegriffen werden, die allerdings durch Beleuchtung etc. modernen Erwartungen an museale Präsentationen angeglichen wurden.

 

Bei den Zwettler Exponaten war ein Problem in besonderer Weise herausfordernd. Abt Melchior von Zaunagg, der mit seiner Sammeltätigkeit den Grundstock der späteren Sammlungen anlegte, erwarb – oft auch gezielt – Kunstwerke, die das Thema des Schmerzes auf dem Feld religiöser Ikonografie behandelten. Sujets der Mater dolorosa, der Sieben Schmerzen Mariens oder des Ecce homo finden sich in auffälliger Häufigkeit, sind in ihrer barocken Explizität allerdings auch schwer verständlich: die Kombination von sakraler Thematik und Erfahrung körperlicher und seelischer Versehrtheit läuft Gefahr, bei zeitgenössischen Betrachter:innen mitunter Desinteresse bis Ablehnung hervorzurufen.

 

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Abb. 7: Im Schaudepot des Stiftes Zwettl konnte zumindest einer der historischen Kästen wieder für die Präsentation von Kunstwerken genutzt werden. Bewusst wurde eine frontale Verglasung gewählt, die – wie hier beispielsweise durch kleine Paravents mit handgeschriebenen Gedichten – wider Erwarten die Plastizität steigert. © Andreas Gamerith

 

Als gestalterischer Vermittlungsversuch wurden kleine, mit Marmorpapier überzogene Paravents in den Schaukasten integriert, die den Objekten einen eigenen Raum eröffnen. Zusätzlich wurden Gedichte Rilkes in handschriftlicher Form auf diese Trennwände geklebt. Sie illustrieren weder den religiösen noch inhaltlichen Gehalt der Skulpturen im engeren Sinn, sondern bieten Anstoß zu freierer Assoziation: Was bedeutet Schmerz? Was bedeutet die Erfahrung von Tod, Verlust etc.?

 

Resümee

 

Allen drei Formen von langfristigen Präsentationen im klösterlichen Kontext gemeinsam ist ein Anknüpfen an die Tradition monastischer Gastfreundschaft: Sitzgelegenheiten, um miteinander ins Gespräch zu kommen (über das Gesehene hinaus), Informationen, die teilweise auch zum späteren (Wieder-)Lesen mitgenommen werden können. Digitale Formen der Vermittlung wurden nicht einbezogen – in der Welt der Klöster und ihrer Traditionen stellt die persönliche und/oder analoge Vermittlung wohl die adäquateste Form der Kontaktaufnahme mit dem Gast dar.

Die wohlwollende Freundlichkeit gegenüber dem Gast, die sich in der persönlichen Begegnung (und sei es nur via Kunstvermittler:in als Stellvertreter:in der klösterlichen Gemeinschaft) bis hin zur eleganten, unaufdringlichen ästhetischen Gestaltung äußert, darf sich durchaus in der Tradition der klösterlichen Gastfreundschaft sehen, die der hl. Benedikt beschreibt, deren Antrieb „dienstbereite Liebe“ (officium caritatis, RB 53,3) sein soll. Und wer weiß, mit welchen Gedanken derjenige/diejenige das Kloster verlässt, der/die „der Augenweide wegen“ gekommen ist?

 

Andreas Gamerith ist promovierter Kunsthistoriker. Sein Studium absolvierte er in Wien und Rom. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, insbesondere mit dem Schwerpunkt auf der Malerei des Barock, gilt sein besonderes Interesse historischen Maltechniken. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Symbiose aus historischem Bestand und zeitgenössischer künstlerischer Intervention. Gamerith ist als Bibliothekar und Archivar im Zisterzienserstift Zwettl und darüber hinaus als Ausstellungskurator in mehreren österreichischen Stiften tätig. Kontakt: bibliothek@stift-zwettl.at

 

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