Zwischen Opfer- und Täterzuschreibungen

Abb. 1: Die Vortragende Birgit Kirchmayr © ÖOK/rm
Vortrag gehalten auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Ordensarchive Österreichs am 5. Mai 2025 in Linz.
Das Kremsmünsterer Benediktinerstift besteht seit der Gründung im Jahr 777 und hat über die Jahrhunderte unterschiedliche Krisen überstanden. Das 20. Jahrhundert brachte mit dem Nationalsozialismus auch die Klöster in seinem Einflussbereich in Bedrängnis. War die Haltung der Katholischen Kirche dem „Anschluss“ Österreichs gegenüber nicht unbedingt eindeutig, so stand doch eine Vielzahl an Ordensangehörigen dem Nationalsozialismus zumindest skeptisch gegenüber. In den Tagebüchern des Kremsmünsterer Paters Richard Rankl (*1890, †1948) findet sich für den 12. März 1938 folgender Eintrag: Gestern abends trat die Regierung Schuschnigg zurück – Heute sind um ca ½ 2 h nachm. die deutschen Truppen in Kremsmünster eingezogen und haben Tanks usw. auf dem unteren Marktplatz aufgestellt – alles in vollster Ruhe selbstverständlich ohne jedweden Widerstand. Für das Stift werden wohl die nächsten Jahre allerhand Schwierigkeiten kommen – aber den Arbeitern gönne ich es vom Herzen, wenn sie jetzt wie im Reich Arbeit und Brot bekommen […].[1]
Die Schwierigkeiten, die P. Richard Rankl für das Stift antizipierte, traten tatsächlich ein (im Gegensatz zu seiner positiven Prognose für die „Arbeiter“), und zwar schon früh. In den folgenden Monaten sollte das Stift erfolglos um die eigenständige Weiterführung seines Gymnasiums kämpfen. Ab dem Schuljahr 1938/39 stand die Schule nicht mehr unter der Leitung des Klosters, sondern wurde als nationalsozialistisch geprägte „Staatliche Oberschule für Jungen“ geführt.[2] Im Jahr 1941 erfolgte der eigentliche Schlag gegen das Kloster – die Beschlagnahme und Sicherstellung durch die Gestapo und schließlich die Einziehung des gesamten Vermögens zugunsten des Gaus Oberdonau.[3] Der Abt wurde des Gaus verwiesen, der Großteil der Patres musste aus dem Konvent ausziehen, lediglich die Verwalter von Wirtschaftsdirektion, Forstamt, Rentamt, Kelleramt, Elektrizitätswerk und Buchhaltung wurden „im Sinne der Kriegsgesetze dienstverpflichtet“ und durften/mussten bleiben.[4]
Dieser Beitrag beschäftigt sich im Folgenden mit einem Kremsmünsterer Benediktiner und dessen Schicksal in den NS-Jahren. Wie gezeigt werden wird, oszilliert dieses in höchst ambivalenter Weise zwischen den Zuschreibungen des Opfer- und Täterbegriffs; die biografische Annäherung verdeutlicht, wie stark die politischen Rahmenbedingungen das individuelle Leben prägten und wie es dazu kommen konnte, dass ein künstlerisch veranlagter Mönch innerhalb eines Jahrzehnts dreimal verhaftet und schließlich laisiert wurde und doch am Klosterfriedhof seine letzte Ruhestätte fand.
P. Petrus (Franz) Mayrhofer (1905–1971)
1. Herkunft – Ausbildung – Frühe Ordensjahre
Franz Mayrhofer wurde am 31. Mai 1905 in der Ortschaft Weichstetten (OÖ) als Sohn des Landwirtsehepaars Maria (geb. Innermayr) und Franz Mayrhofer geboren und dort am 1. Juni 1905 katholisch getauft. Er war der erste Sohn des Paares, in den Jahren danach wurden die beiden weiteren Söhne Karl und Josef geboren, 1910 die Tochter Theresia.[5] Der Vater starb während des Ersten Weltkriegs im Jahr 1915 mit 47 Jahren an Tuberkulose[6] und Franz besuchte nach sechs Jahren Volksschule ab 1918 das Stiftsgymnasium Kremsmünster. Die Mutter ermöglichte ihm den Besuch der Unterstufe, in der Oberstufe verdiente er sich selbst durch Nachhilfestunden seinen Unterhalt.[7] Nach der Matura mit ausgezeichnetem Erfolg im Jahr 1926 trat er am 16. August desselben Jahres ins Noviziat ein und absolvierte in den nächsten Jahren ein Theologie- und Philosophiestudium in Salzburg und St. Anselmo in Rom (IT), 1930 promovierte er zum Dr. phil.,[8] 1932 erfolgte die Priesterweihe in Montecassino. Von 1932 bis 1936 konnte der künstlerisch Begabte eine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste in Wien absolvieren. Untergebracht im Schottenstift, schloss er in Wien sowohl das Studium der Malerei als akademischer Maler wie auch das Lehramt für Zeichnen ab.[9] Ab 1936 war Mayrhofer Professor am Stiftsgymnasium Kremsmünster für die Fächer Zeichnen, Schriftpflege und Darstellende Geometrie und betätigte sich auch kunsthistorisch bzw. restauratorisch. Besonders verdient machte er sich dabei durch die Entdeckung und Freilegung romanischer und gotischer Bauteile im Stift Kremsmünster, worüber Mitbruder und Stiftsbibliothekar P. Konstantin Werner (*1875, †1943) im Jahr 1937 in den Christlichen Kunstblättern ausführlich berichtete.[10] Mayrhofer schien einer gleichermaßen interessanten wie gewürdigten Zukunft in seinem Konvent als Kunsthistoriker, Restaurator und Lehrer entgegenzugehen. Jedoch änderte sich durch den „Anschluss“ Österreichs etwas mehr als ein Jahr nach der Entdeckung des romanischen Portals für das Stift Kremsmünster, und damit auch für Mayrhofer, Grundlegendes.
2. NS-Jahre
Wie bereits oben dargestellt, war mit Herbst 1938 das Gymnasium dem Stift entzogen worden. In der nunmehr Staatlichen Oberschule für Jungen gab es keine Geistlichen mehr als Lehrer – mit Ausnahme der ersten beiden Schuljahre, in denen P. Benedikt Eitzinger (*1893, †1951) noch Religion unterrichten durfte.[11] So verlor auch Mayrhofer seine Beschäftigung als Kunstlehrer. Wie durch verschiedene Quellen – auf die an späterer Stelle noch ausführlicher eingegangen werden wird – hervorgeht, erwog er zu diesem Zeitpunkt den Orden zu verlassen und sich als Lehrer an einer staatlichen Schule zu bewerben. Er stand in Verbindung mit dem Landesschulrat für Oberdonau, allerdings gab es keine Stelle für ihn, ebenso wenig beim Landesschulrat Niederösterreich.[12] Ob er im Fall einer Anstellungsmöglichkeit den Orden verlassen hätte, bleibt offen. Fakt ist, dass er ab 1939 in den Kremsmünsterer Pfarren Pfarrkirchen und Pettenbach als Seelsorger eingesetzt wurde.[13] Im Juli 1939 wurde Mayrhofer über Nacht zum Verfolgten des Regimes. Die Vorkommnisse lassen sich ausschließlich über die nationalsozialistischen Strafakten nachvollziehen; unter Bedacht eines quellenkritischen Zugangs lässt sich daraus der im Folgenden dargestellte Ablauf rekonstruieren.

Abb. 2: P. Petrus (Franz) Mayrhofer, Erkennungsdienstliches Foto Gestapo Linz 1939 © Oberösterreichisches Landesarchiv
2.1 „Kanzelmissbrauch“ – Anklage und Inhaftierung Juli 1939 bis Juli 1940
Am 9. Juli 1939 hielt P. Petrus Mayrhofer in der Pfarrkirche von Pettenbach eine Predigt, in der es um die kulturellen Leistungen der Kirche im Allgemeinen und des Stifts Kremsmünster im Speziellen gehen sollte. Knapp einen Monat später, am 7. August 1939, wurde der Priester am örtlichen Gendarmerieposten vom Linzer Gestapo-Beamten Josef Grömer verhört. Es kann davon ausgegangen werden, dass ihn jemand bezüglich der Predigt denunziert hat. Neben Mayrhofer selbst wurden zwei Zeugen befragt: Bei diesen handelte es sich um den Kaufmann Johann B. und den Gastwirt Karl R. Dieser gab gleich zu Beginn seiner Aussage an, am rechten Ohr etwas schwerhörig zu sein, weswegen er nicht alles von der Predigt verstehen konnte. Verstanden hätte er aber wohl Äußerungen des Geistlichen, wonach dieser gesagt habe, dass der heutige Zeitgeist der Kirche die Kinderherzen entreisst und ein Heiliger hat gesagt; ‘Wer einem anderen etwas nimmt sei ein Räuber und Verbrecher.‘ – ‚Es wird heute gesagt, der Kirche geschieht nichts.‘ – ‚Warum wurde uns dann das Priesterseminar in Linz genommen und die Priester auf die Straße gestellt?‘ Der Zeuge gab an, das Gefühl gehabt zu haben, dass Pater Peter mit dieser Predigt nur hetzen und Beunruhigung in die Bevölkerung gegen den Staat und seine Verfügungen bringen wollte. Diese Beobachtung wurde nicht nur von mir allein, sondern auch von anderen Kirchenbesuchern gemacht. Ich persönlich habe noch nie eine Wahrnehmung gemacht, dass der Pater schon früher in einer solchen Art gelegentlich einer Predigt gegen den Staat ausfällig wurde. Allerdings habe ich gehört, dass er schon etwa 4 Wochen früher eine hetzerische Predigt hielt.[14]
Kaufmann Johann B. berichtete noch ausführlicher über die Predigt und wusste sich ebenfalls an mehrere Predigtstellen zu erinnern: In diesem Zusammenhang sprach er [Anm.: Mayrhofer] davon, dass das heutige Regime aber diese Kulturarbeit wieder vernichten und niederreissen will, denn [sic] führte er fast wörtlich aus: ‚Der heutige Zeitgeist entreisst der Kirche die Kinderherzen und zerbricht wertvolle Kulturarbeit, die von der Kirche aus geleistet wurde. Ein Heiliger aber sagte einmal, wer einen anderen etwas nimmt, ist ein Verbrecher und Räuber‘. Er sprach davon, dass man heute immer wieder behauptet, der Kirche werde nichts zuleide getan und doch wirft man berühmte Professoren und Theologen einfach auf die Strasse. Er stellte weiter in aufgeregter Weise die Frage: ‚Warum hat man denn uns dann das Priesterseminar genommen und die Priester auf die Strasse gestellt, wenn man gegen die Kirche nichts hat.‘ [15]
Aussagen der Zeugen weisen somit fast wörtliche Übereinstimmungen auf, was es wahrscheinlich macht, dass während der Predigt mitgeschrieben wurde. Offenbleiben muss, ob einer der beiden Zeugen auch der Denunziant war oder ob die Initiative gegen Mayrhofer von einer anderen Person ausgegangen war. Einiges wirkt den Zeugen in den Mund gelegt, speziell die übereinstimmende Formulierung, man habe das unbedingte Gefühl gehabt, dass die Predigt bewusst Beunruhigung und Mißstimmung gegen den Staat auslösen wollte, was insofern relevant ist, weil dies den zu beweisenden Kern der Delikte des sogenannten Kanzelmissbrauchs (§130a RStGB) und des Heimtückegesetzes (HG. von 20/2 1934) darstellte.[16]
Mayrhofers eigene Aussage zum Inhalt seiner Predigt unterschied sich wenig von jener der Zeugen. Offenbar konfrontiert mit den wörtlichen Zitaten der Zeugen versuchte er diese einzuordnen. So habe er im Zusammenhang mit der Jugendfrage ausgeführt, dass Christus einmal sagte: ‚Wer nicht durch mich eingeht in die Seele des Menschen, ist ein Dieb oder Räuber.‘ Und er habe tatsächlich auch von der Sorge des Bischofs um die Erziehung des Klerus gesprochen, weil man uns, wie ich gehört habe, das Knaben- und Priesterseminar in Linz genommen hat. Er führte aus, dass er die Predigt aus eigenem Antrieb gehalten und in keiner Weise als Angriff gegen den Staat und seine Bewegung gerichtet habe.[17] Neben der Predigt wurde Mayrhofer mit weiteren Vorwürfen konfrontiert, auf welche dieser in seiner Einvernahme einging. Daraus lässt sich schließen, dass er in Pettenbach Widersacher hatte. Mit dem Lehrer R. (gleicher Nachname wie jener des Zeugen R.) habe er einen Konflikt bezüglich der Abhaltung der Firmung gehabt und mit dem SA-Mann G. wegen der Anbringung von Plakaten am Mesnerhaus. Ebenfalls vorgeworfen wurde Mayrhofer ein 1937 erschienener Artikel, konkret ging es um den Beitrag „Neue Kunst im neuen Deutschland“, den das Linzer Volksblatt am 26. August 1937 publiziert hatte. Der Autor des Beitrags – als solcher wird im Volksblatt „Professor akad. Maler Dr. phil. P. Petrus Mayrhofer O.S.B. Kremsmünster“ genannt – führt darin in pointierter Weise die Kunstpolitik im nationalsozialistischen Deutschland vor. Anlass waren die parallel in München im Sommer 1937 gezeigten Ausstellungen „Große Deutsche Kunstausstellung“ im neu eröffneten Haus der Deutschen Kunst und jene die Moderne diffamierende Ausstellung „Entartete Kunst“. Im Folgenden einige Auszüge aus dem Beitrag:
Was der Führer will und was er nicht will, wird durch zwei entgegengesetzte Ausstellungen in München illustriert. […] Die eine Ausstellung ist mit der ‚artigen‘ Kunst in den neuen Palast, das Haus der deutschen Kunst, eingezogen. Die andere wandert mit Galerien von Stadt zu Stadt um vom Volk ‚gerichtet‘ zu werden. […] Niemand hat das Recht, die Autonomie der Kunst zu durchbrechen. […] Deshalb gehört die Ausstellung der entarteten Kunst für einen Verständigen zum Interessantesten, was je geboren wurde.[18]
Viele Kunstverständige der Zeit hätten diesen Aussagen zugestimmt, auch solche, die dem Nationalsozialismus in anderen Aspekten vielleicht gar nicht negativ gegenüberstanden. Dennoch wurde so explizite Kritik, die 1937 in Österreich vor dem „Anschluss“ noch publiziert werden konnte, jetzt für Mayrhofer zum Problem. In seinem Verhör vom 7. August 1939 äußerte er sich dazu in etwas kryptischer Weise: Es ist richtig, dass ich im Jahre 1937 einen Artikel über die neue deutsche Kunst schrieb. Ich tat dies über Aufforderung, doch habe ich das Ehrenwort gegeben, über die Herkunft dieses Artikels nicht zu reden. Bei einem späteren Verhör wurde er expliziter und gab an, den Beitrag nicht selbst verfasst zu haben: Der im Jahre 1937 in der Reichspost veröffentlichte Aufsatz über die neue deutsche Kunst, wurde nicht von mir, sondern von einem in München lebenden Kunsthistoriker verfasst, der aber keine Möglichkeit hatte, ihn im Reich zu veröffentlichen, weshalb ich diesen Aufsatz mit meinem Namen fertigte und veröffentlichte.[19]
Es erscheint diese Aussage zumindest plausibel, insbesondere weil Mayrhofer auch sonst nichts abgestritten hat. In seinem Verfahren hat ihm die Aussage aber freilich nicht genutzt bzw. wurde ihm nicht geglaubt.
Zusammenfassend bezeichnete sich Mayrhofer als kein Feind der NS-Bewegung. Er habe während seines Studiums in Wien nie jemanden wegen seiner nationalen Gesinnung und Betätigung angezeigt, seine Studienkameraden wären größtenteils SS- und SA-Mitglieder gewesen. Er habe auch in seinen Predigten schon wiederholt zum Bekenntnis und zum Gebet für Führer und Staat aufgefordert.[20]
Gestapo-Mann Josef Grömer kam in seinem Schlussbericht zu einem anderen Fazit: Mayrhofer ist schon aus der Systemzeit als gehässiger Gegner der NS-Bewegung bekannt und hat diese seine Einstellung nach der NS Machtergreifung wiederholt unter Beweis gestellt. […] Der Kaplan ist durch die Aussagen des Zeugen und durch sein eigenes teilweises Geständnis überführt. Er hat bei seiner Predigt am 9. Juli 1939 vor einem grösseren Kreis von Zuhörern Angelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstand seiner Erörterung gemacht.[21]
Mayrhofer wurde noch am 8. August in Linz in Schutzhaft genommen und von dort am 17. August in das Gefangenenhaus des Kreisgerichts Wels überstellt. Am 20. und 25. August wurde er dort nochmals einvernommen. Die Aussagen sind im Wesentlichen übereinstimmend mit den bereits zuvor getätigten, allerdings findet sich noch eine zusätzliche Aussage, nämlich dass er die Absicht habe, aus dem Orden auszutreten: Schließlich will ich noch erwähnen, dass ich mich vor etwa 1 Jahr mit dem Landesrat Lenk in Verbindung setzte, um einen anderen freien Beruf ergreifen zu können, da ich mich mit der Absicht trage, aus dem Orden auszutreten und so Volk und Staat in anderer Weise dienen zu können; ich bitte aber diese Mitteilung gegenüber Zeugen vertraulich zu behandeln, da ich sonst beim Orden Schwierigkeiten bekomme.[22]

Abb. 3: Der Lehrkörper der „NS-Oberschule für Jungen“ 1938 © Archiv Stiftsgymnasium Kremsmünster/Otto Aluta-Oltyan
Wie bereits oben erwähnt, trifft es zu, dass sich Mayrhofer im Herbst 1938 um eine Stelle als Lehrer beworben hatte und dies mit einem potenziellen Austritt aus dem Orden in Verbindung stand. Dass er im Verhör auf diese Absicht hinweist, ist somit korrekt, sicher aber auch mit der Absicht verbunden, sich dadurch mildernde Umstände zu verschaffen. Vor einer Verurteilung hat es ihn nicht geschützt: Am Tag nach dieser Einvernahme, am 21. August 1939 (und damit eine Woche vor dem Überfall auf Polen und dem Beginn des Kriegs) wurde vom Ermittlungsrichter beim Landesgericht Wels die Untersuchungshaft über ihn verhängt, die bis zur Hauptverhandlung am 10. November 1939 andauerte. Was ihm während der Verhöre und der Untersuchungshaft in Wels konkret widerfuhr, d.h. über die Bedingungen seiner Haft und etwaige Folter, liegen keine Information vor. Der Prozess fand schließlich vor dem Sondergericht am Landgericht Linz unter Vorsitz des Richters Johann Powalatz am 10. November 1939 statt und endete damit, dass der Angeklagte wegen eines Vergehens nach §130a StGB in Tateinheit mit einem Vergehen nach §2 des Gesetzes vom 20. Dezember RGBl. I, S. 1269 zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt wurde.[23] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung wurde Mayrhofer in Strafhaft in Linz übernommen. Im April 1940 stellte der Inhaftierte ein – leider nicht überliefertes – Gnadengesuch, dem der Oberstaatsanwalt beim Landgericht Linz tatsächlich nachgekommen ist: Per 15. Juli 1940 wurde die Vollstreckung der Strafe von restlich rund 4 Monaten Gefängnis bedingt aus[gesetzt], unter der Voraussetzung dass Sie 1. sich während einer mit 15. Juli 1945 ablaufenden Bewährungsfrist gut führen, 2. jeden Wechsel Ihres Wohnorts der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Linz […] sofort mitteilen.[24]

Abb. 4: Antrag Haftbefehl für P. Petrus Mayrhofer, 15.08.1939 © Oberösterreichisches Landesarchiv
Nach 11 Monaten Gefängnis (inklusive Untersuchungshaft) wurde Mayrhofer im Juli 1940 somit vorzeitig entlassen, was als höchst ungewöhnlich einzustufen ist und zur Vermutung führt, dass damit im Hintergrund seitens der Handelnden eine Absicht verbunden war. Mit der fünfjährigen Bewährungsfrist war Mayrhofer den NS-Machthabern jedenfalls ausgeliefert, er hätte jederzeit wieder in Haft genommen werden können. Dass lediglich die weiterhin geäußerte Absicht eines Ordensaustritts im Hintergrund stand – sie wird im Zuge der überlieferten Korrespondenz hinsichtlich der Überprüfung seiner Wehrwürdigkeit wieder angeführt – ist unwahrscheinlich, rettete ihn dieses Argument schon nicht vor seiner Verurteilung. Fakt ist, dass Mayrhofer nach der Haftentlassung nicht aus dem Orden ausgetreten ist, aber auch nicht eingezogen wurde, sondern vielmehr ab 1941 eine zentrale Funktion im zwischenzeitlich von der Gestapo zugunsten des Gaus Oberdonau beschlagnahmten Kloster übernehmen sollte. Als Kunstsachverständiger bekam er die Funktion eines Verwalters der in Stift Kremsmünster ab Sommer 1941 eingelagerten „Führersammlung“, wie im Folgenden ausgeführt wird.
2.2 „Leiter der Kunstverwaltung“ – Mayrhofers Funktion 1941 bis 1945
Im Lauf des Sommers kamen dann die Transporte mit Bildern, Möbeln u. a. Kunstwerken – von Wien her bzw. München her. Im Kaisersaal soll ein sehr großes Gemälde von Makart sein, das der Duce – Mussolini dem Führer geschenkt hat. Das Refektorium ist komplett mit Möbeln und Kunstwerken ausgefüllt, gegen das Windenzimmer[25] zu ist die Tür abgemauert. […] Auch der Zugang zur Sakristei vom Konvent aus ist abgemauert – jetzt sind die meisten Zimmer mit Kunstschätzen belegt.[26]
So beschrieb P. Richard Rankl im November 1941 die Umwandlung von Klosterräumlichkeiten in das zentrale Kunstdepot für die so genannte Führersammlung.
Seit dem Jahr 1939 arbeitete unter der Bezeichnung „Sonderauftrag Linz“ und unter der Leitung des Dresdener Kunsthistorikers Hans Posse (*1879; †1942) ein ganzer Stab am Aufbau einer Sammlung für ein geplantes neues Kunstmuseum (oft auch „Führermuseum“ genannt) in Hitlers „Heimatstadt“ Linz. Zugegriffen wurde dabei auch auf Kunstwerke, die aus enteigneten Sammlungen von Wiener Jüdinnen und Juden stammten.[27] 1941 umfasste der Gemäldebestand für Linz bereits eine stattliche Zahl und war großteils im „Führerbau“ in München untergebracht. Nach der Beschlagnahme des Klosters Kremsmünster im Frühjahr 1941 engagierten sich Gauleiter August Eigruber (*1907, †1947) und Gaukonservator Franz Juraschek (*1895, †1959) dafür, dieses als Depot für die Führersammlung vorzuschlagen.[28] Nach einer positiven Beurteilung durch Posse wurde dieser Plan umgesetzt und im Sommer 1941 begannen die Kunsttransporte nach Kremsmünster, welche auch für Mayrhofer eine nachhaltige Wende bedeuteten:
Ebenso interessant ist, daß durch Dr. Reimer [Anm.: Stv. Leiter Sonderauftrag Linz, Dresden] P. Petrus zum ‚Leiter der Kunstverwaltung‘ des Führermuseums bestellt wurde. – Man sieht, daß man auf die Geistlichen als Mitarbeiter ansteht – sonst hätte man ihnen natürlich nie solche Vertrauensposten übertragen.[29]
Die Akten des Sonderauftrags Linz belegen, dass Mayrhofer in der Verwaltung des Kunstdepots in Kremsmünster eingesetzt war. „Leiter der Kunstverwaltung“ – wie es P. Richard Rankl im Tagebuch notierte – ist allerdings eine vereinfachende Beschreibung, denn tatsächlich unterlag die Depotverwaltung einem komplexen Geflecht an Zuständigkeiten auf Reichs- und Gauebene. Diese reichten vom „Sonderstab Linz“ in Dresden und München über das Gaukonservatorat und das Gaumuseum in Linz bis hin nach Wien, wo das Institut für Denkmalpflege und das Kunsthistorische Museum involviert waren. Vor dem Hintergrund von Mayrhofers noch nicht lange zurückliegender Inhaftierung mag es verwundern, dass er im Rahmen des reichsweit bedeutenden Projekts eingesetzt wurde, gleichzeitig passt es aber auch wieder ins Bild – denn vieles spricht dafür, dass der auf Bewährung Entlassene im von der Gestapo verwalteten Stift eine „Vertrauensstelle“ eingenommen hat bzw. als solche bewusst eingesetzt worden war. So notierte Gaukonservator Juraschek 1941 über die politische Einschätzung von Mayrhofer:
Er [Anm.: Stiftsverwalter Hager] sagt ferner aus, daß von Seiten der Gestapo keine Bedenken gegen die Person des Dr. Mayrhofer vorliegen. Dieser kann im Gegenteil als Vertrauensmann der Gestapo gelten.[30]
Zwei Jahre zuvor war Mayrhofer noch Opfer der Gestapo, nun galt er als deren „Vertrauensmann“. Nicht herumgesprochen hat sich das bis zur örtlichen NSDAP-Kreisleitung Kirchdorf a.d. Krems, die weiterhin gegen Mayrhofer intervenierte. Aus dem Sommer 1943 ist ein Schreiben an Gauleiter Eigruber erhalten, in dem der Kirchdorfer NSDAP-Kreisleiter Mayrhofer als gefährlichsten Vertreter der Kirche bezeichnete und forderte, dass dieser von seiner Position abgezogen wird:
Obgenannter [Anm.: Mayrhofer] ist als Kunstsachverständiger für die Kunstschätze im Stift Kremsmünster bestimmt, der auch als Verantwortlicher die ganzen Sammlungen und Räume versperrt hält und über hat. Pater Mayrhofer ist von früher als ein äußerst gefährlicher Geistlicher des Stiftes bekannt, der schon seinerzeit als er Pfarrer in Pettenbach war, entsprechend aufgefallen ist. Auch damals spielte er schon eine Doppelrolle, gab sich als Nazi aus, gleichzeitig ist er aber einer der gefährlichsten Vertreter der Kirche. Dasselbe Spiel scheint sich jetzt zu wiederholen. Er verstand es durch sein zugegeben großes Wissen sich als unentbehrlich und als der Mann im Stift Kremsmünster zu geben und wurde ihm auch nach Übernahme des Stiftes vom Gau ziemliche Vollmachten eingeräumt. Ab und zu gibt er ja irgend eine Nachricht bekannt, die allerdings ziemlich unbedeutend ist, um sich so den Anschein zu geben, daß er für uns arbeitet. In Wirklichkeit bin ich überzeugt, daß er seine Stelle im Mönchstand ausnützt, um der Kirche viel und wichtiges mitteilen zu können. […] Unter dem Deckmantel der Kunst und des Wissens gelingt es den Pfaffen immer und auch heute noch, sich einflußreiche Stellung zu verschaffen […] Es müsste doch möglich sein an diese Stelle auch einen anderen zu finden, der als Verwalter in Frage käme, der sich aber auch dieser früheren Professoren bedienen könnte, wenn dort irgendwelche Arbeit anfällt. Als die zuständigen Leute müßten sie aber unbedingt verschwinden.[31]
Noch zwei Jahre zuvor hätte ein solches Schreiben Mayrhofer gefährlich werden können, mittlerweile hat sich die Situation verändert. Die vielleicht durchaus zutreffende Einschätzung, dass Mayrhofer ein „Doppelspiel“ treibe und nur vordergründig für die Belange der Partei arbeite, fand auf höherer Stelle kein Gehör. Der Kulturverantwortliche für den Gau Oberdonau und zudem Mayrhofers direkter Vorgesetzter als Leiter der Kunstdepotverwaltung in Kremsmünster, der Kunsthistoriker Heinrich Justus Schmidt (*1903, †1970) vom Linzer Gaumuseum,[32] leitete das Schreiben an den Führungsstab des Sonderauftrags Linz in Dresden weiter und holte zudem in Linz eine Gestapo-Beurteilung Mayrhofers ein, beides fiel zugunsten Mayrhofers aus. Der zuständige Referent des Sonderauftrags Linz, Gottfried Reimer (*1911, †1987), bezeichnete Mayrhofer als kompetente und zuverlässige Person, wie ihm das auch der Mitarbeiter und Architekt Hans Reger (Lebensdaten unbekannt), zuständig für die Deponierung in München und damit auch für die Transporte nach Kremsmünster, versichert habe. Reger wäre über die Anschuldigungen sogar entrüstet zumal ihm bereits seit längerem durch Herrn Mayrhofer selbst die Tatsache seiner früheren Bestrafung wegen politischer Äußerungen durchaus bekannt war.[33] Allerdings ergänzte Reimer, dass er nicht sicher sei, ob die UK [Anm.: unabkömmlich] Stellung des Dr. Mayrhofer noch weiterhin aufrecht zu erhalten sein wird. UK Stellung bedeutete die Befreiung vom Wehrdienst aufgrund wichtiger ziviler Funktionen. Nicht nur Reimer aus Dresden, auch die Geheime Staatspolizei Linz sprach sich für Mayrhofer aus und somit blieb der Vorstoß aus Kirchdorf ergebnislos, wie Schmidt in seinem Antwortschreiben an die NSDAP-Kreisleitung darlegte:
Auf Ihre Zuschrift an den Gauleiter habe ich ein Gutachten der Geheimen Staatspolizei eingeholt, die über die politische Beurteilung von Geistlichen allein zuständig ist. Die Geheime Staatspolizei teilt mir unter dem 15.10.1943 mit, daß seit seiner Haftentlassung, die am 16.7.1940 erfolgte, über Dr. Mayrhofer nichts nachteiliges bekannt geworden ist, obwohl die Ordensangehörigen nach der Auflösung des Stiftes Kremsmünster einer besonderen staatspolizeilichen Überwachung unterzogen wurden. Gegen eine Verwendung des Dr. Mayrhofer als Kunsthistoriker im Stifte Kremsmünster im Dienste des Reichsgaues Oberdonau bestehen daher keine Bedenken. Weiters habe ich mich in dieser Angelegenheit an den Referenten für den Sonderauftrag Linz der Führersammlungen, Herrn Dr. Gottfried Reimer von der Staatlichen Gemäldegalerie in Dresden gewandt, der nach wie vor auf dem Standpunkt steht, daß Dr. Mayrhofer an seinem derzeitigen Posten unentbehrlich ist und daß er im Sinne Ihres Auftrags, nämlich die Geistlichen zur Arbeit heranzuziehen, ohne daß sie an leitender Stelle stehen, verwendet wird. Dr. Mayrhofer sei nichts weiter als eine mir (Dr. Schmidt) unterstellte Arbeitskraft, die unter meiner Aufsicht die erforderlichen Arbeiten im Kunstdepot Kremsmünster wahrnimmt und dafür bezahlt wird. […] Dr. Reimer vermerkt auch noch, dass der verstorbene Beauftragte des Führers für die Linzer Kunstsammlungen, Direktor Hans Posse gerade Dr. Mayrhofer als den einzig zuverlässigen Mann in Kremsmünster in Depotangelegenheiten bezeichnete, der mit viel Eifer und Liebe trotz vieler Erschwerungen sich dieser Arbeiten angenommen hat.[34]

Abb. 5: Aufstellung Kunsttransporte „Führersammlung“ nach Kremsmünster 1941–1944 © Archiv Bundesdenkmalamt Wien
Damit war der Kreisleiter von Kirchdorf in seine Schranken gewiesen – relativ deutlich wurde ihm mitgeteilt, dass sich höhere Persönlichkeiten für Mayrhofer ausgesprochen hatten. Ende 1943 schien Mayrhofer somit fest im Sattel zu sitzen. Inwiefern er tatsächlich ein Doppelspiel trieb und mit den Nazis kooperierte, dies aber zugunsten des Stifts zu nutzen wusste, muss dahingestellt bleiben. Zweifellos versuchte Mayrhofer auch für sich persönlich die Situation zu nutzen. Die Tätigkeit für den Sonderauftrag brachte ihm UK-Stellung sowie ein Gehalt, es ist aber auch belegt, dass er zumindest einmal auch als Verkäufer für den Sonderauftrag Linz auftrat.
Nur wenige Monate nach dem oben dargestellten Angriff aus Kirchdorf bot Mayrhofer im Jänner 1944 dem Referenten des Sonderauftrags Linz, Gottfried Reimer, der sich für ihn eingesetzt hatte, ein Gemälde „aus eigenem Besitz“ an. Es handelte sich um das Bild Praterallee von Adolf Kaufmann (*1848, †1916), einem österreichischen Landschafts- und Marinemaler des späten 19. Jahrhunderts. Reimer zeigte Interesse und bot den beachtlichen Preis von RM 15.000.[35] Das Bild wurde vom Sonderauftrag Linz angekauft, sein weiteres Schicksal verliert sich im niederösterreichischen Depot Thürntal, wo es zu Kriegsende von den russischen Truppen übernommen und in die Sowjetunion ausgeführt worden sein dürfte. Es gilt heute als verschollen.[36] Woher hatte Mayrhofer das Bild? Es war nicht Teil der Kremsmünsterer Kunstsammlung, zumindest scheint es in dessen Inventaren nicht auf.[37] Ausgehend vom Künstler und dem Sujet des Bildes liegt nahe, dass es aus Wien stammen und von Mayrhofers Kontakten aus seiner Studienzeit oder danach herrühren könnte. Der Handel mit Kunst unter nicht immer nachvollziehbaren Umständen sollte Mayrhofer Jahre später noch zum Verhängnis werden. Aus Rankls Tagebuch geht hervor, dass im Jänner 1943 eine Durchsuchung von Mayrhofers Zimmer durch die Gestapo stattgefunden habe und ihm der „weitere Ankauf von Altertümern“ untersagt worden wäre.[38] Auch das ist ein Indiz dafür, dass Mayrhofer in Kunstan- und -verkäufen, welcher Art auch immer, bereits in den Kriegsjahren involviert war und dass er auch als „Vertrauensmann“ in ständiger Beobachtung der Gestapo war.
Im letzten Kriegsjahr war Mayrhofer dann vor allem mit dem Abtransport der Führersammlungsbestände beschäftigt, die von Kremsmünster in die Bergwerksstollen von Altaussee im Salzkammergut gebracht wurden. Ebenfalls beteiligt war er bei der Bergung bzw. Rückbringung der bedeutenden Kremsmünsterer Zimelien wie dem Tassilo-Liutpirc-Kelch und dem Scheibenkreuz.[39]
3. Nach Kriegsende: Verhaftung und Inhaftierung im US-Internment Camp Moosburg 1945–1947
Möchte Euer Exzellenz kurz Mitteilung machen, von einer peinlichen Angelegenheit, die sich am letzten Montag hier abgewickelt hat: Unser guter P. Petrus wurde von den Amerikanern verhaftet und nach Gmunden gebracht.[40]
So berichtete P. Richard Rankl dem Linzer Bischof per Schreiben vom 30. Mai 1945 und so begann Petrus Mayrhofers Nachkriegsschicksal. Wovon Rankl schrieb, war der sogenannte „automatic arrest“, den US-Besatzungsoffiziere verhängen konnten, wenn jemand in Verdacht stand, ein höherrangiger nationalsozialistischer Funktionsträger gewesen zu sein. Dies war Mayrhofer definitiv nicht, vielmehr ist belegt, dass er ein Jahr in NS-Haft gewesen war. Wie kam es also zu dieser Verhaftung? Rankl erklärte es sich bzw. dem Bischof wie folgt:
Sie hielten ihn vorerst für einen kompletten Nazi und einen Judas etz. … Ursache für diese Annahme ist das Verhalten des P. Petrus: Er war ja mit den Gestapoleuten --- die ja zum Teil lange hier im Stift waren zu gut --- arbeitete auch --- allerdings nur aus Tarnungszwecken mit ihnen --- ließ sich leider auch manchmal bezahlen --- und --- was natürlich am meisten zu verurteilen ist: er hat nach der Ankunft der Amerikaner noch Sachen --- der von hier weggeflüchteten Gestapo in Verwahrung gehalten. […] Ich tat alles und brachte alles vor, was ich zu seinen Gunsten vorbringen konnte --- und glaube die Auffassung des amerik. Sicherheitsdienstes, daß er ein richtiger N a z i sei zum Wanken gebracht zu haben --- aber was man eben nicht entschuldigen kann, daß er jetzt noch Sachen verwahrte, mit solchen Leuten verkehrte und ihnen Vorschub leistete […] Leider hat der gute P. Petrus, der eben reichlich Künstlerblut in seinen Adern hat --- und von einer gewissen Verrücktheit nicht ganz frei ist --- beim Verhör sich mehrfach nicht an die Wahrheit gehalten und sich widersprochen, was natürlich von einem Priester keinen guten Eindruck macht und zu verurteilen ist! […][41]
Mayrhofer wurde in das „Civilian Internment Camp No. 6“ im bayerischen Moosburg überstellt. Errichtet wurde es als solches im Juni 1945 auf einem Gelände, das zuvor von der Wehrmacht als Kriegsgefangenenlager (Stalag VII) betrieben wurde.[42] Eine ähnliche Einrichtung zur Internierung nationalsozialistischer Funktionsträger gab es auch auf österreichischem Gebiet – das als „Lager Glasenbach“ bekannte „Camp Marcus W. Orr“ in Salzburg. Eigentlich als Orte der Entnazifizierung gedacht, entwickelten sich in den Internment Camps Dynamiken, die die inhaftierten Nationalsozialisten zu eigenen Opfermythen animierten und langanhaltende „rechte Netzwerke“ entstehen ließen. Dieser Dynamik dürfte auch Mayrhofer verfallen sein, der während seines Aufenthalts in Moosburg als katholischer Lagerseelsorger fungierte und zum Fürsprecher der inhaftierten Nationalsozialisten werden sollte. Er prangerte die – tatsächlich schlechten – Lebensbedingungen im Lager an, wobei er teils überzogene Behauptungen aufstellte.[43] Im Pfarrarchiv Moosburg überlieferte Quellen verweisen auf die Beliebtheit Mayrhofers unter den Inhaftierten, nicht wenige, die als Nationalsozialisten aus der Kirche ausgetreten waren, kehrten wieder zurück. Wenig rühmlich ist eine überlieferte Predigt vom Juni 1947, in der Mayrhofer die im Camp gepflegte Täter-Opfer-Umkehr auf die Spitze trieb. So sprach er in der Predigt davon, dass es heute in Europa mehr KZ´s als je zur Zeit des Dritten Reiches gäbe und weiter: Die KZ-Prozesse haben der Weltöffentlichkeit die Überraschung gebracht, daß die Häftlinge in den KZ´s des Dritten Reiches täglich 1000 Kalorien mehr zu essen bekommen haben als heute die freien Deutschen unter dem Protektorat ihrer Befreier. Wenn die Gaskammern von Auschwitz noch im Betrieb wären, so würden wohl heute Millionen geängstigter Menschen dorthin pilgern wie zu einem Wallfahrtsort, um dort einen raschen und schmerzlosen Tod zu finden, anstatt mit unschuldigen Kindern Tag für Tag dem Hunger ins Auge zu schauen und um dem Würgegriff der Befreier entrinnen zu können.[44]

Abb. 6: Aus: Friedrich Alfred Beck, Tagebuch eines Mannes, der Hungerturm hieß, München 1952
Mayrhofer befand sich zu diesem Zeitpunkt fast zwei Jahre in Moosburg unter zweifellos schlechten Lebensbedingungen und falschen Annahmen hinsichtlich seiner Rolle im NS-Regime. Verbitterung wäre nachvollziehbar, die 1000 Kalorien der KZ-Häftlinge entsprechen allerdings nicht der Wahrheit und die Erwähnung der Gaskammern von Auschwitz ist in diesem Kontext an Zynismus nicht zu überbieten.
Am 10. Dezember 1947 wurde Mayrhofer entlassen und gewissermaßen rehabilitiert, die Lagerspruchkammer in Moosburg stufte ihn als nicht betroffen ein und anerkannte, dass er in Kremsmünster französische Kriegsgefangene unterstützt und weitere widerständige Tätigkeiten begangen habe.[45] Er kehrte zurück nach Kremsmünster. Was zwei ungerechtfertigte Inhaftierungen innerhalb nur weniger Jahre mit Mayrhofer gemacht hatten, lässt sich wohl nicht sagen. Man kann sich aber vorstellen, dass eine Re-Integration ins zivile Leben und speziell auch ins Klosterleben mit Schwierigkeiten verbunden sein würde, was sich dann auch konkret zeigen sollte.
4. Ausblick – Neuerliche Inhaftierung 1949/50 – Laisierung und Tätigkeit als Kunstrestaurator bis zum Tod 1971
Mayrhofers eben geschildertes Schicksal der Jahre 1939 bis 1947 würde bereits genug an irritierenden Wendungen und Ambivalenzen beinhalten, es ging aber auch danach nicht in ruhigen Fahrwassern weiter. Vielmehr geriet das Leben von P. Petrus Mayrhofer 1949 mit einer weiteren Anklage und Inhaftierung an einen neuerlichen Wendepunkt, der auch das Ende als Ordensmann darstellen sollte. Nachdem sich der vorliegende Beitrag vorwiegend auf die Zeit des Nationalsozialismus beziehen soll, wird dieser biografische Abschnitt nur noch kurz dargestellt.
Die Causa begann im Juli 1949: Mehrere Zeitungen meldeten das Verschwinden Mayrhofers, von dem Besuch einer Kunstausstellung in Linz wäre er nicht wieder in das Kloster heimgekehrt, das ihn nach mehreren Tagen als vermisst meldete.[46] Kurz darauf wurde berichtet, Mayrhofer wäre „in erschöpftem Zustand“ zurückgekehrt und hätte ausgesagt, dass er von Männern „mit slawischem Akzent“ ins Mühlviertel – und damit russische Besatzungszone – verschleppt worden sei, es ihm aber gelungen sei zu entkommen.[47] Die Welser Zeitung brachte ein Exklusivinterview „Wir sprachen mit Pater Mayerhofer [sic]“, die links orientierte Neue Zeit zweifelte hingegen an den Märchenerzählungen Mayrhofers.[48] Am 21. Oktober 1949 dann die überraschende Wende: Mayrhofer wurde verhaftet und gab in diesem Zusammenhang auch an, dass die Geschichte seiner Entführung von ihm erfunden worden war.[49] Es bestand gegen ihn der Verdacht des Verbrechens des Diebstahls, weswegen über Mayrhofer Untersuchungshaft verhängt wurde.[50] Mayrhofer wurde vorgeworfen, Handel mit Kunst und Antiquitäten aus dem Eigentum des Klosters bzw. mit dort untergebrachten Kriegs- und Nachkriegseinlagerungen zu betreiben.[51] Ebenfalls angeklagt war Maria N. aus Kremsmünster. Im Gesamten war dies ein „gefundenes Fressen“ für die Presse, die dazu mit folgenden Titeln an die Öffentlichkeit ging: „Das Geheimnis von Kremsmünster“, „Pater Mayrhofer und die Erbsünde im Paradies“, „Das Doppelleben des Ex-Paters“ – ausführlich wurde rund um die Verhaftung im Oktober 1949 und anlässlich des Prozesses, der in Steyr am 17. August 1950 stattfand, berichtet.
Für das Stift Kremsmünster eine zweifellos unangenehme Angelegenheit. In einem Schreiben vom 25. Oktober 1949 teilte Abt Ignaz Schachermayr (*1877, †1970) dem Bischöflichen Ordinariat mit, dass er über Mayrhofer die Suspendierung verhängen werde und man möglicherweise zur zwangsweisen Laisierung schreiten werde müssen. Er informierte den Bischof auch darüber, dass der vom Stift eingesetzte Rechtsvertreter beabsichtigt einen Antrag auf Psychiatrierung des Dr. Franz (P. Petrus Mayrhofer) zu stellen, der durch die Umstände und Beobachtungen, die auf Jahre zurückreichen, voll gerechtfertigt erscheint. Namentlich seit der Heimkehr des Genannten aus Moosburg sind Anomalien feststellbar, die die Verantwortlichkeit des Genannten beeinträchtigen.[52] Informiert wurde auch der Apostolische Internuntius in Wien, Erzbischof Johannes Dellepiane (*1949, †1961). Diesem wurde mitgeteilt, dass der unglückliche Pater Petrus bereits zweimal in Haft gewesen war, einmal in der nationalsozialistischen Zeit sowie im Anhaltelager Moosburg, wo er sich außerordentlich verdient gemacht habe.[53] Als (Mit-)Schuldige verwies der Abt auf Maria N.: Mit ihr hätte P. Petrus ohne Wissen des Abtes allerhand Geschäfte gemacht. Als Grund für die Verbindung wurde angeführt, dass P. Petrus dem verstorbenen Ehemann von Maria N. versprochen habe, für die Witwe und deren Kind zu sorgen. Dies sei – so die Formulierung des Abtes – von der Witwe schamlos ausgenutzt worden.[54] Dahinter steht die zweifellos noch komplexere Geschichte, dass Mayrhofer, Maria N. und einem Kremsmünsterer Arzt auch das Delikt der Kindesabtreibung vorgeworfen wurde.[55] Der Gerichtsakt zum Prozess gegen Mayrhofer und Maria N. ist im Archiv nicht erhalten,[56] ausführlich geschildert wird der im Juli 1950 stattfindende öffentliche Prozess mit seinen Anklagepunkten in der Steyrer Zeitung vom 17. August 1950. Vom Vorwurf der Kindesabtreibung wurden die Angeklagten wegen fehlender Beweislage freigesprochen, nicht aber vom Vorwurf des Diebstahls und der Veruntreuung, obwohl – zumindest wie aus dem Zeitungsbericht zu entnehmen ist – manche Vorwürfe wenig eindeutig scheinen. So erschien das Urteil überraschend streng: Mayrhofer wurde zu zwei Jahren schweren Kerkers und Maria N. für Teilnehmung an der Veruntreuung zu sechs Monaten Haft verurteilt.[57]
Zum dritten Mal in Folge war der ehemalige Ordensmann im Gefängnis, dieses Mal in Garsten (OÖ).[58] In Moosburg war er Lagerseelsorger, in Garsten fand er ein anderes Betätigungsfeld: Er arbeitete an der Restaurierung von Deckenfresken des ehemaligen Klostergebäudes, in dem die Justizanstalt Garsten bis heute untergebracht ist. Zu diesem Zeitpunkt war Mayrhofer bereits wieder Laie – noch im November 1949 war die vom Abt angekündigte Suspendierung erfolgt,[59] Mayrhofer habe selbst am 17. November um seine Laisierung angesucht.[60] Im Januar 1950 – Mayrhofer befand sich zu dieser Zeit bereits in Untersuchungshaft – wandte sich der Abt allerdings an den Bischof, in der Befürchtung Mayrhofer könnte diesen aufsuchen und gegen die erfolgte Laisierung protestieren. Nochmals wurden dem Bischof die gegen Mayrhofer erhobenen Vorwürfe ausführlich dargelegt und darauf verwiesen, dass man Mayrhofer angesichts der Aussichtslosigkeit eines günstigen geistlichen Prozesses und der Unannehmlichkeiten eines solchen für beide Teile zwar durchaus zur Unterzeichnung eines Gesuchs zur Laisierung geraten, ihn aber keineswegs dazu gezwungen habe.[61]

Abb. 7: Grabstätte von P. Petrus Mayrhofer im Klosterfriedhof Kremsmünster © Birgit Kirchmayr
Franz Mayrhofer wurde am 26. Februar 1951 (bedingt begnadigt) aus dem Gefängnis entlassen und verbrachte sein restliches Leben als freiberuflicher Restaurator und Künstler in Steyr. Er starb dort im April 1971 nach einer Krebserkrankung. In seinen letzten Lebensmonaten stand er in intensivem brieflichem Austausch mit Abt Albert Bruckmayr (*1913, †1982) und es kam zu einer Wiederannäherung. Das Totenrequiem wurde in der Stiftskirche von Kremsmünster unter Leitung des Abtes zelebriert und Mayrhofer im Klosterfriedhof – unweit des von ihm freigelegten romanischen Portals – beerdigt.[62]
Schlussbemerkung: Auf Basis der Akten- und Berichtslage enthalten diese Ausführungen zum Teil auch sehr persönliche Informationen. Im Sinne eines forschungsethischen und respektvollen Zugangs war es mir ein Anliegen, diese lediglich soweit sie für das hier gegenständliche Forschungsinteresse relevant und zudem belegt sind, anzuführen. Die „Causa Mayrhofer“ regte in ihrer tatsächlich fast unglaublichen Häufung von Schicksalswendungen zu vielen Mythen an, der Beitrag sollte zeigen, wieviel Anteil daran die zeithistorischen Rahmenbedingungen hatten.
Birgit Kirchmayr studierte Geschichte und Slawistik an der Universität Salzburg. Sie ist seit 2017 Assoziierte Universitätsprofessorin am Institut für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. Als Historikerin sind ihre Schwerpunkte NS-Forschung, Kunst- und Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, Biografie, Stadt- und Regionalgeschichte sowie Provenienzforschung. Seit 2020 ist sie Mitglied des Kunstrückgabebeirats der Republik Österreich und wissenschaftliche Koordinatorin der Kommission für Provenienzforschung.
Kontakt: birgit.kirchmayr@jku.at
Literaturverzeichnis:
[1] Stiftsarchiv Kremsmünster (StAKr), Tagebuch Richard Rankl, Bd. 15, Eintrag 12.03.1938.
[2] Vgl. Wolfgang LEBERBAUER, 1938: Schicksalsjahr für das Stiftsgymnasium Kremsmünster, in: 161. Jahresbericht des Öffentlichen Stiftsgymnasiums Kremsmünster 2018, 131–150; Birgit KIRCHMAYR, Bilder des Nationalsozialismus. Ein zeithistorischer Quellenfund im Stift Kremsmünster und was er uns zeigt, in: 165. Jahresbericht des Öffentlichen Stiftsgymnasiums Kremsmünster 2022, 59–78.
[3] Vgl. Rudolf HUNDSTORFER OSB, Das Stift unterm Hakenkreuz. Sonderabdruck aus dem 104. Jahresbericht des Öffentlichen Gymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster 1961, 40ff.
[4] Richard RANKL OSB, Stift und Gymnasium in den Jahren 1938–1946, in: 89. Jahresbericht des Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster 1946, 51–79.
[5] Taufbuch Weichstetten 1905, 1906, 1908, 1910, Matricula online [Zugriff: 02.06.2025].
[6] Sterbebuch Neuhofen/Krems 1915, Matricula online [Zugriff: 01.07.2025].
[7] Oberösterreichisches Landesarchiv (OÖLA), Sondergerichte Linz, KMs 5/39, Vernehmung des Beschuldigten, Wels, 20.08.1939, Er 13/39 [pag. 15].
[8] Universitätsarchiv Salzburg, Nationale Fr. Petrus Mayrhofer 1929 und 1930. Im Promotionsbuch der Universität Salzburg ist Mayrhofer nicht vermerkt (vgl. Email-Auskunft Universitätsarchiv Salzburg vom 31.03.2021), was wohl damit zusammenhängt, dass er seine Promotion in Philosophie nicht dort, sondern als erster Absolvent am „neugegründeten Institutum Philosophicum zu Salzburg“ ablegte. Vgl. Reichspost, 21.06.1930.
[9] Archiv der Akademie der bildenden Künste Wien, Studienakt und LA-Akt 1475_Mayrhofer.
[10] Konstantin WERNER, Romanische und gotische Baureste in Kremsmünster. Zur Freilegung eines romanischen Portales im Kreuzhof am 11. Jänner 1937, in: Christliche Kunstblätter 78 (1937), Heft II April–Juni, 33–41, online: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=ckb&datum=1937&pos=39&size=45 [Zugriff: 02.06.2025).
[11] Vgl. LEBERBAUER, Schicksalsjahr, 143.
[12] Diözesanarchiv Linz (DAL), Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, Landesschulrat Oberdonau an den Landesschulrat Niederdonau, Linz 20.05.1939.
[13] 1939–1941 Kaplan in Pfarrkirchen und Auxiliar in Pettenbach, vgl. Cremifanum. Professbuch des Benediktinerstiftes Kremsmünster, Bd. II, Die Klosterfamilie von der Gründung bis zum II. Weltkrieg 777–1940, Kremsmünster 2020, 505ff.
[14] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Aussageprotokoll Karl R. [Name in Quelle vollständig], 07.08.1939 [pag. 3].
[15] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Aussageprotokoll Johann B. [Name in Quelle vollständig], 07.08.1939 [pag. 2].
[16] Als „Kanzelmissbrauch“ (§ 130a) wurden während der NS-Zeit vor allem als NS-feindlich eingestufte Predigten bezeichnet. Zahlreiche Priester wurden wegen tatsächlicher oder vermuteter oppositioneller Inhalte in ihren Predigten denunziert und wegen „Kanzelmissbrauchs“ inhaftiert.
[17] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Aussageprotokoll Franz Mayrhofer, 07.08.1939 [pag. 6f].
[18] Neue Kunst im neuen Deutschland, in: Linzer Volksblatt 26.08.1937. Der Artikel erschien unter dem Titel „Artige und entartete Kunst“ am 29.08.1937 auch in der Reichspost.
[19] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Vernehmung des Beschuldigten 25.08.1939 [pag. 19f].
[20] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Aussageprotokoll Franz Mayrhofer, 07.08.1939 [pag. 6f].
[21] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Schlussbericht Geheime Staatspolizei Linz, 08.08.1939, gez. Josef Grömer [pag. 7f].
[22] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Vernehmung des Beschuldigten, Wels 20.08.1939 [pag. 21].
[23] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Urteil [pag. 47–50]. Die im NS eingeführten Sondergerichte waren Organe der politischen Strafjustiz, das Sondergericht in Linz wurde erst kurz vor Mayrhofers Verfahren im September 1939 eingesetzt. Vgl. Winfried R. GARSCHA–Franz SCHARF, Justiz in Oberdonau (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 7), Linz 2007, 115ff.
[24] OÖLA, Sondergerichte, KMs5/39, Bescheid des Oberstaatsanwalts beim Landgericht Linz, 15.07.1940 [pag. 57].
[25] Raum zwischen Refektorium und Küche mit einer Drehwinde, auf die die Speisen aus der Küche direkt gestellt werden konnten.
[26] StAKr, Tagebuch Richard Rankl Bd. XVII, Eintrag November 1941, 34.
[27] Vgl. u.a.: Birgit KIRCHMAYR, Raubkunst im "Heimatgau des Führers". Aspekte, Zusammenhänge und Folgen von nationalsozialistischer Kulturpolitik und Kunstenteignung im Reichsgau Oberdonau, in: Birgit KIRCHMAYR–Friedrich BUCHMAYR–Michael JOHN (Hg.), Geraubte Kunst in Oberdonau (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 6), Linz 2007, 35–190, 36–66; Birgit SCHWARZ, Hitlers Museum. Die Fotoalben Gemäldegalerie Linz, Dokumente zum „Führermuseum“, Wien–Köln–Weimar 2004.
[28] Franz JURASCHEK, Die Klosterdenkmale Oberösterreichs. Ihr Schicksal in und nach dem Kriege, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereins, 92, 1947, 84–99, 93; ausführlicher zum Kunstdepot Kremsmünster vgl. Birgit KIRCHMAYR, Kremsmünster - die unbekannte Station auf der Reise der Bilder, in: Lentos Kunstmuseum (Hg.), Die Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut, München–Linz 2024, 113–124.
[29] StAKr, Tagebuch Richard Rankl Bd. XVIII, Eintrag 04.12.1942, 117.
[30] Archiv Bundesdenkmalamt (BDA) Linz, Restitutionsmaterialien Mappe 17, Korrespondenz Juraschek, Amtserinnerung 12.09.1941.
[31] Bundesarchiv Koblenz (BAK), Bestand B 323, Sch. 124, Nr. 759, Kreisleitung NSDAP Kirchdorf an Gauleiter Eigruber, 30.08.1943.
[32] Zu dessen Rolle vgl. Birgit KIRCHMAYR, "… habe ich nie für Politik etwas übrig gehabt". Der Kunsthistoriker Heinrich Justus Schmidt und seine offiziellen Funktionen während der NS-Herrschaft 1938–1945, in: NORDICO Stadtmuseum Linz (Hg.), Das stille Vergnügen. Meisterzeichnungen aus der Sammlung Justus Schmidt, München–Linz 2019, 15–20.
[33] BAK, B 323, Sch. 124, Nr. 783, Gottfried Reimer an Justus Schmidt, 09.11.1943.
[34] BAK, B 323, Sch. 124, Nr. 740, Justus Schmidt an den NSDAP-Kreisleiter Kirchdorf, 01.11.1943.
[35] BAK, B 323, Sch. 123, Gottfried Reimer an Petrus Mayrhofer, 29.01.1944. Zur finanziellen Einordnung: Mayrhofers monatliches Salär für seine Verwaltertätigkeit betrug 200 RM.
[36] Vgl. Datenbank Sonderauftrag Linz, https://www.dhm.de/datenbank/linzdb/indexe.html [Zugriff: 09.07.2025].
[37] Dank an P. Altman Pötsch (Kustos der Kunstsammlungen) für die Auskunft.
[38] Stiftsarchiv Kremsmünster (StAKr), Tagebuch Richard Rankl, Bd. 18, Eintrag 17.01.1943.
[39] P. Altman PÖTSCH OSB, Schrift- und Bildzeugnisse zur Geschichte des Tassilo-Luitpirc Kelches im Stift Kremsmünster, in: Egon Wamers (Hg.), Der Tassilo-Luitpirc-Kelch im Stift Kremsmünster. Geschichte-Archäologie-Kunst, Regensburg 2019, 185–210, bes. 202–206.
[40] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, P. Richard Rankl an Bischöfliches Ordinariat Linz, 30.05.1945.
[41] Ebd. [Bindestriche, Punkte und Sperrung im Original].
[42] Vgl. dazu Dominik REITHER, Internment Camp No. 6 Moosburg. Ein Internierungslager in der US-Zone 1945–1948, Norderstedt 2021.
[43] Vgl. Ebd., 123.
[44] Die Predigt ist überliefert im Pfarrarchiv Moosburg, Lagerseelsorge 1947–1948. Vgl. REITHER, Moosburg (wie Anm. 42), 237ff. Vollständig abgedruckt in Heinrich PFLANZ, Das Internierungslager Moosburg 1945–1948, Landsberg 1993, 61–67. (Bei diesem Titel handelt es sich um eine geschichtswissenschaftlich unkritische Darstellung aus Sicht ehemaliger Lagerinsassen.)
[45] Vgl. REITHER, Moosburg, 56.
[46] Vgl. u.a.: Oberösterreichische Nachrichten 12.07.1949, 1; Weltpresse 13.07.1949, 8.
[47] Weltpresse, 27.07.1949, 8.
[48] Welser Zeitung, 04.08.1949, 1f; Neue Zeit 28.07.1949 und 03.08.1949, 1.
[49] Neue Zeit, 21.10.1949, 1.
[50] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, Kreisgericht Steyr an BOL, 21.10.1949, Vr1120/49, Ur1010/49.
[51] Das Stift Kremsmünster wurde in den Nachkriegsjahren vom Österreichischen Bundesdenkmalamt als Depotort für zurückzustellende enteignete Sammlungen benutzt. Zudem befanden sich rund um Kriegsende Kunstwerke und Gegenstände der mit dem Deutschen Reich verbündeten slowakischen Regierung, die sich auf der Flucht befand, in Kremsmünster.
[52] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, Abt Schachermair an BOL, 25.10.1949.
[53] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, Abt Schachermair an Johannes Dellepiane, 28.10.1949.
[54] Ebd.
[55] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, BOL an Nuntius, Linz 11.11.1949.
[56] Vgl. Auskunft OÖLA, auch eine Nachfrage beim Landesgericht Steyr blieb erfolglos.
[57] Steyrer Zeitung, 17.08.1950, 5.
[58] OÖLA, Gefangenenbuch Garsten 1949–1953.
[59] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, Abt Schachermair an Dr. P. Petrus Mayrhofer, 06.11.1949.
[60] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19, Fasz. K/22, Abt Schachermair an BOL, 22.12.1949.
[61] DAL, Konsistorialakten, CA/11, Sch. 19
[62] Vgl. Cremifanum, 506.