Jubiläen feiern in einer Projektreihe
Vortrag gehalten am Kulturtag im Rahmen der Ordenstagungen am 27. November 2024 in Wien.
Abb.1: Der Provinzial der Karmeliten in Österreich, Pater Paul Saji Bavakkat OCD © ÖOK/Elisabeth Mayr-Wimmer
Paul Saji Bavakkat OCD: Ich bedanke mich herzlich für die Einladung, als Provinzial der Karmeliten Österreich meine Freude und Dankbarkeit über unsere gelungenen Jubiläumsjahre des Ordens zum Ausdruck bringen zu dürfen. Mein erster Dank geht an unseren guten Gott, der uns Karmeliten seit der Gründung im 13. Jahrhundert bis jetzt durch sämtliche Höhen und Tiefen einer bewegten Ordens- und Weltgeschichte getragen und beschützt hat, sodass wir heute in dankbarer Freude als Karmeliten bestehen und in diese Zeit hineinwirken können. Mein Dank geht aber auch an alle, die uns in diesen Jubiläumsjahren[1] mit Herz und Kompetenz begleitet und unterstützt haben. Hier möchte ich besonders Karin Mayer von der Österreichischen Ordenskonferenz, meinen Mitbruder P. Alexander Schellerer OCD und unsere Projektmitarbeiterin Claudia Rapberger erwähnen.
Der Karmel nahm seinen Anfang um 1200 auf dem Berg Karmel, als sich eine Brüdergemeinschaft aus Einsiedlern, nach dem Vorbild Elijas, zusammenschloss und den Hl. Albert von Jerusalem (*um 1150, †1214) mit dem Verfassen einer Ordensregel betraute, die sowohl eremitische als auch gemeinschaftliche Elemente umfassen sollte. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bildete sich auch ein weiblicher Ordenszweig, der seinen Schwerpunkt auf die Kontemplation legte. Zudem entstanden Laiengemeinschaften rund um den Karmel, der sogenannte „Dritte Orden“ oder Säkularorden. Die Geburtsstunde des „Teresianischen Karmel“ war dann Ende des 16. Jahrhunderts durch die Reform von Teresa von Ávila (*1515, †1582) und Johannes vom Kreuz (*1542, †1591), die „die Freundschaft mit Gott“ in den Mittelpunkt stellten, weshalb wir auch diesen Titel für unsere Jubiläumsjahre gewählt haben. 400 Jahre Bestehen unserer österreichischen Provinz (1622–2022), 350 Jahre Klostergründung in Linz (1674–2024) und 300 Jahre Weihe der Linzer Karmelitenkirche (1726–2026) gaben uns wahrlich genügend Grund, diese Jubiläumsjahre gebührend zu feiern.
Heute gibt es in ca. 60 Ländern rund 3.900 Brüder und in etwa 80 Ländern rund 8.600 Schwestern und ca. 29.000 Säkularmitglieder. Die Weltebene wird vom Generaloberen mit 8 Generalräten, die alle 6 Jahre demokratisch vom Generalkapitel gewählt werden und ihren Sitz in Rom haben, geleitet. Jede Provinz/Landesebene hat einen Provinzial mit 2 Provinzräten. Diese werden alle 3 Jahre vom Provinzkapitel demokratisch gewählt. Der Sitz für die österreichische Provinz ist in Wien. Auf der Ortsebene gibt es den Hausoberen, der bei uns als Prior bezeichnet wird. Dieser wird gemeinsam mit 2 Konventräten gewählt. Diese 3 sind für alle Belange des jeweiligen Hauses zuständig.
In Österreich hat der Männerzweig der Karmeliten 3 Stützpunkte: Wien, Linz und Graz. Die Karmelitinnen haben 10 Standorte: Bärnbach, Graz und Mariazell (Steiermark), Maria Jeutendorf und Mayerling (NÖ), Himmelau (Kärnten), Innsbruck (Tirol), Linz (OÖ), Rankweil (Vorarlberg) und Wien. Die Säkularorden haben ihre Sitze in Wien, Linz, Graz und Maria Jeutendorf. Die Gemeinschaft der Brüder zählt 20 Männer, die Frauenklöster 104 Schwestern und die Säkulargemeinschaft 82 Mitglieder.
Unsere Hauptberufung ist es, die Freundschaft mit Gott zu pflegen und anderen darin Hilfestellung und Orientierung zu geben. Das drückt sich im täglichen Feiern der Hl. Messe, in der Sakramenten-Spendung (vor allem beim Beichthören) und in der konkreten Seelsorge für Menschen im und ums Kloster sowie im kirchlichen Umfeld aus. Aber auch Krankenhausseelsorge, Exerzitien und Vertiefungstage für Gruppen und regelmäßige Seelsorge für die Karmelitinnen liegen in unseren Aufgabenbereichen. Älteren und kranken Menschen versuchen wir auch durch unsere Online-Seelsorgeangebote oder durch Übertragung der Eucharistiefeier bzw. verschiedener Veranstaltungen Unterstützung im Glauben zu bieten.
Aber auch die Unterstützung weltweit liegt uns sehr am Herzen, weshalb wir 2009 den Verein „Herz & Hand – Hilfsprojekte der Karmeliten“ gegründet haben und so diverse Hilfestellungen für die Missionsarbeit in benachteiligten Ländern leisten.
Ein großes Anliegen ist uns aber auch die Ausbildung der Priesterstudenten, die wir durch finanzielle Zuschüsse im Ausland oder interkulturellen Austausch unterstützen. Es ist eine gegenseitige Hilfe, wenn junge Priester nach Österreich kommen, bei uns seelsorglich mitwirken und gleichzeitig ein Vertiefungsstudium oder das Doktorat machen können. In unserem Ordensleben gibt es auch genügend alltägliche, organisatorische und wirtschaftliche Aufgaben, die unsere Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Durch die feierliche Gestaltung dieser Jubiläumsjahre wollten wir als Orden unseren Dank für alles Bisherige zum Ausdruck bringen und ein Zeichen setzen für die Wichtigkeit unserer Ordensberufung in dieser oft lauten Zeit und Welt.
Jubiläen stehen ins Haus
Claudia Rapberger: Im Jahr 2020 stand der Teresianische Karmel vor der Frage, auf welche Weise die von P. Paul Saji zuvor genannten Gedenktage begangen werden könnten. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt gab es die Überlegung, zur Feier der Jubiläen verschiedene Kulturprojekte umzusetzen – so waren beispielsweise Ausstellungen, eine Festschrift sowie eine Kunstinstallation im Gespräch. Was jedoch fehlte, war eine Person, die jene Überlegungen konkretisiert und umsetzt. Für diese Aufgabe vermittelte mich die Österreichische Ordenskonferenz an den Teresianischen Karmel. Dort war ich in den folgenden Jahren als Projektkoordinatorin und Ausstellungskuratorin für den Teresianischen Karmel tätig. In unserem Vortrag blicken wir auf eine feierliche Zeit zurück, in der nicht nur die anfänglichen Ideen, sondern noch weitere Vorhaben verwirklicht werden konnten. Wir möchten veranschaulichen, wie Jubiläen durch eine Reihe von Projekten begangen werden können. Mit der Thematisierung von Aspekten der Umsetzung sowie Herausforderungen will der Vortrag Denkimpulse anstoßen, die bei der Realisation von Kulturprojekten im Ordenskontext wichtig werden können. Außerdem soll er Inspirationen für Projektideen anbieten.
Entstehung der Jubiläumsjahre
Der erste Schritt in der Planung der Jubiläumsfeierlichkeiten war, einen Rahmen dafür zu gestalten. So entstand das Konzept der „Jubiläumsjahre“: Die Jahre 2022 bis 2024 wurden zu Jubiläumsjahren erklärt und bildeten einen Zeitraum, innerhalb dessen zur Feier der großen Ehrentage verschiedene Kulturprojekte realisiert wurden. Zunächst wurde in einer Konzeptionsphase ein Zeit-, Budget- und Projektplan entworfen. Ein wesentlicher Aspekt der Planungsmodalitäten stellte zudem die Klärung von Zuständigkeiten dar. Es oblag mir als Projektkoordinatorin, die Projekte zu organisieren und umzusetzen. Dies beinhaltete jedoch nicht die Befugnis, Entscheidungen über die Köpfe der karmelitischen Gemeinschaft hinweg zu treffen. Folglich wurde mir einer der Mitbrüder – P. Alexander Schellerer OCD – zur Seite gestellt, der seitens des Konventes für die Umsetzung und Organisation der Jubiläumsjahre zuständig war. Er machte mich mit der Ordensstruktur vertraut, traf Entscheidungen und konnte mit mir gemeinsam die Erledigungen vor Ort vornehmen. Auf diesem Weg gelang eine gute Zusammenarbeit sowie Miteinbeziehung der Ordensgemeinschaft.
Neben diesen Rahmenaspekten erhielten die Jubiläumsjahre zudem ein grafisches Design: Eine Farbpalette und ein Logo wurden mit dem „Slogan“ der Jubiläumsjahre „400 Jahre Freundschaft mit Gott“ verbunden, der sich auf das Herzstück des Karmel – eine innige, freundschaftliche Gottesbeziehung – bezieht. Dieses „Corporate Design“ setzte die Jubiläumsprojekte in ihrer visuellen Präsentation miteinander in Verbindung. Gleichzeitig wurde dadurch ein Wiedererkennungswert geschaffen, der unter anderem auch für die Öffentlichkeitsarbeit besonders relevant war. Hierbei unterstützte das Medienbüro der Österreichischen Ordensgemeinschaften tatkräftig, indem es Veranstaltungen ankündigte und zu dem Großteil der Projekte Beiträge auf ihrer Homepage verfassten – nochmals ein großes Dankeschön dafür an dieser Stelle!
Jubiläumsausstellung
Nachdem der Rahmen für die Jubiläumsjahre abgesteckt war, begann die Planung und Umsetzung des größten Projekts: die als Wanderausstellung konzipierte Jubiläumsausstellung, mit dem Titel „400 Jahre Freundschaft mit Gott. Gemeinschaft – Gebet – Gaben“. Im Sommer des Jahres 2022 war sie in der Wiener Karmelitenkirche zu sehen, später wanderte sie in die Krypta der Karmeliten nach Linz. Da die Ordensgemeinschaft ein geschichtsträchtiges Jubiläum feierte, bot die Ausstellung inhaltlich einen Blick auf die Historie des Teresianischen Karmel: von der Ordensgründung vor 800 Jahren, über die Reform durch Teresa von Ávila, die Gründungen der wichtigsten österreichischen Hauptstandorte in Wien und Linz bis hin zu den Jubiläumsfeierlichkeiten in den Jahren 2022 bis 2024. Gleichzeitig war es ein Anliegen der Ausstellung, den Teresianischen Karmel als Gemeinschaft der Gegenwart vorzustellen. Sie befasste sich daher mit dem gegenwärtigen Alltag der Karmeliten, indem sie den Tagesablauf der Gemeinschaft vorstellte und Gegenstände aus dem täglichen Leben zeigte. Die Herausforderung, sämtliche Aspekte der Reduktion und Schlichtheit, welche den Alltag der Karmeliten beschreiben, zum Ausdruck zu bringen und gleichzeitig nicht vor leeren Vitrinen zu stehen, wurde durch die bewusste Inszenierung von Gegenständen gelöst, die sich in einem karmelitanischen Gebetsraum befinden. Des Weiteren stellten sich Mitglieder der Ordensfamilien in Interviews vor, die als Videos abgespielt wurden. Das Zentrum der Ausstellung bildete die Präsentation des Ordenscharismas, ausgedrückt in der Alliteration „Gemeinschaft – Gebet – Gaben“. Auf einer Lichtsäule in der Mitte der Ausstellungsräume wurden die drei wesentlichen Elemente der Karmelspiritualität durch Texte erläutert. Darüber hinaus brachten die Hauptexponate – zwei Kaffeehäferl, ein Kristall und ein Herz – diese Elemente zum Ausdruck. Die Objekte waren keine materiellen Kostbarkeiten. Ihre Aussagekraft lag vielmehr in ihrem symbolischen und repräsentativen Charakter. Sie wurden im Zusammenhang mit Zitaten präsentiert, um ihre Bedeutungszusammenhänge mit der Karmelspiritutalität stärker zu veranschaulichen. Die Darstellung der karmelitanischen Berufung zum inneren Gebet erfolgte beispielsweise durch einen Kristall in Verbindung mit einem Zitat von Teresa von Ávila, die die Seele des Menschen als kristallene Burg betrachtete.

Abb. 2: Ausstellung „400 Jahre Freundschaft mit Gott. Gemeinschaft – Gebet – Gaben“ im Karmelitenkonvent in Wien–Döbling © ÖOK/Elisabeth Mayr-Wimmer
Wie bereits erwähnt, war die Ausstellung als Wanderausstellung zunächst in der Seitenkapelle der Wiener Karmeliterkirche in Döbling und später in der Krypta der Linzer Karmeliterkirche zu sehen. Bei der Planung war daher zu berücksichtigen, dass der Kirchenraum akustisch ungestört nutzbar bleiben musste. Deshalb wurden die Interviews über Fernsehbildschirme mit Kopfhörern abgespielt. Es musste ebenso daran gedacht werden, dass sowohl die Seitenkapelle als auch die Krypta relativ dunkle Orte sind. Aus diesem Grund fiel die Entscheidung für die Präsentation der Texte auf doppelseitig hinterleuchtete LED-Tafeln. Die dünnen Metallrahmen, die im Inneren über LED-Leuchten verfügen, wurden auf der Vorder- und Rückseite mit einer bedruckten Folie bespannt. Auf diese Weise waren nicht nur die Texte in der eher dunklen Umgebung gut lesbar, sondern das Licht der LED-Tafeln selbst erhellte die Räume zusätzlich. Dies verlieh der Ausstellung eine sanfte und zugleich mystische Atmosphäre. Ein weiterer Vorteil davon war, dass sie ebenso für die anschließenden Projekte verwendet werden konnten, da neue Folien schnell und kostengünstig nachgedruckt werden können. Auch nach den Jubiläumsjahren stehen die LED-Tafeln den Karmeliten weiterhin zur Verfügung - entweder um bereits bestehende Inhalte anlassbezogen erneut zu präsentieren oder um neue Folien produzieren zu lassen.
Abb. 3: Ausstellung „400 Jahre Freundschaft mit Gott. Gemeinschaft – Gebet – Gaben“ in der Krypta des Karmelitenkonvents in Linz © ÖOK/Elisabeth Mayr-Wimmer
Zwei Kunstausstellungen
Im Anschluss an die Jubiläumsausstellung standen zwei Kunstausstellungen auf dem Programm. Die erste fand im Advent 2022 statt und trug den Titel „Singt in der Nacht!“. Sie zeigte zeitgenössische Werke des Künstlers Gottfried Löcker. Er präsentierte seinen Zugang zum Glauben durch die moderne Kunst. Das Projekt entstand in Gesprächen und griff auf Werke zurück, die der Künstler bereits fertiggestellt hatte bzw. gerade fertigstellte. In Absprache mit ihm wurde die Präsentation eher schlicht gehalten. Die 1,40 Meter hohen Bilder wurden auf Staffeleien im Kirchenraum der Wiener Karmelitenkirche ausgestellt. Für die Beleuchtung wurden Lampen verwendet, die der Orden bereits für ein vergangenes Vorhaben angeschafft hatte. Auf diese Weise konnte bei der Umsetzung der Ausstellung auf Ressourcen zurückgegriffen werden, die im Konvent bereits vorhanden waren. Ein Blick in alle möglichen Ecken und Winkel des Klosters lohnt sich häufig in dieser Hinsicht, denn oft stößt man auf vergessene Bestände, die schließlich (wieder)verwendet werden können. So entstand ein kostengünstiges und gleichzeitig ausdrucksvolles Projekt mit starkem Bezug zu der Ordensgemeinschaft.

Abb. 4: Ausstellung „Singt in der Nacht!“ mit zeitgenössischen Werken des Künstlers Gottfried Löcker © Claudia Rapberger
Bei der zweiten Kunstausstellung handelte es sich um eine Auftragsarbeit der zeitgenössischen Künstlerin Sonja Meller. Der Wunsch des Ordens war eine Installation, die Bezug auf die Spiritualität des Karmel nimmt. Sonja Meller setzte dies mit ihrer Installation „An die ewige Schönheit“ wunderbar um, indem sie aus Messingdraht Buchstaben und Sätze formte und auf diese Weise Texte der Karmel-Heiligen Edith Stein (*1891, †1942) und Teresa von Ávila visualisierte. Die beiden Texte wurden in zwei ineinander liegenden Zylindern angeordnet. In der präsentierten Form waren die Texte nicht mehr lesbar, aber dennoch präsent, was zu einer neuartigen Begegnung mit den Texten der beiden heiligen Frauen führte. Auch diese Ausstellung wurde in der Seitenkapelle der Wiener Karmelitenkirche und später in der Krypta in Linz präsentiert. Mit der Gestaltung des Kunstwerkes lag ein Großteil der Arbeit bei der Künstlerin, dennoch basierte die Umsetzung dieses Projektes auf einer umfangreichen Koordinationsarbeit. Ich durfte als Ansprechperson für die Künstlerin fungieren. Meine Aufgabe war es, ihre Anliegen und Wünsche an den Orden zu kommunizieren. Dies betraf beispielsweise finanzielle Aspekte oder auch praktische Belange, wie Adaptionen im Kirchenraum, die für die Installation nötig wären. Außerdem lag es an mir, der Künstlerin die Einschränkungen sowie Möglichkeiten aufzuzeigen, die der Orden für das Projekt vorgesehen hatte. Die Welt der Kunstschaffenden und der Orden zu verbinden, war ein anspruchsvoller, aber zugleich sehr spannender und inspirierender Prozess, dessen Ergebnis für beide Seiten sehr bewegend war. Er führte die Ordensgemeinschaft, die Künstlerin selbst sowie die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung zu einer bisher ungeahnten Möglichkeit, die Spiritualität der Karmeliten auf neue Weise zu erfahren.

Abb. 5: Kunstinstallation in der Krypta des Karmelitenkonvents in Linz © Roland Mayer
Studientag und Begegnungsort
Nach den beiden Kunstausstellungen stand eine besondere Persönlichkeit im Mittelpunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten: Pater Dominicus a Jesu Maria (*1559, †1630). Er war ein herausragender Karmelit des 17. Jahrhunderts, dem die Gründung des ersten Konventes in Österreich zu verdanken ist. Es war den Karmeliten ein besonderes Anliegen, ihn im Rahmen der Jubiläumsjahre zu würdigen. Daher widmeten sich die folgenden zwei Projekte seiner Persönlichkeit.
Das erste war ein Studientag, der im Oktober 2023 stattfand. Die Karmeliten wollten mit diesem Anlass die Gelegenheit bieten, Pater Dominicus und sein Wirken kennenzulernen. In drei Vorträgen wurden herausragende Aspekte aus seinem Leben vorgestellt. Dazu wurde zum einen Waltraud Maria Deix eingeladen. Sie hat bereits zwei Werke über den großen Karmeliten verfasst, welche auf umfangreichen eigenständigen Recherchen beruhen.[2] Der zweite Referent an diesem Tag war P. Peter Maria Pendl OCD, der sich für die Seligsprechung von P. Dominicus einsetzt. Die beiden stellten in drei Vorträgen herausragende Aspekte aus seinem Leben vor.

Abb. 6: Studientag zu Pater Dominicus a Jesu Maria (*1559, †1630) mit P. Peter Maria Pendl OCD © ÖOK/Elisabeth Mayr-Wimmer
Das zweite Projekt, das P. Dominicus gewidmet war, war die Neugestaltung seiner Ruhestätte in der Seitenkapelle der Wiener Karmelitenkirche. Dieser Teil der Kirche sollte zu einem Begegnungsort mit P. Dominicus werden. Dieses Vorhaben wurde als kleine „Ausstellung“ konzipiert, wobei hier bewusst die Anführungszeichen verwendet werden, da das Projekt zwar die klassischen Elemente einer Ausstellung beinhaltete, jedoch eher einen ergänzenden Charakter aufweisen sollte. Denn das Grabmal von P. Dominicus sollte das Zentrum der Aufmerksamkeit bilden. Der Entschluss fiel daher auf eine dezente Präsentation: An der Kopfseite des Grabes wurde ein neues, beleuchtetes Porträt angebracht. Entlang der Wand neben dem Grab fanden eine Informationstafel und zwei Vitrinen mit Exponaten aus dem Leben des großen Karmeliten ihren Platz. Fünf Gegenstände von P. Dominicus sind dort ausgestellt: sein Brevier, seine Sandalen, sein Wanderstock, sein Krankenhemd und sein Herz. Die Exponate werden jedoch nicht alle zur gleichen Zeit präsentiert. Da der Begegnungsort, wie schon erwähnt, einen ergänzenden Charakter haben sollte, hätte die Präsenz so vieler bedeutender Exponate das Ziel verfehlt. Daher werden die Objekte abwechselnd präsentiert und im halbjährlichen Rhythmus ausgewechselt. Dies kommt einerseits den Exponaten aus konservatorischen Gründen zugute und verleiht dem neu gestalteten Begegnungsort andererseits einen lebendigen Charakter. Er ist als dauerhafte Veränderung des Kirchenraumes gedacht und lädt weiterhin all jene, die die Nähe zu P. Dominicus suchen, dazu ein, an diesem Ort betend zu verweilen.

Abb. 7: Dauerausstellung bei der Grabstätte zu Pater Dominicus a Jesu Maria im Karmelitenkonvent in Wien © ÖOK/Elisabeth Mayr-Wimmer
Festschrift
Abschließend soll die Festschrift[3] zu den Jubiläumsjahren vorgestellt werden. Sie erschien im September 2024 anlässlich der Abschlussveranstaltung der Jubiläumsfeierlichkeiten. Die Festschrift hält alle Feierlichkeiten und Projekte fest, die im Rahmen der Jubiläumsjahre stattfanden. Sie bildet die vergangenen drei Jahre nicht nur visuell ab, sondern enthält auch Inhalte, die im Zuge der Jubiläumsprojekte aufbereitet wurden. So findet sich darin beispielsweise ein historischer Abriss zur Geschichte des Karmel, der für die Jubiläumsausstellung erarbeitet wurde. Auch drei der Interviews, die für die Ausstellung entstanden, sind in dem Buch zu finden. Ebenso ist einer der Vorträge des Studientages über P. Dominicus darin abgedruckt. Zusätzlich beinhaltet die Festschrift die Fachartikel zweier renommierter Professor:innen der Theologie. Im Hinblick auf die Umsetzung ist die Festschrift jenes Projekt mit der längsten Entstehungszeit. Die einzelnen Kapitel sind im Laufe der drei Jahre entstanden – sozusagen nebenbei. Immer, wenn ein Vorhaben abgeschlossen war, wurde das entsprechende Kapitel dazu gestaltet. Die Festschrift ist ein gutes Beispiel dafür, wie Inhalte nachhaltig wiederverwendet werden können, indem sie in eine andere – in diesem Fall schriftliche – Form gebracht werden. Darüber hinaus verewigt sie die Erinnerungen an eine Zeit des Feierns, die sonst nur vor Ort kurz sichtbar und erlebbar gewesen wären.

Abb. 8: Festschrift zu den Ordensjubiläen der Karmeliten Österreich © ÖOK/Elisabeth Mayr-Wimmer
Rückblickend bleiben jedoch nicht nur die Seiten der Festschrift, sondern auch die Erinnerungen der Ordensfamilie – insbesondere der Mitbrüder. Der Vortrag schließt daher mit einer kurzen Zusammenfassung darüber, welche Bedeutung die Feierlichkeiten für den Karmelitenorden hatte.
Bedeutung der Feierlichkeiten für den Karmelitenorden
Paul Saji Bavakkat: Rückblickend kann ich zufrieden sagen, dass das feierliche Begehen dieser Jubiläumsjahre nachhaltige Bedeutung und Wirkung für unseren Orden hat. Durch die intensive und vielfältige Auseinandersetzung mit unserer Ordensgeschichte, den Charakteristika unseres Ordens und seine Bedeutung für die heutige Zeit, wurde unsere eigene Identität als Karmelitenbrüder und -schwestern und auch als Karmelfamilie gestärkt. Die dadurch ausgelöste Bewusstwerdung unserer langjährigen bewegten Ordensgeschichte, das treue Mitgehen Gottes auf unserem Weg, die wertvolle Unterstützung vieler Wohltäter, die Verantwortung unserer Berufung, auch oder besonders für die heutige Zeit, ließen uns einerseits mit Demut, andererseits mit einem gewissen „guten Stolz“ innehalten, um „Danke“ zu sagen.
Wenn man – wie es auch Christoph Kardinal Schönborn bei der Eröffnungsmesse betont hat – die 400 Jahre durchgehend intensives Gebet bedenkt, ist das keine Kleinigkeit! Es ist kaum zu ermessen, welch unschätzbaren Wert diese Kraft des Gebetes hat - für die Kirche, die Welt und die gesamte Menschheit. Der Anlass der vielen Feierlichkeiten gab auch die Möglichkeit, innerkirchlich und als Weltkirche zusammenzurücken, da wir diese Zeremonien gemeinsam mit österreichischen Bischöfen und Provinzialen aus dem Ausland feiern durften.
Auch bei den Kirchenbesucher:innen haben diese Veranstaltungen Impulse gesetzt, über verschiedene Aspekte des Lebens und des Ordens nachzudenken und einige Außenstehende wurden in einer neuen Weise auf uns aufmerksam gemacht. Die Kunstwerke und Ausstellungen gaben Anlass, einerseits in die Tiefe und Mystik einzutauchen und die eigene Gottesbeziehung zu überdenken, andererseits war es eine gute, gemeinschaftsfördernde Möglichkeit, auch mit anderen ins Gespräch zu kommen.
Solche besonderen Zeiten geben auch manchmal einen Impuls, schon länger Gedachtes in die Tat umzusetzen, und so ist der Begegnungsort bei der Ruhestätte von P. Dominicus entstanden, der maßgeblich bei der Gründung der ersten österreichischen Provinz vor 400 Jahren beteiligt war. Der neue Begegnungsort in der Seitenkapelle der Wiener Karmelitenkirche, der nun dauerhaft eingerichtet ist, eröffnet den Besucher:innen neue Einblicke in das Leben des bedeutenden Ordensmannes und bietet die Möglichkeit zum Verweilen und Beten.
Einen krönenden Abschluss unserer Jubiläumsjahre bot und bietet die Festschrift, in der – als bleibende Erinnerung – alle Ereignisse dieser besonderen Jahre festgehalten sind. Sie stellt aber nicht nur eine umfangreiche Fotodokumentation dar, sondern vermittelt durch ihre wertvollen Beiträge inspirierende Impulse und geschichtsträchtige Daten. Insofern fungiert sie fast als Nachschlagewerk und geistliche Lektüre des Karmel.
Ich möchte, an die von Claudia Rapberger genannte Alliteration, beziehend auf unser Ordenscharisma: „Gemeinschaft – Gebet – Gaben“ mit einer weiteren Alliteration anknüpfen, die die Bedeutung der Jubiläumsjahre ein Stück zum Ausdruck bringt: „Freundschaft pflegen – Feste feiern – Fernstehende finden“. Durch unsere Freundschaft mit Gott, vertieft sich fast automatisch auch die Freundschaft mit uns selbst und mit anderen und was gibt es Schöneres als gute Beziehungen? Zudem: Feste feiern, wenn es dafür Anlass gibt, und das mit ganzem Herzen! Damit werden wir auch dem Wunsch unserer Ordensgründerin Teresa von Ávila gerecht, wenn sie meint: “Wenn feiern, dann feiern!“ Und das ist immer auch ein Ausdruck des Dankes.
Und der dritte Punkt soll unsere Offenheit zum Ausdruck bringen, attraktiv als Kirche, als Karmelitenorden auch auf Außenstehende zu wirken, sodass sie aufmerksam werden und das Interesse geweckt wird, für diese kostbare „Freundschaft mit Gott“. In diesem Sinne bedanke ich mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass Sie einen guten Einblick in das Thema „Jubiläen feiern in einer Projektreihe“ am Beispiel des Teresianischen Karmel erhalten konnten.
Paul Saji Bavakkat OCD wurde 1975 in Kerala in Indien geboren und trat 1996 in den Karmelitenorden ein. Die Priesterweihe folgte 2004, danach wirkte er im Priesterseminar und als Rektor einer Klosterschule. Der weitere Weg führte ihn 2007 für neun Jahre nach Deutschland, wo er im Bistum Essen als Kaplan und Pfarrer sowie als Prior des Karmelitenklosters Dilldorf tätig war. 2016 kam er nach Österreich, um an der Katholischen Universität Linz im Fach Kirchenrecht ein weiterführendes Studium zu beginnen. Von 2017 bis 2023 war er Prior des Karmelitenklosters in Linz und ist Mitglied des Provinzrates der Karmeliten in Österreich. Seit 2023 ist er zudem Provinzial des Teresianischen Karmel in Österreich. Kontakt: provinzial@karmel.at
Claudia Rapberger MA ist als Doktorandin am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien tätig. Die Fachgebiete ihrer Promotionstätigkeit beziehen sich auf Frauen- und Geschlechtergeschichte, Selbstzeugnisse sowie die Sozialgeschichte des Adels in der Frühen Neuzeit. Bereits neben ihrem Masterstudium betätigte sie sich im musealen Arbeitsfeld. Sie kuratierte unter anderem eine Sonderausstellung auf Schloss Rosenburg und schloss den Museumskustoden-Lehrgang des Niederösterreichischen Museumsmanagement ab. In den Jahren 2020 bis 2024 war sie für den Teresianischen Karmel als Projektkoordinatorin und Ausstellungskuratorin tätig. Kontakt: claudia.rapberger@univie.ac.at
[1] Siehe auch: Paul Saji BAVAKKAT OCD: 400 Jahre Teresianischer Karmel in Österreich, 400 Jahre Freundschaft mit Gott, Gemeinschaft – Gebet – Gaben, in: Mitteilungen für die Kulturgüter der Orden, Ausg. 7, Wien 2022, 96–110.
[2] Waltraud Maria DEIX, Dominicus a Jesu Maria (1559–1630). Mystiker, Wundertäter, Friedensstifter, Wien 2023. Waltraud Maria DEIX, P. Dominicus A Jesu Maria. Ein Karmelit zwischen Mystik und Politik, Wien 2022.
[3] 400 Jahre Freundschaft mit Gott. Festschrift zu den Jubiläumsjahren 2022-2024, Teresianischer Karmel in Österreich (Hg.), Wien–Linz 2024.