„Messa terza“ erklang nach 264 Jahren erneut in der Michaelerkirche

Die hochbegabte 17-jährige Marianna Martines komponierte für das Patrozinium der Michaelerkirche 1761 eine vielbeachtete Messe – das hochwertige Aufführungsmaterial hat sich im Musikarchiv von St. Michael erhalten. © Pfarre St. Michael
Die „Messa terza“ war lange in Vergessenheit geraten, bis Manuel Schuen, Organist und Musikdirektor der Michaelerkirche, das Werk wiederentdeckte. Ihm lag viel daran, die Komposition nicht nur an ihrem ursprünglichen Aufführungsort zu präsentieren, sondern sie auch dauerhaft zugänglich zu machen. Auf seine Initiative hin wurde die Messe daher in die Reihe Denkmäler der Tonkunst in Österreich aufgenommen und neu ediert.
Wer war Marianna Martines?
Marianna Martines (1744–1812) zählte zu den herausragenden Musikerinnen des Wiener 18. Jahrhunderts. Sie wuchs im Michaelerhaus am Kohlmarkt auf, wo auch der Dichter Pietro Metastasio lebte, der ihre Bildung in Musik, Sprachen und Literatur förderte. Früh erhielt sie Klavierunterricht bei Joseph Haydn, der damals ebenfalls im Haus wohnte. Schon als Jugendliche überzeugte sie durch virtuoses Spiel und Gesang und trat auch am Hof Maria Theresias auf.

Pianistin, Sängerin und Komponistin: Marianna Martines (1744–1812) zählte zu den herausragenden Musikerinnen des Wiener 18. Jahrhunderts. © Anton von Maron, Public domain, via Wikimedia Commons
Netzwerkerin und Komponistin
Martines war nicht nur Pianistin und Sängerin, sondern auch Komponistin von Rang. Ihre Werke fanden Anerkennung bei bedeutenden Musiktheoretikern wie Padre Giovanni Battista Martini. 1773 wurde sie in die renommierte Accademia Filarmonica di Bologna aufgenommen – eine Auszeichnung, die nur wenigen zuteilwurde. Ihre bedeutendsten Werke, darunter die Oratorien Sant'Elena al Calvario (1781) und Isacco figura del redentore (1782), wurden in Wien mit großem Erfolg aufgeführt.
Ein Leben für die Musik
Neben ihren Kompositionen prägte Martines das Wiener Musikleben durch wöchentliche Soireen in ihrem Haus, die auch Mozart besuchte. Um 1780 gründete sie eine eigene Singschule, die zu einer wichtigen Ausbildungsstätte wurde. Als hochgebildete Musikerin beherrschte sie mehrere Sprachen und verband italienische Tradition mit Wiener Eleganz.
Marianna Martines starb 1812, nur zwei Tage nach ihrer Schwester Antonia, mit der sie ihr Leben lang zusammengelebt hatte. Sie wurde am Sankt Marxer Friedhof beigesetzt – als Künstlerin, die zu Lebzeiten gefeiert wurde und deren Werk heute wiederentdeckt wird.
Aufführungsmaterial im Musikarchiv von St. Michael
Als Komponistin trat Martines bereits im Alter von 17 Jahren in Erscheinung. „Zum Patrozinium der Kirche am 29. September 1761 wurde ihre zu diesem Anlass komponierte Messe für Soli, Chor und Orchester in der Michaelerkirche uraufgeführt“, erklärt Schuen. „Ob die Messe danach jemals wiederaufgeführt wurde, wissen wir nicht. Es sind jedenfalls keine Hinweise dazu bekannt. Das hochwertige Aufführungsmaterial hat sich im Musikarchiv von St. Michael erhalten. Das Autograph der Partitur hingegen befindet sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien“.
In Kooperation mit der Stabstelle Gleichstellung, Gender und Diversität der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) ermöglichten die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer, die Pfarre St. Michael sowie der Verein der Freunde der Michaelerkirche die Finanzierung dieses spannenden Projektes. „Uns ist es wichtig, mit unseren Spendenmitteln einen wesentlichen Beitrag für die Aufrechterhaltung der kulturellen Aktivitäten von St. Michael zu leisten“, betont Hermine Buchsbaum, Obfrau des Vereins der Freunde der Michaelerkirche. Der Verein der Freunde der Michaelerkirche hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Erhaltung der Kirche und die Aufrechterhaltung der kulturellen Aktivitäten von St. Michael jene erforderlichen Mittel aufzubringen, die weder von der Pfarre selbst noch von anderen Stellen bereitgestellt werden können.
Quelle: Michaelerkirche Wien