Auf den Spuren verstreuter Bücherschätze aus dem Zisterzienserstift Stams

Detail aus einer astronomisch-mathematischen Sammelhandschrift (Stams, Stiftsbibliothek, Cod. 13, 82r. (c) ULB Tirol
Die Sammlung mittelalterlicher Handschriften des Zisterzienserstiftes Stams im Tiroler Oberland reicht bis zur Gründung im 13. Jahrhundert zurück und zählt zu den bedeutendsten Kulturschätzen in Gesamttirol. Als Folge der vorübergehenden Aufhebung des Stiftes während der bayerischen Verwaltung (1806–1814) werden diese wertvollen Bücher heute örtlich getrennt aufbewahrt: Das Gros von etwa 300 Handschriften befindet sich seit damals im Bestand der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Tirol in Innsbruck. In der Stamser Stiftsbibliothek selbst stehen noch etwa 60 mittelalterliche Buchhandschriften. Einzelne Handschriften gelangten im Laufe der Jahrhunderte in andere Institutionen, so in die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart (vormals Fürstlich-Fürstenbergische Hofbibliothek Donaueschingen), die Staatsbibliothek zu Berlin, die Bayerische Staatsbibliothek in München oder in die Bibliotheken des Prämonstratenser Chorherrenstiftes Wilten und des Zisterzienserstiftes Zwettl.
Anlässlich des 750-Jahr-Jubiläums des 1273 gegründeten Stiftes Stams initiierte die Universitäts- und Landesbibliothek Tirol gemeinsam mit dem Stift Stams das Projekt „Libri Stamsenses“, um dieses wertvolle Ensemble virtuell wieder zusammenzuführen und online zugänglich zu machen.
Innsbruck, ULB Tirol, Cod. 01, Bl. 42v. (c) ULB Tirol
An der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol wurden zwischen 2023 und 2024 die dort aufbewahrten Handschriften sowie jene der Stamser Stiftsbibliothek digitalisiert und mit inhaltlichen Erschließungsdaten online gestellt. Die dabei erstellten Daten und Bilder sind über das österreichische Fachportal für mittelalterliche Handschriften manuscripta.at sowie die Digitale Bibliothek der Universität Innsbruck abrufbar. Die Ergebnisse der Wasserzeichenanalyse durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften finden sich im Portal „Wasserzeichen des Mittelalters“.
Ergänzend dazu wird die virtuelle Ausstellung „Bibliotheca Stamsensis digital. Auf den Spuren verstreuter Bücherschätze“ als eine bestands- und institutionenübergreifende Rechercheplattform zu allen verstreuten Handschriften Stamser Provenienz vorbereitet.

Detail einer Handschrift. Innsbruck, ULB Tirol, Cod. 21, Bl. 2r. (c) ULB Tirol
Seit Kurzem sind die Digitalisate auch über das Online-Portal Kulturpool als zentrale Recherche- und Vermittlungsplattform für das österreichische Kulturgut für eine interessierte Öffentlichkeit abrufbar. Von hier aus werden die Bilder und Metadaten in die Europäische Digitale Bibliothek „Europeana“ weitergeleitet. Der Kulturpool ist Teil der Strategie „Kulturerbe digital“ des Bundesministeriums für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport und wird vom Naturhistorischen Museum Wien umgesetzt. Die Finanzierung erfolgt aus dem EU-Fonds „NextGenerationEU“.
Damit wird nicht nur ein Beitrag zur Bewahrung und Zugänglichkeit dieses kulturellen Erbes geleistet, sondern auch die Voraussetzung für eine lohnende weitere Beforschung dieses einmaligen Quellenschatzes geschaffen. Die Sammlung mit ihren wertvollen, unikalen Handschriften gibt Einblick in die wechselvolle Geschichte sowie die intellektuelle und spirituelle Tradition des Klosters.
Ausblick: Erfreulicherweise ermöglicht die zweite Ausschreibung „Kulturerbe digital“ im wiederum an der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol angesiedelten Folgeprojekt „Manuscripta monastica“, dass auch die für die Kulturgeschichte Tirols bedeutsamen mittelalterlichen Handschriftenbestände des Klosters St. Georgenberg und des Innsbrucker Servitenkonvents bis 2026 an der ULB Tirol digitalisiert und erschlossen werden.
Damit ist man dem Ziel, den gesamten unikalen, wertvollen mittelalterlichen Handschriftenschatz in und aus Tiroler Klöstern digital zu sichern und inhaltlich aufzubereiten, einen großen Schritt näher.
Text: Anna Pinter & Claudia Schretter-Picker