Buchneuerscheinung: Kreuzwege zweier Märtyrerpriester der NS-Zeit
Bleibende Erinnerung: Das Buch „Kreuzwege“ möchte den Mut und die Entschlossenheit der beiden ermordeten Jesuiten Johann Schwingshackl und Johann Steinmayr lebendig halten. © Kyrene-Verlag/Canva
Ihre Predigten gegen die Diktatur der Nazis verstummten selbst unter Todesdrohungen nicht: In vierzehn Stationen und auf 160 Seiten erzählt der Philosoph und Autor Martin Kolozs in seinem neuen Buch „Kreuzwege“ die Lebensgeschichten der Jesuitenpatres Johann Schwingshackl (1887-1945) und Johann Steinmayr (1890-1944). Ineinander verwoben präsentiert der gebürtige Innsbrucker die Südtiroler Bauernsöhne mit gleichem Vornamen, ähnlicher Herkunft und unbeirrbarem Gottvertrauen, die beide vom NS-Regime ermordet wurden. Im Doppelporträt, das geschickt mit Auszügen aus dem Kriegstagebuch Schwingshackls, Berichten von Weggefährten und Zeilen aus Steinmayrs Hafttagebuch verwoben ist, bleiben das Wirken und die Reden der beiden Jesuiten rundum lebendig.
Treue zu den christlichen Grundsätzen
Die Glaubensbekenntnisse der beiden Ordensleute haben bis heute nichts an ihrer Bedeutung verloren, erklärte Kolozs im Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress. Als Mitglieder des Jesuitenordens bezogen sie während der NS-Herrschaft klar Stellung gegen Unrecht, Verfolgung und Unterdrückung und bezahlten ihre Nächstenliebe und Glaubensfreude mit dem Leben. Sie seien „moderne Märtyrer, weil ihr Zeugnis auch die Menschen von heute anrühren kann, unabhängig davon, ob sie gläubig sind oder nicht“. Jede und jeder könne verstehen, dass es große Kraft und Überzeugung braucht, zu seinen Grundsätzen zu stehen, „vor allem, wenn der Großteil der Gesellschaft anders denkt“, so der Autor.
Über ein Jahr lang trug Kolozs das weit verstreute Material für die Doppelbiografie aus Archiven in München, Wien, Innsbruck, Berlin, Welsberg und vielen anderen Orten zusammen.
Erinnerung als „Frühwarnsystem“
Bischof Manfred Scheuer spricht in seinem Vorwort zum Buch von einer „lebendigen Gedenkkultur“, die Kolozs geschaffen habe. Das Zeugnis der Jesuitenpater und die dankbare und kritische Erinnerung an sie mögen „viele zum Glauben inspirieren, in der Widerstandskraft gegen tödliche Ideologien stärken sowie Heilung, Hoffnung und Versöhnung anstiften und etwas mehr Liebe in unser Land bringen“, so der Linzer Oberhirte. Die verdrängten Gräuel des Nationalsozialismus würden „als Leiche im Keller zu stinken beginnen“. Es gelte, jenen Opfern zuzuhören, „die standgehalten haben und das Unrecht nicht mitmachen wollten“.
Lebendige Gedenkkultur: In seinem Vorwort äußert Bischof Manfred Scheuer die Hoffnung, dass durch das Buch viele gegen tödliche Ideologien gestärkt werden und etwas mehr Liebe in unser Land kommt. © Diözese Linz/Hermann Wakolbinger
An die Zeit der NS-Gewaltherrschaft zu erinnern, bedeute, den Opfern Ehre zu erweisen, wie Pater Christian Marte, der Rektor des Jesuitenkollegs Innsbruck, in seinem Vorwort die Bedeutung von Erinnerung hervorhebt. Sie sei ein „Frühwarnsystem“, das lehre, „Muster des Unrechts zu erkennen und gefährliche kollektive Tendenzen zu durchschauen“. Die Bedeutung von Vergebung, die Märtyrer vorleben, betonte P. Bernhard Bürgler, Provinzial der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten, in einer Vorrede zu „Kreuzwege“: „In der Nachfolge des gekreuzigten Herrn leben die Märtyrer zutiefst ihre Berufung zur Vergebung und Versöhnung, zu der wir alle mit der Taufe aufgefordert sind.“
Treue auch in der Gefahr
Auch für Kolozs, der eng mit dem Jesuitenkolleg Innsbruck zusammenarbeitete, um die Biografien realisieren zu können, ist die Erinnerung an Steinmayr und Schwingshackl die zentrale Botschaft des Buchs. Sie seien ein Beispiel dafür, was Christsein damals wie heute bedeutet: „Zwei Priester, die sich und ihren Überzeugungen treu blieben, aber nicht aus Eigensinn, sondern weil sie von der Botschaft Christi überzeugt waren.“ Streng genommen sei der Begriff „Märtyrer“ nur für diejenigen Menschen reserviert, deren Martyrium kirchlich anerkannt wurde. Doch die Begriffsdefinition sei im Wandel, wie Kolozs ergänzt.
Mutig bis zuletzt: Steinmayr und Schwingshackl blieben ihrer Überzeugung treu und gaben damit ein Beispiel, was Christsein damals wie heute bedeutet. © Erzdiözese Wien/Stephan Schönlaub
Zwei moderne Märtyrer
Steinmayr, der nach elfmonatiger NS-Haft am 18. September 1944 hingerichtet wurde, und Schwingshackl, der am 27./28. Februar 1945 kurz vor Vollstreckung seines Todesurteils im Gefängnis starb, besitzen für den Autor jedoch jede Qualifikation, um Märtyrer genannt zu werden, nicht zuletzt aufgrund ihrer bis zur letzten Konsequenz durchgehaltenen Gesinnung. In einem Brief schreibt Johann Schwingshackl am Oktavfest der Epiphanie 1945: „Ich habe ganz klar gesehen, dass das Schicksal mich erreichen werde. Ich ging den Weg vollständig freiwillig weiter. Ich sah zu klar, dass ich nur so gehen kann, will ich der ungeheuren, der herrlichen Zeit entsprechen.“ Ein Seligsprechungsprozess für die beiden christlichen Widerstandskämpfer wurde noch nicht eröffnet. „Ich hoffe aber, mit meinem Buch dazu beizutragen“, so der Autor.
Kolozs wurde 1978 in Graz geboren, wuchs in Innsbruck auf und lebt mit seiner Familie in Wien. Nach dem Studium der Christlichen Philosophie war er als Verleger und Publizist tätig. Neben Romanen und Theaterstücken hat er mehrere Biografien geschrieben.
Quelle: kathpress