Das denkmalgeschützte Eckhaus „Zur Goldenen Schlange“ in der Wiener Steindlgasse 6, in dem einst der Jesuitennovize Stanislaus Kostka lebte, erstrahlt seit Kurzem in neuem Glanz. Ein besonderes Prunkstück ist die im Haus untergebrachte Stanislaus-Kapelle. Anlässlich des Festtags des Heiligen am 13. November finden hier mehrere öffentliche Gottesdienste statt. Besucher:innen haben die Möglichkeit, das barocke Kirchenjuwel und eine frisch renovierte, mittelalterliche Holzdecke zu bewundern.
Barockes Kirchenjuwel: Die Stanislauskapelle ist das ehemalige Wohnzimmer des Hl. Stanislaus Kostka. (c) SJ/Bargehr
Das Haus in der Steindlgasse 6 im ersten Wiener Gemeindebezirk blickt auf eine lange Geschichte zurück. Im Keller befinden sich Mauerwerksstrukturen, die aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammen. Für den Jesuitenorden ist das Haus vor allem deshalb von Bedeutung, weil hier der Hl. Stanislaus Kostka von 1565–67 als Schüler am Jesuitenkolleg wohnte. 2021 übernahmen die Jesuiten das Gebäude vom Berufsverband christlicher Arbeitnehmer:innen im hauswirtschaftlichen Dienst und ließen es generalsanieren.
Spätmittelalterliche Holzdecke als Sensationsfund
Im Rahmen der Generalsanierung entdeckte man in einem Raum des Gebäudes – dem Stanislaussaal – eine spätmittelalterliche, polychrom gefasste Riemenbalkendecke mit dekorativen Rankenmalereien aus dem 16. Jahrhundert. Mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesdenkmalamt wurde die Decke sorgfältig freigelegt und anschließend akribisch restauriert. Dabei kam eine reversible, innovative Methode zum Einsatz, mit deren Hilfe selbst jene Malereien, die bereits ganz verschwunden waren, wieder rekonstruiert werden konnten. Mithilfe von bedruckten, sehr dünnen Seidenpapierstreifen wurde das farbliche Grundmuster auf die Fehlstellen aufgetragen und händisch nachretuschiert. „Mit der für diesen Fall schrittweise entwickelten Methode ist es meinem Team gelungen, die Deckenmalerei zu retten“, freut sich Restaurator Friedrich Nussbaumer. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und fand nicht nur in der Fachwelt Beachtung.
Kunst aus dem Mittelalter: Im Stanislaussaal begeistert eine historische Riemenbalkendecke mit dekorativen Rankenmalereien aus dem 16. Jahrhundert. (c) Bundesdenkmalamt
Kunstvolle Lichtinstallation
Aufgrund des historischen Fundes gestaltete sich die Beleuchtung des Raumes als ziemlich herausfordernd – die Befestigungspunkte waren auf ein Minimum zu reduzieren, und die Elektroinstallation durfte ausschließlich von der Wand angebunden werden. Doch es gelang in eindrucksvoller Weise, aus dieser Not eine Tugend zu machen: Eine von der Decke abhängte, moderne Lichtinstallation mit geschwungenen Leuchtbändern greift das florale Muster der Dekorationsmalerei auf und spannt einen Bogen von der spätmittelalterlichen Decke in die Gegenwart. Darüber hinaus ermöglicht die Lichtinstallation eine völlig schattenfreie Ausleuchtung der historischen Holzdecke.
Besonderes Ambiente: Der Stanislaussaal ist eine stimmungsvolle Location für Seminare oder Veranstaltungen. (c) Bundesdenkmalamt
Der Stanislaussaal kann künftig für Seminare oder Veranstaltungen gemietet werden oder gemeinsam mit der Kapelle für Taufen oder „Hochzeiten unter dem Blätterdach“ genutzt werden.
Wohnraum des Hl. Stanislaus als prunkvolle Kapelle
1550 auf Schloss Rostkow in Polen geboren, kam der Hl. Stanislaus Kostka 1564 zusammen mit seinem älteren Bruder Paul nach Wien. Hier studierten beide am Jesuitenkolleg „Am Hof“. Bald reifte im jungen Stanislaus der Wunsch, in den Jesuitenorden einzutreten. Weil seine einflussreiche Familie strikt dagegen war, wagte der Jesuitenobere in Wien aber nicht, Stanislaus in den Orden aufzunehmen. Stanislaus verließ daraufhin im August 1567 in aller Stille Wien und ging nach Augsburg und Dillingen zum Jesuiten Petrus Canisius. Dieser bereitete Stanislaus für die Aufnahme in den Orden vor und schickte ihn dann nach Rom. Dort wurde er einen Tag vor seinem 17. Geburtstag in den Orden aufgenommen. Keine zehn Monate später starb Stanislaus nach kurzer Krankheit am 15. August 1568 in Rom. Der wegen seiner Entschlossenheit und Frömmigkeit von allen geschätzte Jesuitennovize wurde 1726 heiliggesprochen. Er ist Patron Polens, der studierenden Jugend und der Jesuitennovizen. Das Zimmer, das Stanislaus während seines Aufenthaltes im Haus Steindlgasse 6 in der Wiener Innenstadt bewohnt hatte, wurde 1582 zu einer einfachen Hauskapelle umgebaut. Nach seiner Heiligsprechung stattete man den Raum opulent mit Marmor und Gold aus und machte ihn so zu einem kleinen Kirchenjuwel.
„Festwoche“ mit zahlreichen Gottesdiensten
Bereits Anfang Mai 2023 segnete P. Markus Inama SJ als Superior die frisch renovierten Räumlichkeiten, anlässlich des bevorstehenden Festtages des Hl. Stanislaus Kostka am 13. November bietet sich auch für die Öffentlichkeit die Möglichkeit, Einblicke in das generalsanierte Haus zu erhaschen. In der Woche von 13. bis 18. November sowie am 20. November findet täglich um 8.00 Uhr eine Hl. Messe in der Stanislauskapelle statt. Der Sonntagsgottesdienst am 19. November beginnt um 10.00 Uhr. Nach dem Gottesdienst bleibt die Kapelle bis 12.00 Uhr geöffnet, nachmittags öffnen sich die Kirchentüren von 15.00 bis 18.00 Uhr.
Auch eine Gruppe von polnischen Gläubigen wird in der Festwoche Gottesdienste in ihrer Muttersprache feiern – an den Wochentagen jeweils um 19.00 Uhr, am Sonntag um 15.00 Uhr.
Dekorativ und zweckmäßig: Die geschwungenen Leuchtbänder spannen einen Bogen vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart. (c) SJ/Bargehr
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[markus lahner]