"Ein Schmuckkästchen für unseren Herrgott"
Durch Vermittlung von Karin Mayer (Bereichsleiterin der Österreichischen Ordenskonferenz) beauftragte mich das österreichische Provinzialat der Töchter der göttlichen Liebe im Frühjahr 2019, die Kunst- und Kulturgüter der Wiener Niederlassung „Dreimal Wunderbare Mutter“ (Kirche, Kloster und Provinzhaus) zu inventarisieren. Sr. M. Emanuela Cermak (bis September 2019 Provinzoberin) war die treibende Kraft dieses Projekts, das im November 2021 abgeschlossen werden konnte.
Gruppenfoto im Kapitelsaal: Sr. M. Emanuela Cermak, Sr. M. Daniela Scharf, Sr. M. Digna Blochberger, Sr. M. Magna Andre, Karin Mayer und Margit Seebacher mit Daniel (c) fdc
Das Inventar
Im Verzeichnis sind knapp 350 Nummern erfasst, die nach Standorten (Räumen) geordnet sind. Mein Weg führte von den Außen- und Innenansichten, den architektonischen und wandfesten Elementen über die Einrichtung bis hin zum Depotbestand bzw. den Sammlungen. Auf dieser spannenden Entdeckungsreise brachten mir das Mittagsgebet und das gemeinsame Mittagessen sowohl die spirituelle als auch die menschliche Seite der Schwestern näher. Es ist tatsächlich „ein Schmuckkästchen für unseren Herrgott“, das ich erkunden durfte. So wurde die Kirche bei ihrer Einweihung am 22. April 1891 bezeichnet. 1
Ansicht der Kloster- und Pfarrkirche „Zur Dreimal Wunderbaren Mutter“, des Klosters und des Provinzhauses der Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe in Wien, aus: Wiener Bauindustrie-Zeitung, 1891
Geschichtlicher Abriss
Mutter Franziska Lechner (1833-1894) hatte 1868 die Kongregation der Töchter der Göttlichen Liebe in Wien gegründet. In ihrem Auftrag entstanden in den Jahren 1890-91 eine Kirche und ein Kloster im neuromanischen Stil angegliedert an das 1884 errichtete Provinzhaus, das sogenannte Mutterhaus. Der Architekt Richard Jordan, ein Schüler und Mitarbeiter von Friedrich Schmidt, entwarf die historistischen Backsteinbauten. Die in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I. geweihte Kirche ist dem „Heiligsten Herzen Jesu“ geweiht und trägt den Titel der „Dreimal Wunderbaren Mutter“. Das Herz-Jesu-Fest ist das Hauptfest der Kongregation, das Bild der Haupttitularin „Dreimal Wunderbare Mutter“, lat. MATER TER ADMIRABILIS, schmückt den Hochaltar.
Gemälde „Dreimal Wunderbare Mutter“, dat. 1891 von Josef Kastner d. J. (c) Brigitte Futscher
Objekte
Ein Glanzstück aus der Sammlung ist die zum 50jährigen Bestehen der Kongregation 1918 entstandene Monstranz mit Strahlenkranz. Acht Emailmedaillons schmücken den achtpassigen Fuß, auf der Rückseite der 60 Strahlen sind die Namen der damals bestehenden Niederlassungen eingraviert.
Monstranz, dat. 1918 (c) Margit Seebacher
Das Inventar umfasst auch Stücke, die von zeithistorischem Interesse sind bzw. im Zusammenhang mit dem Ordenscharisma der Kongregation stehen. Ein Beispiel dafür ist die Kerze von Papst Leo XIII. 1884 war Mutter Franziska Lechner in Rom, um die Anerkennung ihres Ordens durch den Papst zu erreichen. Ihre Audienz fiel in die Zeit von Maria Lichtmess. Die zu diesem Anlass vom Papst verwendete Kerze überreichte er ihr als Geschenk.
Kerze von Papst Leo XIII., dat. 1884 (c) ÖOK/Mayer
Ein Kuriosum aus dem persönlichen Besitz der Ordensgründerin ist ein Papierschneider mit der Aufschrift „Liliput“, der vor 1894, dem Sterbejahr von Mutter Franziska, datiert werden kann.
Papierschneider „Liliput“, vor 1894 (c) Margit Seebacher
Durch die Erstellung des Inventarverzeichnisses nehmen die Töchter der göttlichen Liebe die kirchenrechtliche Verpflichtung zur Inventarisation des Kunstgutes wahr. Ihnen und besonders Sr. M. Emanuela Cermak gebührt mein Dank.
[Mag. Margit Seebacher, Kunsthistorikerin]
[1] Mohl, Anna (Sr. M. Leonore), Mutter Franziska Lechner. Ein Lebensbild der Gründerin der Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe (Wien 2001) 665.