Das (digitale) Provinzarchiv der Barmherzigen Brüder in Österreich
Die Provinz der Barmherzigen Brüder umfasst Konvente und apostolische Werke, zumeist Krankenhäuser, aber auch Alten- und Pflegeheime, in Österreich, Ungarn, Tschechien und in der Slowakei. Jeder Standort in Österreich ist eine eigene Rechtsperson, die Ordensprovinz selbst ist eine weitere Rechtsperson. Basierend auf einer Grundsatzentscheidung aus den 1970ern werden zentrale Dienste (Kostenrechnung, EDV, Aufsichtsdienste) durch die Provinz und deren unentbehrlichen Betrieb „Provinzverwaltung“ erbracht.
Das Archiv, das rund 375 Laufmeter Archivgut beherbergt und dank Rollregalen auf rund 100m2 Platz findet, wird seit 2003 digitalisiert, die Struktur findet sich primär im elektronischen Archiv. Gleichzeitig werden aber auch die papierhaften Dokumente überarbeitet, sortiert, gereinigt und repariert. Einige Digitalisierungsschritte erfolgten durch externe Dienstleister (Filmdigitalisierung), primär werden sie aber selbst erbracht. Ein fix angestellter Mitarbeiter, der einen Buchscanner bedient, arbeitet sich mit mir durch das Archiv. Der Buchscanner wird verwendet, um die altehrwürdigen Verzeichnisse, Memorabilienbücher, Chroniken und die historischen Patientenbücher (die nicht mehr dem Datenschutz unterliegen) in hoher Qualität als Dateien zu sichern, damit sie einen allfälligen Brand, einen Wasserschaden oder sonstige Katastrophen, die über die Ordensprovinz in den letzten 407 Jahren durchaus hereingebrochen sind, überstehen. So ist die erste Chronik, die mit 1614 beginnt, bereits eine Abschrift eines nicht mehr verfügbaren Originals. Alte, wesentliche Texte, wie eben die Chroniken, werden aber nicht nur digitalisiert, sondern auch transkribiert, um sie der heutigen Generation, aber auch für zukünftige Generationen lesbar zu halten. Unterstützt wird das Vorhaben durch eine Software, die immer wieder mit Dateien und einer ausgeklügelten umfangreichen Beschlagwortung befüllt wird. So entstand ein System, das bereits über 35.000 historische Dokumente als Scans hält. Diese Dateien werden im provinzeigenen Rechenzentrum verfügbar gehalten.
Abb.: Herr Matthias Eder beim Digitalisieren mit dem Überformat-Scanner und bei der Prüfung des Scans.
Neben der Verfügbarmachung und der Sicherung ist aber auch der Zugriffsschutz von hoher Bedeutung. Wenngleich sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Barmherzigen Brüder derzeit einen gemeinsamen Datentopf teilen, erhält nur Zugriff auf Dokumente, wer dafür berechtigt ist. Durch die Zuweisung aller Standorte (Wien, Graz, Linz etc.), die der Orden in Österreich hat, kann ein für viele Personen relevantes Dokument, wie zum Beispiel eine Chronik, unkompliziert verteilt und auffindbar gemacht werden. Gleichzeitig konnte damit auch Speicherplatz gespart werden, was beim Start des digitalen Archives 2003 noch ein zentrales Thema war. Wir legten große Dateien einmal ab und verteilten sie über die Beschlagwortung, statt sie an jedem Standort neu in das System einzupflegen. Dieses kollaborative Zusammenarbeiten und Datenplatzsparen war dem Orden in den 1970er bis 2010er-Jahre sehr wichtig, verliert aber zusehends an Bedeutung. Dieses Zusammenwirken wird von einer autonomen Archivierung an jedem Standort abgelöst um die Akzeptanz und Nutzung zu erhöhen.
Zukunftsausblick: Die Generalstatuten des Ordens sehen eine Trennung zwischen der Buchhaltung des Ordensbereiches und der Apostolate vor, was schon langjährige Praxis ist. Nunmehr werden auch die Archive getrennt, das heißt, der gemeinsame Pool wird nicht weiter fortgesetzt. Der Orden wird eine Instanz für sein historisches Archiv behalten, die apostolischen Werke werden für ihre jeweiligen gegenwärtigen Aufgaben aber eigene Ablagepools verwenden. Das historische Archiv, das Ordensarchiv, wird weiter wachsen. Zu diesem Wachstum gehört auch die regelmäßige Aufnahme unserer Prospekte und Ordensschriften, wie des „Granatapfel“-Magazins und der Mitarbeiterzeitungen, die ein großes Zeugnis unserer Tätigkeit in der Gegenwart ablegen. Hier wäre eine Beibehaltung des gemeinsamen Pools wünschenswert, dies würde aber auch organisatorische Maßnahmen und eine personelle Bedachtnahme in den Krankenanstalten auf dieses Vorhaben erfordern. Diese kollaborative Zusammenwirken der einzelnen Standorte und das Befüllen eines gemeinsamen Topfes könnte helfen, eine sehr aussagekräftige Historie unserer Zeit wachsen zu lassen. Es wird aber weiterhin Aufgabe der wenigen, direkt für die Ordensprovinz arbeitenden Mitarbeiter sein, diese gewaltige elektronische Chronik zu befüllen. Wir werden es tun. Letztlich ist die heutige Gegenwart die zukünftige Vergangenheit, über deren Dokumentation sich spätere Generationen ebenso freuen werden, wie wir es heute tun, wenn wir die ersten Seiten der Chronik aus 1614 aufschlagen und in die Zeit und Welt der Provinzgründung eintauchen.
Robert Bühringer, Dipl.KHBw. Provinzsekretär
Nähere Informationen zur Restaurierung der historischen Schriften im Archiv der Barmherzigen Brüder finden Sie hier.