Archiv und Kloster - Rückblick auf den Steirischen Archivtag
Nach der Eröffnung durch den Direktor des Steiermärkischen Landesarchivs, Gernot Obersteiner, übernahm Peter Wiesflecker, Archivar im Steiermärkischen Landesarchiv und Kenner der österreichischen und insbesondere der steirischen Ordenswelt, die Moderation. Der erste Referent, Günther Jontes, sprach über Forschungen zu den Laien im Dienste des 1782 aufgelassenen Nonnenstifts und Bistums Göß anhand den historischen Quellen, vor allem der im Landesarchiv überlieferten Stiftschroniken.
Landesarchivarin Elisabeth Schöggl-Ernst stellte in ihrem Vortrag die historischen und gegenwärtigen Möglichkeiten der Nachnutzung von Klostergebäuden in der Steiermark vor. Wie ihre Ausführungen zeigten, waren – und sind – diese Möglichkeiten durchaus vielfältig und reich(t)en von der Nachnutzung als Schulen über (Finanz-)Behörden, Militärdepots oder -lazarette, Salz- und Getreidespeicher bis hin zu Gefängnissen und modernen Wohngebäuden. Auch der Tagungsort, das Steiermärkische Landesarchiv selbst, befindet sich in einem ehemaligen Kloster, nämlich in dem 1784 unter Kaiser Josef II. aufgehobenen Karmeliterkloster. Davon zeugt bis heute zumindest noch die Adresse „Karmeliterplatz“. Das Gebäude diente im 19. und 20. Jahrhundert zunächst als Militärspital und später als Gendarmerieschule, bevor es ab den 1980er Jahren zum Landesarchiv um- und ausgebaut wurde.
Ihre Kollegin im Landesarchiv, Elke Hammer-Luza stellte vor, welche Archive (bzw. Archivsplitter) sich von steirischen Ordensgemeinschaften im Steiermärkischen Landesarchiv befinden und warum es schwierig ist, ihre Zahl genau zu benennen. Manche dieser Ordensarchive bestünden nur aus Archivalien-Fragmenten, die aber oft die einzigen überlieferten Schriftstücke aus vergangenen Klöstern darstellen. Die Referentin wies darauf hin, dass es, vor allem für kleiner werdende Orden, umso wichtiger sei, sich rechtzeitig um einen sorgsamen Umgang mit den Archivalien zu kümmern, damit sie und ihr Wirken für die Gesellschaft in Zukunft nicht völlig in Vergessenheit geraten.
Matthias Perstling, Leiter des Archivs der Diözese Graz-Seckau, referierte über die im Archiv der Diözese Graz-Seckau befindlichen Ordensarchive. Auch hier ist die Zahl und der Umfang der jeweiligen Ordensarchive sehr unterschiedlich zu beziffern: Er reicht von einem Karton bis hin zu mehreren Dutzend Kartons und umfasst auch zahlreiche gebundene Archivalien.
Zuletzt referierte P. Maximilian Schiefermüller OSB, Prior des steirischen Benediktinerstiftes Admont als einziger Vertreter einer lebendigen und wachsenden Ordensgemeinschaft. Er berichtet aus dem „Inneren“ eines Klosters, das neben seiner spirituellen Komponente für derzeit 22 Mönche auch ein Wirtschaftsfaktor für die ganze Region und ein hochmoderner Kulturbetrieb ist. Er sieht das „Sammeln und Bewahren“ als traditionellen Auftrag eines Klosterarchivs bzw. einer -bibliothek. Er will daher diese Sammlungstätigkeit im Archiv, in der Bibliothek und der Kunstsammlung fortführen und konsolidieren, auch wenn dies in der Praxis oft mit hohen Ausgaben verbunden sei. Das vor 20 Jahren in moderne Räumlichkeiten übersiedelte Stiftsarchiv möchte er in eine neue Generation führen und die professionelle, digitale Erschließung seiner Bestände und die Möglichkeiten der Online-Recherche vorantreiben.
Alle Vorträge waren sehr gelungen und aufschlussreich. Sie werden zum Nachlesen in der nächsten Ausgabe des Jahrbuchs des Steiermärkischen Landesarchivs veröffentlicht, das im Lauf des Jahres 2021 erscheinen wird.
Die Vorträge im Überblick:
Univ.-Prof. Dr. Günther JONTES: Laien im Dienste des Nonnenstiftes und des Bistums Göß dortselbst. Archivalien sprechen
Hon.-Prof. Dr. Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Vom Kloster zum Archiv. Die Nachnutzung von Klostergebäuden in der Steiermark
Priv.-Doz. Dr. Elke HAMMER-LUZA: Stifte und Klöster. Die Archive von Ordensgemeinschaften im Steiermärkischen Landesarchiv
Dr. Matthias P. PERSTLING: Archivalische Spuren von Klöstern und Orden im Diözesanarchiv Graz- Seckau
P. MMag. Maximilian SCHIEFERMÜLLER OSB: Archiv/Bibliothek/Museum – Zwischen monastischer Memoria und zeitgemäßer Kulturvermittlung
[Text: Irene Kubiska-Scharl; Bild: Bianca Schöberl, Stmk. Landesarchiv]