Für ein Sterben in Würde: Hospiz-Pionierin Sr. Annemarie Gamsjäger
Jahrelang und unermüdlich setzte sich die heute 80-jährige Sr. Annemarie Gamsjäger für ein Sterben in Würde ein. (c) privat
Mit Jahresbeginn ist eine der Pionierinnen der Hospizbewegung in Österreich zu ihrer Gemeinschaft nach München gezogen: Sr. Annemarie Gamsjäger. Seit den späten 1970er-Jahren war sie gemeinsam mit Sr. Hildegrad Teuschl CS maßgeblich daran beteiligt, die Hospizbewegung, die in England ihren Ausgang nahm, in Österreich heimisch zu machen. Mit Erfolg.
Die gelernte Schneidergesellin aus Bad Ischl trat 1965 in den damals jungen Orden der Missionarinnen Christi ein. Nach der Ordensausbildung arbeitete sie als Krankenpflegerin in Bad Ischl, später war sie für den Aufbau der Missionsprokur zuständig. Ein Kurs zur Exerzitienbegleitung in Wien wies ihr die weitere Richtung: Sie lernte Sr. Hildegard Teuschl CS kennen. Als sie diese einlud, in Wien beim Aufbau des Hospizdienstes mitzuarbeiten. sagte Sr. Annemarie sofort zu.
Die entscheidende Frage: Was dient im Sterben dem Leben?
Die beiden Frauen begaben sich in enger Verbindung mit einigen Ärzten auf völliges Neuland. Was dann in rund dreißig Jahren von Wien aus gewachsen ist, ist mehr als beeindruckend: mobile Hospizbetreuung, Hospizverbände, Hospizstationen in Spitälern und eigene Hospize.
1988 startete der erste Ausbildungslehrgang für Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung in Wien. Im Herbst 1989 begann Sr. Annemarie Gamsjäger als erste Hospizschwester mit Hausbesuchen in Wien, wo sie krebskranke Menschen betreute. In einem Interview im November 2020 mit Margret Krebelder, der Leiterin des St. Barbara Hospiz in Linz, erinnerte sie sich an einen dieser Besuche: „Da las ich auf einer Karte, die auf dem Tisch einer Kranken lag: ‚Was mich im Leben trägt, trägt mich auch im Sterben. Im Tod wird sichtbar, woraus und wofür ich lebe.‘ Diese Worte, über die ich mit der Sterbenden ein tiefes Gespräch führen konnte, klingen immer noch nach, wie ein Vermächtnis, in großer Dankbarkeit.“
Starkes Wirken in Oberösterreich
Sr. Annemarie Gamsjäger erhielt im Oktober 2020 das Silberne Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich. (c) Land OÖ/Max Mayrhofer
In Oberösterreich baute Sr. Annemarie wesentlich auf Initiative von Julius Brock, der später Geschäftsführer der KirchenZeitung war, die Hospizbewegung auf. Vorträge halten, Ausbildungskurse durchführen, Netzwerke bilden und immer auch selbst Menschen im Sterben begleiten – das war das Leben von Sr. Annemarie Gamsjäger bis zu ihrer „richtigen“ Pensionierung 2010, die sie dreizehn Jahre nach der staatlichen antrat.
Das vergangene Lebensjahrzehnt verbrachte sie wieder in Linz, als ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin im Krankenhaus der Elisabethinen in Linz. Weiterhin wirkte sie in Ausbildungsveranstaltungen der Hospizbewegung mit. Darüber hinaus war sie Vortragende bei den Lehrgängen für Trauerbegleitung, die vom Referat Spiritualität der Diözese Linz angeboten werden und die Sr. Annemarie mitentwickelt hat.
Die letzte Missionarin Christi in Linz
Das „Corona-Jahr“, in dem sie als Ehrenamtliche nicht im Krankenhaus tätig sein konnte, hat den Entschluss, in eine Gemeinschaft ihres Ordens zu übersiedeln, reifen lassen: „Es ist gut und ich gehe offen auf das Neue zu.“ Wenn sie mit Jahresbeginn 2021 Linz Richtung München verlässt, wird es keine Missionarin Christi mehr in der Diözese Linz geben. Jahrzehnte hindurch waren Mitglieder des Ordens in Oberösterreich tätig.
Am 20. Oktober 2020 wurde Sr. Annemarie Gamsjäger für ihr Engagement beim Aufbau der Hospizbewegung in Österreich von Landeshauptmann Thomas Stelzer mit dem Silbernen Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich ausgezeichnet – eine Würdigung, die sie dankbar angenommen hat und die für sie auch jenen gilt, „die sich für ein Sterben in Würde einsetzen“.
[elisabeth mayr]