Der Tod hat seinen Platz verloren
Der Tod hat seinen Platz verloren- Im Trauer.Raum der Gesprächsinsel wird ihm Raum gegeben. Alle Fotos (c) magdalena schauer-burkart
Ein Ort für meine Anliegen
Das Schottenstift liegt mitten im Herzen Wiens, im ersten Wiener Gemeindebezirk. Umringt von Kanzleien, Banken und dem Verfassungsgerichtshof findet man den Eingang zur Gesprächsinsel, einer seelsorgischen Erstkontaktstelle für Menschen in Not und für alle, die nicht wissen, wohin sie sich mit ihren Anliegen hinwenden können.
Plötzlich ist es still
In der Woche vor Allerheiligen gibt es hier ein Zusatzangebot: Den Trauer.Raum. Tritt man durch die schwere Holztür, die momentan umringt ist von verschiedenen Marktständen und wendet sich nach links, wird es plötzlich still.
Man betritt die romanische Kapelle, die sich in einen Trauer.Raum gewandelt hat.
Der eigenen Trauer begegnen
Den Begriff Trauer verbinden viele Menschen mit Schwere und laufen gerade deshalb oft vor einer Auseinandersetzung davon. Der Tod wird immer weiter an den Rand gedrängt und viele von uns haben verlernt, sich mit der Endlichkeit auseinander zu setzen. Oft wissen wir einfach nicht, wie wir der eigenen Trauer begegnen sollen und finden keinen Weg, sie als Teil des Lebens zuzulassen.
Den Verlust fassbar machen
Dass diese Begegnung aber auch etwas Leichtes, etwas Heilendes und etwas Auffangendes haben kann, erlebt man an den verschiedenen Trauerstationen im Trauer.Raum. Indem man seinen Verlust fassbar macht, ihn sozusagen materialisiert, kann man ihn besser greifen, spüren, die eigenen Tränen zulassen und sich danach vielleicht ein wenig leichter fühlen.
Heilsame Begegnung
Eine Begegnung mit unseren Erinnerungen zuzulassen kann schmerzhaft und zugleich sehr heilsam sein. „Zerbrochen“ nennt sich eine Station, an der man bunte Scherben in die Form eines großen Kreuzes legen kann. Als Begleittext liest man: „Meine Scherben lege ich in dich und forme mein Leben neu. Aus Altem entsteht Neues.“
Scharfkantig und glatt
„Wandlung“ heißt eine andere Station. Hier wählt man aus einem Körbchen aus unterschiedlichsten Steinen einen aus, der sich richtig anfühlt. Es liegen kleine und große Steine darin, sie sind scharfkantig oder glatt, haben eine helle oder dunkle Oberfläche. Dann wird man dazu eingeladen, seinen Trauerstein in eine große Schale mit Wasser zu legen um all das Schwere in sich selbst der reinigenden Kraft des Wassers anzuvertrauen.
Der Trost der Worte
Auf einem schweren Holztisch sind liebevoll gestaltete Textkarten mit Gedichten, Zitaten und Bibelstellen zum Lesen und Mitnehmen ausgelegt. „Mir fehlen die Worte“ ist eine Formulierung, die wir oft gebrauchen, wenn wir unfassbarem Verlust gegenüberstehen. Dann hilft es, sich in Worten anderer wiederzufinden und den Trost, den sie spenden können, anzunehmen.
7 Stationen um Gefühle zuzulassen
Insgesamt sieben Stationen sind es, die einem die Begegnung mit der eigenen Trauer ermöglichen. Eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Innersten, bei der man sich an die Hand genommen fühlt und doch genügend Raum findet, um alle Gefühle zuzulassen.
Helligkeit und Zuversicht
Wenn man am Ende wieder durch die schwere dunkle Holztür hinaus in den Trubel der Innenstadt tritt, hat man das Gefühl, etwas von dem Dunklen, das man hineingetragen hat, dagelassen zu haben und ein wenig mehr Helligkeit und Zuversicht mitgenommen zu haben.
Für die Gestaltung der Räumlichkeiten sind Sr. Hermi Dangl und ihr Team verantwortlich. Noch bis zum 2. November von 11-18 Uhr ist der Trauer.Raum für jede und jeden geöffnet. Während der Öffnungszeiten besteht außerdem die Möglichkeit, in der Gesprächsinsel gegenüber der Romanischen Kapelle mit SeelsorgerInnen und TrauerbegleiterInnen ein Gespräch über den erlittenen Verlust zu führen.
Adresse des Trauer.Raum: Freyung 6A, 1010 Wien.
[magdalena schauer-burkart]